Auf Wiedersehen, Welt

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„Scabior?"

Der Genannte schreckte hoch und sah mir tief in die Augen.

„Amelia, gottseidank."

Er sprang auf und umarmte mich fest. In diesem Moment bekam ich zwar kaum Luft, aber das war mir völlig egal. Ich war einfach froh, meinem Bruder unversehrt zu begegnen. Mir rollten die ein oder anderen Tränen die Wangen hinunter, so froh war ich, ihn wiederzusehen, ihm ging es wahrscheinlich nicht anders.
Nach ein paar Minuten des Erdrückens lösten wir uns schließlich wieder und setzten uns auf die Treppe, auf der Scabior vorhin saß.

„Amelia, glaube mir, ich wollte das alles nicht. Ich hab probiert sie zu überreden, das sein zu lassen, aber ich konnte sie nicht umstimmen. Und als dieser Riddle dann noch dazu kam und meinte, er sei ab jetzt Mitherrscher und Voldemorts rechte Hand, durfte sich eh niemand mehr wehren. Bitte verzeih mir, Schwesterherz."

Während er das sagte, kullerten ihm ein paar Tränen hinunter und hin und wieder schluchzte er. Er meinte es wirklich ernst.

„Ich verzeihe dir, Bruderherz. Aber nur, wenn du mir sagst, was sie vorhaben."

Er seufzte auf und vermied Blickkontakt mit mir. Doch schließlich raffte er sich zusammen und redete.

„Er will dich töten, Amelia. Tom Riddle will dich töten. Der Lord hat kein Mitspracherecht mehr, ich weiß auch nicht richtig wie er das geschafft hat. Aber ich werde dich beschützen. Auch wenn es mich das Leben kostet."

Das musste ich erst einmal verdauen. Tom war jetzt an der Macht, der dunkle Lord außer Gefecht gesetzt und Hogwarts in größter Gefahr. Und ich war auch noch so dumm und dachte, ich könne sie allein bekämpfen. Wir mussten jetzt zusammenhalten; wir alle. Sonst schaffen wir das nicht. Also stand ich auf, zog Scabior neben mir mit hoch und zerrte ihn neben mir her durch die Korridore. Komischerweise konnte ich mir denken, wo die Todesser waren.

Vor der Schule.
So, wie es bei Voldemorts erster Schreckensherrschaft war.

Auf dem Weg dahin wurde mir erst bewusst, wie sehr ich Tom jetzt hasste. Und wie ich ihn bis vor ein paar Stunden noch liebte. Aber von Liebe war jetzt keine Spur mehr zu fühlen, oder gar zu sehen. Das einzige, was ich in diesem Moment fühlte, war Wut. Wut auf Tom, Wut auf die Todesser und vor allem Wut auf mich selbst. Doch daran konnte ich jetzt nicht weiter denken, da ich von geringer Entfernung schon die Todesser sah. Und in der Mitte von ihnen;

Tom.

Mein Ex-Freund.

Der neue Schreckensherrscher.

Ein Mörder.

Ich blieb kurz stehen, da sie uns noch nicht entdeckt hatten. Scabior sah mich von der Seite mitleidig und traurig an, doch ich musste das jetzt ignorieren. Noch ein letztes Mal drückte ich fest seine Hand und er flüsterte noch „Bitte pass auf", bis ich auch schon loslief und direkt vor Tom stehen blieb.

„Na sieh mal einer an, wenn das nicht meine so kämpferische Freundin ist." sagte er mit einem dreckigen Grinsen.

„Ich bin nicht deine Freundin. Nicht mehr, du widerliches Monster." entgegnete ich mit bedrohlicher Stimme.

Man konnte ihm ansehen, wie verärgert er war. Doch davon ließ ich mich nicht einschüchtern, jetzt musste ich erstmal mit den Todessern reden. Sie überzeugen, die Seite zu wechseln. Auf meine Seite zu wechseln. Also drängte ich mich an Riddle vorbei und lief zu seiner kleinen Armee.
Narcissa hatte Tränen in den Augen, als sie mich sah, und hätte mich wenn möglich sofort umarmt. Doch wer weiß, was Tom dann mit ihr gemacht hätte.
Lucius ging einen Schritt vor, blieb dann aber ruckartig stehen und schaute mich mit einem Blick an, der mehr als tausend Worte sagte. Ihm tat das alles leid und er hatte Angst.

Richtig gehört; ein Malfoy hatte Angst.

Ebenfalls sah ich etwas warnendes in seinem Blick, wahrscheinlich wollte er nicht, dass ich mich gegen Tom stellte. Trotz dessen ging ich nun noch ein paar Schritte vor und begann.

„Was ist bloß aus euch geworden? Seit wann seid ihr solche Schwächlinge? Der Lord würde euch den Kopf abreißen, wäre er noch an der Macht. Und nur mal nebenbei, wegen euch ist er gefallen. Ihr hättet etwas tun können, aber nein, ihr hattet Angst. Wenn-"

Doch ich konnte nicht weiterreden, denn auf einmal wurde ich kraftvoll zur Seite geschubst. Der Aufprall tat verdammt weh, ich befürchtete, mir wären sämtliche Knochen gebrochen.

„Wer verdammt war das??" schrie ich wutentbrannt durch die Runde. Ich blickte jeden einzelnen an, doch die waren nur auf einen Punkt neben mir fixiert. Meinem Onkel liefen ein paar Tränen über die Wange, meine Tante war halb zusammengebrochen und auch die Anderen sahen aus, als ob gerade jemand gestorben wäre. Das machte mich nur noch aggressiver.

„Was ist mit euch los, verdammt?" brüllte ich nun noch lauter.

„Amelia, es tut mir so unendlich leid." schluchzte Lucius und brach nun auch zusammen.

„Wa-" doch ich stoppte, als ich verstand, was gerade passiert war und wieso sie weinten.

Vor mir lag mein Bruder.

Tot.

Schnell krabbelte ich zu ihm hin und legte seinen Kopf auf meinen Schoß.

„Scabior, nein, das darf nicht sein."

Meine Tränen strömten wie Wasserfälle hinunter, mein Leben war zu Ende gewesen. Ich schrie, schluchzte, weinte und schrie wieder. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Mein Bruder hatte sich gerade für mich geopfert, ist wegen mir gestorben. Der Fluch sollte mich treffen, deswegen hatte er mich zur Seite geschubst. Wenn ich nicht gewesen wäre, wäre er noch am Leben. Deshalb musste ich sterben. Ich musste das wieder gut machen, was Scabior gerade das Leben kostete.

Ich gab Scabior noch einen Kuss auf die Wange, dann stand ich mühsam auf und stellte mich direkt vor den Mörder meines Bruders.

Tom Riddle.

Der, den ich einst so sehr liebte.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Draco mot den anderen Schülern herbei stürmte, doch das war mir egal. Jetzt lag es nur noch an mir.

„Du wolltest mich umbringen, Tom. Dann tu es. Jetzt."

Meine Stimme war so schwach, dass man sie kaum hörte.

„Amelia, NEIIIIN!!!"

Und ehe ich mich versah, kam ein grüner Lichtblitz auf mich zu und plötzlich wurde alles schwarz.

Die Todesserin | Harry Potter ffWhere stories live. Discover now