Playgirl

1 | Warum nicht mal andersherum

„Ich versteh immer noch nicht, wieso das so ist. Ich meine warum müssen immer wir Frauen einstecken? Die Männer können das doch auch mal. Sie machen doch genau das Gleiche, wenn eine Frau mehrer Partner hat, wird sie als Schlampe abgestempelt, aber bei den Männern heißt es Playboy", murmelte Livia, während sie ihr Weinglas etwas in ihrer Hand schwenkte und dabei nachdenklich den Inhalt betrachtete, welcher schon ziemlich zur Neige gegangen war.

Eigentlich hatten wir uns an diesem Freitag vorgenommen nur einen Film zu schauen und dabei vielleicht etwas von der Pizza zu verspeisen sowie etwas über Jungs zu quatschen, wie man es an einem klassischen Girlsabend halt so machte.

Sobald ich aber Cici abgeholt hatte und zusammen mit ihr bei Livia aufgetaucht war, hatten sich die Dinge jedoch schnell geändert.

Dem Film wurde kaum Beachtung geschenkt und die Pizza war in wenigen Sekunden verschwunden. Dafür wurde aber ordentlich der Weinvorrat von Livias Eltern geplündert, welcher nun in ihrem Zimmer missbraucht wurde.

Der Alkohol schien auch schon seine Wirkung zu zeigen, denn Livia saß mittlerweile auf dem rosa Teppichboden ihres Zimmers zusammen mit dem Weinglas in der Hand und starrte an die Decke. Dabei gab sie immer ein paar Sätze von sich, die man sonst nie so wirklich aus ihrem Mund hörte.

Cici meinte immer, dass Alkohol sie immer ganz nachdenklich werden lassen würde. Andere tanzten auf Tischen oder machten dumme Dinge, an die sie sich nicht mehr erinnern konnten, wohingegen Livia über Gott und die Welt diskutierte und sich über jeden kleinsten Scheiß aufregte.

Es war schon ziemlich verwunderlich, wie sehr so eine einzige Flüssigkeit meine Freundin verändern konnte, denn normalerweise war sie überhaupt nicht eine Person mit der man diskutierte.

Sie war selbstbewusst, wusste immer genau, was sie wollte und konnte einen ziemlich spüren lassen, wenn ihr etwas nicht passte. Nicht unbedingt eine Person mit der man diskutieren wollte oder überhaupt konnte.

Wenn sie eine Meinung hatte, dann ging sie automatisch davon aus, dass sie richtig lag und umstimmen wurde da manchmal echt schwer.

Cici dagegen war das komplette Gegenteil. Mit ihren gerade mal 1,60 war sie über 15cm kleiner als Livia, was diese oft ziemlich aufregte, denn mit ihrer Größe waren High Heels oft ein Problem, wenn sie nicht größer als jeder sein wollte. Dafür beneidete Cici aber Livias Selbstbewusstsein. Sie war mehr die Schüchterne in unserer Gruppe und überlegte vor jeder Sache zehn Mal, ob sie es wirklich tun sollte.

Bei mir selber war ich mir nie wirklich sicher, was ich in unserem Freundeskreis war. Eigentlich dachte ich immer ich wäre eine Mischung aus meinen beiden besten Freundinnen. Sozusagen der Kleber zwischen den beiden, so dass die Freundschaft überhaupt funktionieren konnte. Aber da hatten wir unsere Wette auch noch nicht abgeschlossen.

„Ich versteh das immer noch nicht! Warum ist unsere Gesellschaft denn so verkorkst?", kam es wieder aus Livia heraus, die noch auf dem Boden lag und das Weinglas mittlerweile geleert hatte.

„Keine Ahnung, dass war doch schon immer so und unsere Gesellschaft von heute auf morgen umstimmen kannst du auch nicht", murmelte ich nur als Antwort und starrte an die Decke, welche mit schicken Glitzersteinen versehen war. Der Alkohol hatte auch schon bei mir Wirkung gezeigt, aber den Punkt von Livia hatte ich glücklicherweise noch nicht erreicht.

„Wieso? Ich meine hat, dass schon jemals jemand probiert", kam es nur aus ihr heraus und ich konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie sie probierte sich aufzusetzen und dabei etwas schwankte. Glücklicherweise war ihr Glas schon leer, sonst hätte sich der Inhalt jetzt auf ihrem Teppichboden verteilt und den sauber zu bekommen war eine ziemlich Arbeit.