Kapitel 3: Panic at the Disco

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Aus dem Siceroys dröhnte der Bass

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Aus dem Siceroys dröhnte der Bass. Bis hinaus zur Straße waren die Vibrationen zu spüren, die in Vincent ein Gefühl von Heimat auslösten. Als ich damals noch über dem Club gewohnt habe, konnte ich die ersten Nächte kaum schlafen.

Vincent trug heute eine ärmellose Lederjacke in Schwarz. Das Material bestand aus Kunstleder, jedoch einem hochwertigem. Vincent hatte sie sich nach seinen letzten Coups als Entführer und einer Zeit des Sparens endlich leisten können. Um vor den Türen des Siceroys nicht gleich wieder abgewiesen zu werden, musste man sich entsprechend kleiden. Und um das zu erreichen, war Vincent zusätzlich in eine schicke dunkelblaue Jeans geschlüpft. Sie war ihm etwas zu groß, doch der Hip-Hop-Style gefiel ihm neuerdings recht gut, sodass er sich zusätzlich die Haare weiß gefärbt hatte. Während man sich damit früher noch von der Masse abhob, so war man heute nur noch einer von vielen. Vincents Haare standen fast senkrecht nach oben. Beinahe eine halbe Stunde benötigte er, bis die Haarpracht endlich so geformt war, wie er es sich vorstellte. Fast schon hätte er alles ruiniert, als er aus seinem Versteck heraustrat und mit den Haaren gegen den Türsturz polterte. Doch das Haargel war standhaft, es hatte sich also gelohnt, das teurere zu nehmen. Früher hätte ich nicht einmal davon geträumt. Vincent besaß einen dunkelbraunen Hautton, karamellfarben wie er es nannte. Sein Gesicht war schmal, die Ohren spitz und die Stirn hoch und flach. Manchmal fühlte er sich etwas schmächtig im Vergleich zu den anderen Leuten, mit denen er sich so umgab. Früher, vor allem, als ich noch mit Gale die Straßen unsicher gemacht habe. Doch was ihm in den Armen fehlte, machte er mehr als wett, wenn es darum ging, Menschen zu entführen und sie für ein saftiges Lösegeld wieder freizulassen. Zugegeben, bislang waren ihm lediglich einige wenige Coups wirklich gelungen. Aber diese konnte er sich stolz auf die Fahne schreiben, davon war er überzeugt. Auch wenn dieser eine über mir schwebt wie eine Gewitterwolke.

Charles saß wie jeden Tag an seinem Stammplatz, die schmutzige Decke unter ihm, der beste Freund des Menschen, sein Hund Dreckspatz, daneben. Eine dicke Nase hing dem Obdachlosen im Gesicht. Er trug eine schief hängende Wollmütze auf dem Kopf und einen vergilbten Schal um seinen Hals. Nachts konnte es in den dunklen Gassen überraschend kühl werden, da kam ein Schal gerade recht. Mit seinen löchrigen Handschuhen griff er nach der Hundeleine und zerrte Dreckspatz etwas unsanft zu sich. Als Charles Vincent bemerkte, kniff er die Augen zusammen. „Da bist du ja, Junge", brüllte er, noch bevor Vincent die Straße überquerte.

„Da ist ja mein liebster Hundebesitzer", antwortete Vincent leger. Als er schließlich bei ihm ankam, ging der Junge von der Straße in die Hocke. „Komm her, Dreckspatz. Na komm, mein Großer."

Dreckspatz war ein abgemagerter schwarz-weißer Border Collie. Seine Schnauze fühlte sich feucht an, während er sie in Vincents Gesicht drückte. Der starke Fischgeruch trieb Vincent die Tränen in die Augen. „Hat man dir wieder einen Liodonn zum Fressen gegeben?" Liodonns waren kleine Fische mit starkem Eigengeruch. Im Fluss Eden gab es davon zu Genüge. Freudig kläffte Dreckspatz als Antwort.

METROPOLA - Band 1 - Der JahrhundertsturmWhere stories live. Discover now