Der Brief

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Nach mehreren nervtötenden Stunden durften wir schließlich wieder in unsere Zimmer. Ich legte mich sofort in mein Bett und versuchte, zu schlafen. Doch immer wieder war ich in Gedanken bei Barty und musste weinen. Eigentlich weinte ich nie, da meine Mutter und die anderen Todesser mir verboten hatten, Gefühle zu zeigen. Mein Vater sah das etwas lockerer. Er meinte immer, wenn ich mal weinen muss, dann sollte ich auch alles rauslassen. Er selbst war aber immer steinhart.

Plötzlich klopfte es am Fenster.

Ich stand widerwillig auf um nachzuschauen, wer mich diesmal nervt. Die Tür für mein Zimmer mit den anderen Mädchen hatte ich schon vorhin abgeschlossen, damit ich meine Ruhe habe. Dafür wird mich Pansy vielleicht umbringen, aber was habe ich schon zu verlieren?
Schließlich öffnete ich mein Fenster und sofort kam eine Eule hineingeflogen. Sie war auf ihrem Kopf grau, ihr Körper war schwarz mit winzigen weißen Punkten. Ich kannte diese Eule nicht. Meine war zwar auch schwarz mit weißen Pünktchen, aber sie hatte einen schwarzen Kopf. Außerdem hätte ich sie sofort erkannt. Dracos Eule sah komplett anders aus und die meiner Eltern ist kohlrabenschwarz. Die Malfoys hatten ebenfalls eine andere Eule.

Gut, da blieben nicht mehr viele übrig.

Doch dann schoss es mir in den Kopf: Bartys Eule sah genauso aus, als ich sie mal in seinem Büro gesehen hatte! Er hatte extra eine bekommen, als er 'Professor' geworden ist. Aber wie konnte das möglich sein? Er war tot, und meines Wissens nach kann niemand anderes die Eule eines anderen losschicken.
Außer man hatte die Eule verhext.
Aber wer tut so etwas?

Schließlich nahm ich ihr den Brief, der an ihrem Bein hing, ab, und gab ihr noch einen Eulenkeks.

In der ersten Klasse hatte ich mal einen probiert, seitdem weiß ich, weswegen er 'Eulen'keks heißt.

Sie flog so schnell hinaus, wie sie auch hineingekommen ist und ich schloss wieder das Fenster. Dann widmete ich mich ganz dem Brief und erkannte ein was sofort.
Das Todesserzeichen.
Wenn sie mir schon einen Brief extra nach Hogwarts schicken, dann kann das nichts Gutes heißen.
Voller Neugier und leichter Angst öffnete ich den Brief. Ich holte das Stück Pergament hinaus und begann zu lesen.

Liebste Amelia,
Der dunkle Lord hat mich beauftragt, diesen Brief für dich zu schreiben. Ich habe von Bartemius' Tod mitbekommen, und glaube mir, ich bin auch sehr mitgerissen. Übrigens weiß ich auch von eurer heimlichen Beziehung, aber keine Angst, ich erzähle das niemandem. Aber jetzt zum eigentlichen Thema: der Lord ist stinksauer. Du hast die Mission immer noch nicht vollbracht. Wenn das nächste Treffen ist, bringt er dich entweder um oder dir fällt noch etwas ein.
Denk nach! Es bringt keinen weiter wenn du tot bist, du bist unser schlaustes Köpfchen!

Scabior

Puh, zum Glück war der Brief von Scabior. Sonst wäre ich jetzt schon tot. Ich kenne Scabior schon seit meiner Geburt und er ist wie ein Bruder für mich. Er passt immer auf mich auf, beschützt mich wo es nur geht und liebt mich so, wie ein Bruder seine Schwester eben lieb hat. Deswegen will er auch, dass ich mir etwas einfallen lasse. Tatsächlich war der Brief keine große Überraschung für mich, da mir schon bewusst war, dass der Lord wütend ist. Aber immerhin hatte ich jetzt auch keine Hilfe mehr, da Barty erstens tot ist und mir zweitens gar nicht mehr helfen wollte. Also quasi eine unmögliche Aufgabe, so ganz allein Potter zu fangen. Trotzdem müsse ich mir jetzt etwas einfallen lassen. So schnell wie möglich, sonst bin ich tot.

Ich ging zum Astronomieturm, um ungestört nachzudenken. Die Mädchen hätten mir den Kopf abgerissen, als ich unsere Zimmertür endlich entriegelte, doch als sie meine verheulten Augen sahen, waren sie still. Hier auf dem Turm ist es so ruhig, keine dummen Schüler und nicht mal Lehrer. Man fühlte sich hier so frei. Ich schaute hinaus auf den Himmel, wo mittlerweile schon ein Sonnenuntergang sichtbar war. Der leuchtend rote Phönix von Dumbledore zog seine Kreise über den schwarzen See. Alles war einfach wunderschön. Diese Ruhe, die die untergehende Sonne ausstrahlte und diese Freiheit, die der Phönix hinterließ.
Ich wollte auch so frei sein, eines Tages.

Am Liebsten hätte ich mich jetzt vom Astronomieturm gestürzt, um endlich wieder bei Barty zu sein. Aber er hätte nicht gewollt, dass ich mein Leben wegen ihm riskiere. Und geholfen wäre so auch keinem. Also ließ ich den lauen Wind über mein Gesicht streifen, und überlegte, wie ich den dunklen Lord befriedigen könnte.

Doch nach etwa zwei Stunden, gab ich es auf. Ich kam immer wieder zu dem selben Punkt:

Ich musste ihm Snape ausliefern.

Die Todesserin | Harry Potter ffWhere stories live. Discover now