Kapitel 4

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Hallo ihr Lieben,

auf meinem Profil war es nun eine Weile ruhig, denn ich hatte mit meinen letzten Prüfungen des Studiums zu kämpfen, doch seit zwei Wochen ist nun alles abgegeben. Ihr glaubt nicht, wie gut sich das anfühlt. Aktuell gehe ich auch wieder nebenbei arbeiten und bin auf der Jobsuche. Es stehen diesen Monat noch Bewerbungsgespräche an und einige Bewerbungen laufen noch. Ich bin sehr gespannt, wo ich am Ende lande. Ich hoffe, es geht euch gut und das Wetter ist bei euch nicht so wie bei uns, sondern etwas sonniger und wärmer. Viel Spaß mit dem neuen Kapitel!

Wir warteten eine ganze Weile auf die neuen Getränke, denn die Bar war nun brechend voll. Die laute Musik hatte wohl einige andere Menschen angelockt, die Lust auf Karaoke hatten. Ich fand es gut von Melina, dass sie mich zu nichts drängte und keine Erklärung haben wollte. Verstohlen sah ich sie von der Seite an. Sie war den Singenden zugewandt und wippte im Takt der Musik mit. Dabei lächelte sie und wirkte einfach authentisch und positiv gestimmt, was mir total gefiel. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat«, rief uns eine Kellnerin lautstark zu, aber wir winkten ab. »Alles gut, danke!« Sie warf uns noch einen entschuldigenden Blick zu und war dann verschwunden. Während meiner Ausbildung stand auch bei mir eine Zeit im Restaurant an, darauf war ich sehr gespannt. »Prost, auf den schönen Abend«, erhob Melina ihr Glas und wartete darauf, dass ich auch mein Glas erhob. »Auf den schönen Abend«, erwiderte ich und wir grinsten uns an, als jede von uns an ihrem Strohhalm zog.

Nach dem Getränk entschieden wir uns dafür, die Bar zu verlassen. Etwas unbeholfen standen wir anschließend vor der Tür, denn niemand wusste so recht, was er sagen sollte. »Ich würde mich sehr freuen, dich noch einmal zu treffen, Lisa«, brach sie das Schweigen und suchte meinen Blick. Mir wurde bei ihren Worten ganz heiß. »Ich würde mich auch freuen«, entgegnete ich und meinte es auch wirklich so. Melina war unheimlich sympathisch und attraktiv. Das mit Vanessa war vorbei. Ich musste endlich nach vorn blicken und vielleicht konnte ich mich neu verlieben. Potenzial hatte sie jedenfalls, aber das brauchte alles Zeit. Noch hing mein Herz an der Frau, die mich nicht wollte. »Wir schreiben?«, wollte sie wissen und ich nickte bestätigend. »Ja, das machen wir. Komm gut nach Hause«, antwortete ich und sie sagte: »Du auch.« Dann machte sie einen Schritt vorwärts und umarmte mich flüchtig. »Ich hoffe, das war ok«, flüsterte sie und leicht benommen nickte ich. Sie roch so gut. »Ja.« Dann lächelten wir uns noch einmal an und ich ging zu meinem Fahrrad.

Kaum war ich wieder alleine, wurde mein Optimismus wieder von meinem Liebeskummer unterdrückt. Warum war Vanessa jetzt wieder in meinem Kopf? Melina und ich hatten uns sehr gut verstanden und ich war dankbar für die Ablenkung, aber meine Gedanken sagten mir: Sie war nicht Vanessa. Doch brauchte ich denn wirklich Vanessa? Warum machte ich mein Glück so abhängig von ihr? Die Gedanken, die ich den ganzen Abend so gut verscheuchen konnte, kamen in diesem Moment wieder und raunten mir zu: »So, jetzt aber. Wir sind wieder da.« Ich fand das alles unfair. Schnell setzte ich mich auf das Fahrrad und fuhr los. Zwar war ich total müde, aber mein Körper war gleichzeitig wie elektrisiert. Mir war klar, dass es ein Fehler war, den ich gerade erst begangen hatte, aber kurze Zeit später landete ich wieder bei Vanessa in der Straße. Es war bereits dunkel und ich konnte erkennen, dass bei ihr Licht brannte. Es versetzte mir einen Stich, dass ich nicht da sein konnte, wo sie war. Sie wollte es nicht mehr. Plötzlich bewegte sich eine Hand am Fenster und es wurde aufgeklappt. Ich erkannte ihre schlanken Finger auch aus dieser Entfernung und allein diese Beobachtung brachte mein Herz wieder zum Klopfen.

Was erhoffte ich mir davon, wenn ich hier stand und wie eine Stalkerin ihr Fenster anstarrte? Was war denn nur mit mir los? Nun wurde ich wieder wütend auf mich selbst und fuhr weiter. Ich trat ordentlich in die Pedale und war froh, dass sie keine Gefühle hatte, denn sonst hätte ich sie mächtig verletzt. Ein lauter Schrei kam aus meinem Mund und die wenigen Menschen, die noch unterwegs waren, sahen mich entgeistert an. Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle und mir wurde bewusst, dass ich alles geben würde, um wieder mit Vanessa reden zu können. Dann kam mir plötzlich eine Idee und ich wurde sie nicht mehr los. Je mehr ich sie verdrängte, desto mehr kam sie zum Vorschein. Ich hatte einen Entschluss gefasst. Ich würde bald zu ihr in die Schule fahren und sie in der Pause abpassen, um mit ihr zu reden. Es war ein erneuter Versuch von mir und ich rechnete nicht damit, dass ich Erfolg haben würde, doch ich musste es durchziehen. Eine innere Stimme zwang mich regelrecht dazu. Es fühlte sich an wie Niesen. Ich konnte es nicht unterdrücken, musste es einfach machen. Ich wusste, dass es falsch war und ich sie nach all den Monaten endlich in Ruhe lassen musste, doch ich konnte nicht mit ihr abschließen. Nichts und niemand konnte mich daran hindern und es war besser, wenn ich mein Vorhaben vorerst für mich behalten würde.

Speechless || gxgWhere stories live. Discover now