Kapitel 8

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Hallo ihr Lieben!

Nun habe ich über drei Monate nichts mehr hochgeladen, da habe ich mir gedacht, ich mache es heute noch einmal – passend zum Jahresabschluss. Ich hoffe, ihr startet morgen alle gut in das neue Jahr, auch wenn man nicht wirklich feiern darf. Macht es euch trotzdem schön. Wir lesen uns dann im neuen Jahr wieder! :)

Kaum hatte ich das Gebäude verlassen, regneten die Zweifel auf mich nieder. Was war nur mit mir los? Ich erkannte mich nicht wieder. Ich wollte Melina nicht verletzen. Hätte sie es gerade eben zugelassen, hätten wir vielleicht dort in der Toilettenkabine miteinander geschlafen. Unromantischer und unhygienischer ging es kaum. Was musste sie jetzt nur von mir denken? Dann fiel mir ihr Satz wieder ein. Sie wollte es auf heute Abend verlegen. Je weiter ich mich von der Praxis entfernte, desto schwerer wurde auch mein Herz. Nein, ich konnte nicht mit ihr schlafen. Noch nicht. Nicht heute. Nicht nach diesem Tag. Augenblicklich waren meine Gedanken wieder bei Vanessa. Warum konnte ich sie nicht einfach vergessen? So wie sie es wollte? Weil du sie liebst, flüsterte mir meine innere Stimme zu. Mehr als alles andere. Ich wurde so wütend auf mich selbst. Wie konnte ich ihr nach all den Monaten und nach all dem Schmerz, den sie verursacht hatte, noch nachweinen?

Das Problem war die Hoffnung: Ich wollte nicht wahrhaben, dass es vorbei war. Dass unsere Geschichte ein Ende gefunden hatte. Wo blieb der zweite Teil? Das konnte nicht alles gewesen sein. Und ich hatte doch ganz genau gespürt, dass es nicht einseitig war, oder? Immer wieder ging ich das Szenario in der Schule erneut durch. Ich wollte sie vergessen, aber mehr noch wollte ich sie zurück. Aber was sollte ich tun? Kämpfen? Um mich selbst noch mehr zu verletzen? Damit sie mir wieder sagen konnte, dass es mit uns beiden vorbei war und sie mich nicht mehr liebte? Ihre Aussagen taten mir weh. Sie rissen mir das Herz heraus. Oder bildete ich mir das alles nur ein? Ich schlug den Weg nach Hause ein, doch dann hielt ich inne. Nein, es reichte. Sie konnte mich nicht schon wieder so abspeisen wie schon beim ersten Mal. Ich fühlte mich wie eine irre Stalkerin, aber lief trotzdem zurück zur Schule.

Auf dem Parkplatz checkte ich kurz, ob sie noch da war. Ich hatte Glück, wenn man in diesem Zusammenhang davon sprechen konnte. Ihr Auto parkte an der gleichen Stelle wie immer. Wie immer – was war schon wie immer? Nichts. Mein ganzes Leben hatte sich verändert und wie immer war nichts mehr. Wie ferngesteuert lief ich zu ihrem Auto und warf einen Blick hinein. Wie oft hatte sie mich früher damit abgeholt? Wie oft hatte ich mich in den Sitz fallen lassen, die Augen geschlossen und mich von ihrem Duft umhüllen lassen? Oft, doch es war nicht oft genug gewesen für mich. Es hätte ewig so weitergehen können. Für immer. Das war es, was ich mit ihr gewollt hatte. Ich wollte mein Leben mit ihr teilen, aber war es nicht falsch von mir, es auch von ihr zu erwarten? Ich wollte Vanessa zu nichts zwingen, was sie nicht wollte, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass es auch das war, wonach sie sich sehnte. Das Innere des Autos sah aus wie immer. Hier hatte sich wirklich nichts verändert und es kam mir unendlich vertraut vor.

Was tat ich hier nur? Plötzlich kam ich mir total dämlich vor. Warum rannte ich einer Frau nach, die genau wusste, wo sie mich fand? Ich schüttelte über mich selbst den Kopf und wollte wieder verschwinden, doch hörte plötzlich ein irritiertes: »Lisa?« In Blitzgeschwindigkeit riss ich meinen Kopf zur Seite. Ich hatte Vanessa nicht kommen hören. »Was machst du hier?«, zischte sie mir wütend zu und ich war zu keiner Bewegung fähig. Erstarrt blieb ich einfach stehen. Sie sah alles andere als begeistert aus. Ich öffnete den Mund, doch es kam kein Ton heraus. Das durfte doch nicht wahr sein. Gerade jetzt? Ich spürte, wie mein Körper nachgab. Ich wollte keine Schwäche zeigen, aber machte mich nicht genau das stark? Ich sackte einfach zusammen. Das war nicht mein Plan gewesen, aber es zeigte Wirkung. Vanessa ließ ihre Tasche fallen und rannte die verbliebenen Meter auf mich zu. »Lisa...«, rief sie entsetzt und ich flüsterte: »Vanessa, ich kann nicht mehr. Ich kann nicht ohne dich leben. Es tut mir leid. Ich habe es versucht, aber es geht nicht.« Ich spürte ganz genau, wie mein Puls immer weiter in die Höhe schoss. So weit, dass mir schwarz vor Augen wurde. Vanessa ergriff meine Hand, dann musste ich plötzlich lächeln.

Speechless || gxgWhere stories live. Discover now