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Ich stand vor meinem Kleiderschrank und starrte auf meine Kleidung. Ich hatte wie immer nichts zum anziehen. Ich seufzte und griff nach einem Jeansrock und einem T-Shirt. Ich zog mich schnell um und zog dann noch eine Jogginghose und eine Lederjacke darüber. So konnte ich sagen, dass ich nur schnell spazieren gehen wollte. Ich schnappte mir meine Schlüssel, Kopfhörer und mein Handy und verließ leise mein Zimmer. Gerade als ich die Tür zum Vorraum öffnete hörte ich, wie sich jemand räusperte. Ich drehte mich langsam um. „Wohin solls denn heute gehen? Spazieren, laufen, oder was du sonst fast jede Nacht machst?", fragte Mom mich vorwurfsvoll. „Oh, ich wollte niemanden aufwecken! Tut mir leid. Ich hatte nur wieder schlecht geträumt und wollte kurz meinen Kopf auslüften lassen gehen.", log ich. Sie nickte wenig überzeugt und kam auf mich zu. Ich wollte ihr ausweichen, doch sie war schneller. Sie zog meine Jogginghose hinunter und sah somit meinen Rock. „Spazieren gehen? In dem Outfit? Avery Millstone, wenn du mir jetzt nicht sofort sagst was du immer nachts draußen treibst, wird das schwere Konsequenzen haben!" Ich nickte und sah auf den Boden. „Ich will doch nur noch mehr Geistern helfen Mom. Und die meisten sind eben nachtaktiv.", versuchte ich mich herauszureden. Doch sie glaubte mir nicht. Von ihrem eisigen Blick eingeschüchtert senkte ich den Kopf und gestand ihr, dass ich zu Calebs Club ging. Daraufhin wurde sie so wütend wie ich sie noch nie erlebt hatte. „Avery! Was denkst du dir? Wir haben doch schon mal mit den Lancesters über diesen Mann geredet! Er ist böse. Du musst dich von ihm fernhalten. Bitte, er ist gefährlich!", beim letzten Satz wurde ihr Stimme weicher und sie griff mir an die Wange. Ich schlug ihre Hand weg. „Du weißt garnichts Mom! Du denkst du bist die aller schlauste und weißt was für mich gut ist. Aber ich bin noch immer ein 16 Jahre altes Mädchen, dessen einziges Hobby es nicht sein sollte, mit toten zu reden! Calebs Club ist ein Zufluchtsort, ich kann dort singen und tanzen soviel ich will und er macht mir nicht so einen Druck wir du und alle anderen Leute um mich herum! Und deswegen gehe ich jetzt dort hin. Und du wirst mich nicht aufhalten!", zischte ich und sie sah mich fassungslos an. „Du bist doch nicht etwa in Calebs Band, oder?" Ich schnaubte. „Was denkst du denn?" und damit rauschte ich aus der Tür.

Ich rannte zum Hollywood Ghost Club und kam gerade noch rechtzeitig. Ich legte meine Sachen auf einen Stuhl und ging zu Willie und Caleb hinüber, die sich gerade auf die Show vorbereiteten. „Ah, Avery, du beehrst uns auch." Ich grinste verlegen und entschuldigte mich. „Caleb klopfte mir auf die Schulter. „Keine Sorge, du bist ja jetzt da. Aber es geht gleich los. Bist du bereit?" Ich nickte und fand mich nur ein paar Sekunden später auf der Bühne wieder.

Nach unserem Auftritt setzte ich mich wie gewohnt allein an einen Tisch. Und wie immer dauerte es nur wenige Momente, bis die ersten Geister auf mich zukamen. Ich redete eine Weile mit ihnen, bis ich Matilda sah, die mir von hinter der Bühne zuwinkte. Ich entschuldigte mich und lief zu ihr hin. Matilda war ebenfalls in Calebs Band und ich verstand mich mit ihr extrem gut. Wir setzten uns in einer Ecke auf den Boden und Matilda griff nach meiner Hand. „Ryan, ich wollte dich mal etwas fragen...", begann sie und ich musste über ihren Spitznamen für mich lachen. Sie meinte nämlich, das ich ein bisschen so aussah wie Ryan Gosling und Avery ein zu langer Name sei. Ich nickte ihr zu. „Ich weiß nicht, ob ich hie so als Geist glücklich sein kann. Könntest du mir vielleicht helfen auf die andere Seite zu kommen?" Ich sah ihr an, dass sie es komplett ernst meinte. Doch ich wusste auch, wie stark Calebs Band ist, und wie sehr er seine Bandmitglieder an sich gebunden hatte. Aber ich konnte es versuchen. Ich griff an die Kette mit meinem Amethysten und reichte Matilda meine andere freie Hand.

Ich war gerade tief genug in Matildas Erinnerungen vorgedrungen, als die Verbindung plötzlich unterbrochen wurde. Ich riss die Augen auf und sah, wie Willie mich festhielt. Ich blickte mich verwirrt um. „Wo ist Matilda?" Genau in dem Moment sah ich ihre roten Haare um die Ecke verschwinden. Ich wollte mich losreißen, doch Willie war zu stark. „Das hättest du nicht tun sollen.", er sah mich traurig an. „Was? Ich habe doch nichts herausgefunden. Was passiert mit Matilda?", fragte ich panisch. In mir stieg eine böse Vorahnung herauf. Ich wartete ein paar sekunden, bis Willie seinen Griff lockerte und stoß ihn dann von mir weg. Ich rannte in die Richtung, in der ich Matilda das letzte Mal gesehen hatte. „Avery!", rief mir Willie hinterher, doch ich ignorierte ihn. Ich blickte um die Ecke und sah, wie Caleb über einer komplett verängstigten Matilda stand. „Ich dachte, du wolltest für eine Ewigkeit in meiner Band sein? Ich habe mich in dir getäuscht. Es ist eine Schande, du konntest echt gut Klavier spielen." Ich hielt den Atem an. Caleb berührte Matilda leicht am Handgelenk und eine Sekunde später war sie nicht mehr da.

Ich rannte auf Caleb zu. „Was hast du getan?" Er sah mich an. „Ich hatte Willie gesagt, dass er dich von hier fernhalten soll." „Tja, hat nicht geklappt. Was hast du mit Matilda gemacht?", fragte ich verzweifelt. „Sie wollte mit deiner Hilfe meiner Band entkommen, sie musste bestraft werden. Aber wieso hast du ihr geholfen?" „Ich habe nichts gemacht. Ich bin nicht weit genug vorgedrungen. Wie kannst du sowas tun?", fragte ich entsetzt. „Auch dich würde ich eigentlich bestrafen, aber du bist zu wertvoll für meine Band. Kommst du morgen eh wieder?", fragte er, als hätte er nicht gerade einen unschuldigen Geist umgebracht. „Nein, das kannst du vergessen! Nie wieder werde ich hier auftauchen! Du bist ein Monster, meine Mom hatte Recht!", rief ich und rannte davon. Willie wollte mir etwas zurufen, doch ich sah ihn mit einem eiskalten Blick an, der ihm die Worte im Hals stecken ließen.

other side | julie and the phantomsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt