bop to the top

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„Können wir mal eine Pause machen!", sagte Madi außer Atem. Zusammen setzten wir uns auf einen großen Felsen. „Das ist doch wieder was anderes als ins Fitnessstudio zu gehen.", schnaufte Owen. Ich grinste ihn an und schnappte mir meine Flasche aus Charlies Rucksack. Ich genoss die Aussicht und war froh, dass die anderen zu sehr nach Luft rangen, um zu reden. So konnte ich die Natur einfach auf mich wirken lassen. Ich setzte meine Sonnenbrille auf und legte mich auf den Rücken. „kann ich?", fragte ich Owen und als er nickte legte ich meinen Kopf auf seinen Oberschenkel. Zu fünft redeten wir eine Weile, bis mir langsam die Augen zufielen. Meine Motivation war verschwunden, weil wir schon sehr lange Pause machten. Ich bereitete mich gerade mental darauf vor, aufzustehen, als ich Charlie sah, dessen Blick auf mir ruhte. Zum glück war meine Sonnenbrille verspiegelt, sodass er nicht sah, dass ich ihn beobachtete. Wobei, eigentlich beobachtete er ja mich und ich beobachtete ihn nur wie er mich beobachtete. Egal. Charlie biss sich auf die Lippe und drehte sich weg. Dann richtete ich mich auf und versuchte motiviert zu klingen. „Weiter geht's Leute! Nur noch eine Stunde bis zum Gipfel!" „Wie hast du noch so viel Energie?", fragte Jeremy lachend. Ich packte ihn an den Schultern. „Auf geht's, ihr werdet doch nicht jetzt aufgeben.", motivierte ich die anderen. Ich nahm Charlie den Rucksack ab. „jetzt kann ich ihn tragen.", bot ich an. Ich konnte richtig sehen, wie er überlegte, ob er ihn mir wieder wegnehmen sollte, oder ob er mein Angebot annehmen sollte. Er sagte nichts. Also gingen wir los.

„Gehst du immer so schnell? Die anderen sind locker 100 Meter hinter uns.", bemerkte Charlie. Ich zuckte mit den Schultern. „keine Ahnung das ist halt mein normales Tempo. Geht's eh für dich?", fraget ich grinsend. „Kein Problem für mich. Erzähl doch mal, wie ist es so in Deutschland? Ich habe schon ein paarmal mit Owen darüber geredet, aber der war auch schon lange nicht mehr drüben." Ich nickte und stieg über einen kleinen Busch, um neben Charlie zu bleiben. „Es ist echt schön und es gibt so liebe Leute. Außerdem gibt es viele Möglichkeiten zum Schauspielern. Aber im Herzen bin ich noch immer Österreicherin. Die Landschaft dort ist einfach wunderschön und außerdem leben meine Großeltern dort." Sofort blickte ich verträumt ihn die Ferne. „Und wie läufts mit Beziehungen? Hast du einen Freund auf der anderen Seite des Ozeans?" Ich musste mir ein schmunzeln verkneifen. Eleganter Themenwechsel. „Nein, dafür war nicht wirklich Zeit, mit dem ganzen Sporteln früher und schauspielern auch." Es war kein Thema, über das ich gerne redete. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, dass ich in meiner Jugend etwas verpasst hatte, aber so eine Jugendromanze hätte ich schon gerne mal erlebt.

„Wieso rennt ihr eigentlich die ganze Zeit so vor?", rief Madi uns zu. „Ihr seid einfach so langsam!"; schrie Charlie. Ich griff mir an mein Ohr. Nur noch ein paar Meter trennten uns von dem Gipfelkreuz. Diese Strecke war aber steil und mit Steinen bedeckt. „Wer zuerst oben ist!"; sagte Charlie und rannte los. Ich schnappte nach Luft und lief ebenfalls los. Ich mochte zwar viele Talente haben, aber was ich noch die gekonnt hatte, ist verlieren. Ich hielt es einfach nicht aus die schlechteste zu sein. Die beste musste ich nicht sein, aber den letzten Platz konnte ich noch nie akzeptieren. Charlie drehte sich um und rutschte beinahe aus. Ich lachte auf und rannte an ihm vorbei. Kurz vor dem Kreuz rutschte plötzlich mein rechter Fuß aus und ich fiel auf mein Knie. Ich rappelte mich schnell auf und legte die letzten Meter leicht humpelnd zurück. Ich sah, wie Charlie langsamer wurde und mich absichtlich gewinnen ließ. Plötzlich wurde ich sauer. Ich konnte zwar schlecht verlieren, aber durch schummeln wollte ich auch nicht gewinnen. „Du hast mich gewinnen lassen! Warum?" „Weil du dich verletzt hast!" Ich sah hinunter auf mein Knie. Die Wunde blutete und ich hatte eine leichte Blutsspur hinterlassen. „Ach was, ist nur ein kleiner Kratzer! Aber jetzt nimmst du den Rucksack wieder!", sagte ich und drückte ihm den Rucksack in die Hand. Er grinste und schüttelte den Kopf.

„Nat, alles gut?", fragte Owen, als wir schon fast wieder unten waren. Ich biss die Zähne zusammen. „Ja klar, warum?" „Du hast kaum ein Wort gesagt, obwohl du immer sehr redefreudig bist und du schaust extrem angespannt aus." Ich zuckte mit den Schultern. „Nein echt alles gut!"

„Ich muss jetzt mal kurz allein ins Bad. Alle raus!", rief ich als wir zuhause ankamen und alle sofort aufs Klo rannten. Ich schloss die Tür ab und zog meine Hose auf. Zitternd fuhr ich mir über die Wunde. Es sah nicht sonderlich gut aus und mein Knie war komplett blau. Ich schnappte mir eine Salbe und cremte mir mein Knie ein. Dann zog ich mir eine weite Jogginghose drüber und ging hinaus, um Owen zu helfen, der sich bereiterklärt hatte, heute etwas zu kochen.

„Nudeln mit Pesto, frisch gekocht von Chefkoch Owen!", kündigte er sein Menü an, als er den Topf auf den Tisch stellte. Zu viert setzten wir uns hin und begannen gierig die Nudeln in uns hineinzustopfen. Als wir fertig waren, stand ich auf, um mir noch ein Glas Wasser zu holen. „Ähm, Nat, was ist das bei deiner Jogginghose?", fragte Charlie unsicher. Ich blickte an meinen Beinen hinunter und sah, dass sich etwas Blut durchgedrückt hatte. „Mist!", rief ich und lief in mein Zimmer. Nur wenige Sekunden nach mir betrat Charlie das Zimmer. Leise schloss er die Tür. „Wieso hast du nicht gesagt, dass dein Knie so blutet? Das muss doch extrem wehtun! Das tut mir so leid." Ich schüttelte den Kopf. „Du kannst ja nichts dafür, wenn ich zu unfähig bin und nicht laufen kann. Ich habe nur ein kleines Problem... Ich habe keine Jogginghose und ich nicht wirklich Lust mir jetzt eine Jean anzuziehen."

Ein paar Minuten später saß ich wieder mit allen anderen am Tisch, diesmal aber mit einer etwas übergroßen, aber unglaublich bequemen Jogginghose von Charlie. Madi hob eine Augenbraue, doch ich wich ihren Blicken gekonnt aus. Wir beschlossen, den Tag mit einem gemütlichen Spieleabend ausklingen zu lassen, doch so wie ich die anderen kannte, würde der Abend nicht gerade entspannt werden.

one kiss less | charlie gillespieWhere stories live. Discover now