Kapitel 31: Krisen

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 „Mir kam dieser Mann gleich bekannt vor", meinte Sarika und legte eine nachdenkliche Miene auf

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 „Mir kam dieser Mann gleich bekannt vor", meinte Sarika und legte eine nachdenkliche Miene auf. „Mr. Perser heißt er, sagtest du?"

Vincent hatte es Gale versprochen. Auch wenn er sich vorhin noch wie das größte Arschloch verhalten hat, werde ich ihn nicht verraten. „Wir haben gerade ganz andere Sorgen", antwortete Vincent, als er bemerkte, wie schroff er dabei klang. Er nahm Sarika beiseite. „Was machen wir jetzt mit diesen beiden Kindern?", flüsterte er ihr zu, offensichtlich nicht leise genug.

Ich bin schon längst kein Kind mehr", sagte die ältere Schwester, die ihren kleinen Bruder bei der Hand führte. Seitdem ihr Vater die Tür durchschritten hatte, waren sie sich nicht von der Seite gewichen. Der kleine Junge klammerte sich noch immer völlig verängstigt ans Hosenbein seiner großen Schwester.

„Wie alt bist du denn?"

„Dreizehn."

„Also noch ein Kind." Vincent war nicht zu Diskussionen aufgelegt, nicht jetzt.

„Was denkst du, hatte das zu bedeuten gerade?", fragte ihn Sarika, die mitfühlend die Kinder beäugte.

„Ich weiß es nicht. Alles gerät aus dem Ruder. Das ist ein verdammtes Desaster." Das hätte er nicht sagen dürfen. Wenn man es ausspricht, wird es real. Aber Fakt ist nun mal, dass dies eine Krise ist, und die Straßenratten gibt es nicht mal einen Monat.

Cassy und Kash behielten Abby im Auge. Die Richterstochter wirkte verwirrt, so wie sie die beiden Kinder anstarrte, und zudem immer wieder einen Blick auf die Tür warf, durch die Gale abermals in die Küche verschwunden war. Sie sollte keinen Grund zur Angst haben ... nicht vor ihm. Der blauhaarige Killer neben ihr bereitete ihm in jeder Hinsicht mehr Sorgen. Nehmen Sie sie gleich mit, aber zuvor wollen wir unser Geld sehen. Vincent wusste, wie sehr Kash auf das Geld beharren würde. Cassy war kein Monster, vor allem nicht mit jemandem wie Kash zu vergleichen, aber auch sie würde dagegen stimmen, Abby bei ihrem Vater abzuliefern, ohne etwas dafür im Gegenzug verlangen zu wollen. Dass die Davuts jetzt in dieser Situation stecken, wird für die beiden noch lange kein Grund sein, eine so wertvolle Geisel aus den Händen zu geben. Gales Nervenzusammenbruch bereitete ihm ebenso Magenschmerzen. Einzig bei Sarika war er sich sicher, dass sie auf seiner Seite stehen würde.

Der nächste Morgen brach an. Der heulende Wind verstummte langsam aber sicher und der Regen peitschte nicht mehr ganz so heftig gegen die matten Fenster der alten Schuhfabrik. Vincent versammelte alle im großen Raum, gleich neben dem Foyer. Abby, die, laut Kash, in ihre Zelle gehöre, saß auf dem müffelnden Sofa neben Vincent. „Sie bleibt hier", hatte der Anführer der Straßenratten verkündet. Er hegte die schwache Hoffnung, Cassy und Gale könnten Mitleid mit ihr bekommen. Die beiden Kinder des Davut-Gangsters saßen ihm gegenüber und starrten mit ängstlichen und missmutigen Augen durch den Raum. Einen Moment brütete Vincent vor sich hin, bevor er schließlich das Wort ergriff. „Ich möchte ehrlich mit euch allen sein", begann er mit belegter Stimme. „Das ist mit Abstand die größte Herausforderung, mit der ich mich je konfrontiert sehen musste. Gefühlt ist niemand hier ein Freund des anderen. Die einen sind freiwillig hier, die anderen gezwungenermaßen. Egal was davon zutrifft, jeder von uns möchte lieber ganz woanders sein. Die einen wollen Bezahlung, die anderen möchten nach Hause. Mehrere Krisen vereint in einer großen." Er fixierte den kleinen Tom mit einem müden Blick. „Tut mir leid, dass du nur das wenigste vom dem verstehst, was wir hier besprechen. Ich habe keine Erfahrung, wie man mit Kindern umspringt, geschweige denn mit ihnen spricht. Ich vertraue darauf, dass deine Schwester dich gut genug kennt, um es dir in einfachen Worten zu sagen." Vincent bemerkte, wie alle Augen auf ihn gerichtet waren. In solchen Momenten zeigt sich, was einen guten Anführer ausmacht. „Ich bin nicht der Älteste unter uns, nicht der Klügste, nicht der Freundlichste und ganz bestimmt nicht der Herzloseste. Und dennoch bin ich verantwortlich für alles, was hier geschieht und geschehen ist. Ich glaube, ich bin jedem von euch ein paar Antworten schuldig."

METROPOLA - Band 1 - Der JahrhundertsturmWhere stories live. Discover now