10-herausforderungen

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Ungeduldig klopfte ich auch meinen Oberschenkel. Ich warf einen Blick auf mein Handy. Willie war schon eine halbe Stunde zu spät. Ihm konnte doch nichts zugestoßen sein... Was wenn Caleb verstanden hat, was er vorhatte und ihm irgendetwas angetan hatte? Ich könnte mir nie wieder selbst in die Augen sehen. „Ava!" ich drehte mich schnell um und sah, wie Luke, Alex, Reggie und Willie gemeinsam die Straße entlang gingen. Ich packte Willie am Arm. „Was machst du mit ihnen zusammen hier? Was wenn Caleb dich sieht? Geh irgendwo hin, aber du kannst nicht hierbleiben!", zischte ich ihm zu. „Avery, alles gut. Ich habe schon mit den Jungs gesprochen, sie wissen was es für Möglichkeiten gibt. Wenn es dir weniger Sorgen bereitet, kann ich jetzt gehen." Ich nickte und drückte ihn fest an mich. „Danke Willie!"

„Also müsst ihr eure Aufgabe erfüllen und hinüber auf die andere Seite gelangen?", fragte ich und kratzte mich am Kopf. „Ja. Das Problem ist nur, dass wir im Orpheum spielen müssen, und da kommen wir nicht so schnell hinein. Unser Auftritt 1995 war schon schwer zu ergattern, wir sind ein Niemand!" Ich nickte. „Und wieso redet ihr nicht mal mit Julie? Vielleicht hat ihr Dad gute Kontakte?", schlug ich vor. „Ja, vielleicht. Wir müssen uns das mal überlegen. Aber... eigentlich will ich gar nicht ganz sterben. Ich... Ich weiß doch gar nicht was uns dort erwartet.", Reggie senkte seine Stimme. Ich umarmte ihn. „Hey. Ich habe selbst keine Ahnung was auf der anderen Seite ist, aber glaubt mir, ihr wollt nicht in Calebs Band sein. Alles ist besser als das!"

„Ich muss noch wo hin, viel Spaß noch...", sagte Luke und verschwand. „Ich habe auch noch was zu erledigen." Wenige Augenblicke später war auch Alex weg. Ich sah Reggie an. „Hast du Lust zu irgendeiner Wiese zu gehen und einfach in den Hille zu schauen?" Ich grinste ihn verwirrt an, nickte aber. „Natürlich. Tolle Idee."

Langsam wurde es dunkel und wir lagen noch immer im Gras. „Schau, diese Wolke sieht aus wie ein Dinosaurier!", rief Reggie. Ich kicherte. „Wo siehst du einen Dino? Das ist eindeutig ein Schlagzeug." Er drehte seinen Kopf zu mir. „Was? Das hier sind die Beine, der lange Hals und dann hier der Kopf.", versuchte er zu erklären. Ich blieb stur. „Nein, das ist kein Dinosaurier!" Er schüttelte den Kopf und wir lagen eine Weile nur still nebeneinander. „Ava?" „Ja?" „Wieso kannst du uns alle eigentlich umarmen? Wir sind doch Geister. Wieso kannst du uns sehen und umarmen, obwohl das sonst niemand kann?" Ich setzte mich auf. „Das ist wohl Teil meiner Gabe. Oder Fluches. Wie man es nimmt." „Würdest du lieber keine Geister sehen können?", fragte er mich ernst. „Naja. Es wäre auf jeden Fall ein normaleres Leben. Weißt du, ich hatte nie wirklich eine Jugend. Ich habe kaum mit echten Menschen gesprochen, hauptsächlich mit toten Geistern. Ich hätte gerne mehr Freunde gehabt. Aber jetzt habe ich ja euch.", grinste ich. Er lächelte leicht zurück. „Oh, schau! Eine Sternschnuppe!", rief ich und deutete begeistert auf den Himmel. „Du darfst dir was wünschen!", sagte ich. „Okay. Ich wünsche mir, dass..." Ich sprang auf. „Stopp! Du darfst doch nicht sagen was du dir gewünscht hast! Sonst geht es nicht in Erfüllung!" Er nickte und zog den Kopf ein. Plötzlich klingelte mein Handy. „Avery! Wo bist du? Sei froh, dass du keinen Hausarrest mehr hast. Aber du musst meine Nerven echt nicht so strapazieren! Komm nachhause. Sofort." Ich legte auf und senkte meine Hand. „Reggie. Das war echt schön heute! Aber ich muss jetzt leider gehen. Ich komme euch morgen besuchen, ja? Ich schreibe noch mit Julie." Er nickte und sah mich etwas traurig an. Ich umarmte ihn eilig und lief dann los, um so schnell wie möglich zuhause zu sein.

„Okay. Avery. Konzentrier. Dich." Waltraud betonte jedes Wort. Ich schloss die Augen. Konzentrierte mich auf den Amethysten in meiner rechten und die Jacke in meiner linken Hand. Das Ziel war, die unerfüllte Aufgabe einer Person zu erkennen, nur anhand eines ihrer Besitztümer. Die Jacke gehörte Jack, ein Autor der 1977 starb. Ich schluckte, als ich wie in einem Kreisel immer weiter in die Mitte des Strudels gezogen wurde.

Ich hustete und öffnete langsam die Augen. „Tochter.", schnaufte ich. Ich atmete tief durch. „Du musst deiner Tochter die Liebe zum Schreiben zeigen. Dann kannst du hinüber." Waltraud sah mich stolz an. Es hatte funktioniert. Auch Jack lächelte und reichte mir die Hand. „Danke Avery. Du weißt nicht, wie viel mir das bedeutet!" Ich lächelte und griff nach dem Glas Wasser, das auf einem kleinen Tisch in der Ecke des Raums stand. Jetzt musste ich nur noch dafür sorgen, dass Julie und Sunset Curve einen Auftritt im Orpheum bekamen.  

other side | julie and the phantomsWhere stories live. Discover now