Kapitel 60

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Tobio hatte keine Ahnung, wie lange er schon auf dem Bahnsteig stand und ins Leere sah.

„Hey, Junge. Ist alles in Ordnung mit dir?"

Die Stimme drang nur gedämpft an Tobios Ohr.

„Hey!"

Eine Hand legte sich auf Tobios Schulter und ließ ihn erschrocken zurückweichen.

„Alles in Ordnung mit dir?"

Vor Tobio stand ein Mann in Uniform, ein Bahnbediensteter. „Oh, äh, ja, alles in Ordnung, danke", antwortete er hastig.

Der Mann schien nicht besonders überzeugt zu sein. „Du solltest nach Hause gehen. Es wird langsam frisch."

„Ja, das mach ich. Danke." Mit diesen Worten drehte sich Tobio auf dem Absatz um und ging nach Hause. Der Weg kam ihm jetzt, da er ihn alleine ging, viel länger vor. Er holte sein Handy aus der Tasche und sah auf die Uhr. Seine Augen weiteten sich erschrocken. Es war 22:27 Uhr! Er hatte über eine halbe Stunde auf dem Bahnsteig gestanden. Das würde vermutlich auch erklären, warum ihm so kalt war. Er steckte sein Telefon wieder in seine Jacke. Kuroo würde in etwa zwei Stunden zuhause sein.

Tobio ließ seine Hände in seine Jackentaschen wandern und blickte nach oben, betrachtete den pechschwarzen Nachthimmel, an welchem unzählige Sterne funkelten. Vielleicht würde er eines Tages die Chance bekommen, sich einmal zusammen mit Kuroo den Sternenhimmel anzuschauen.

Er seufzte schwer, als er daran dachte, dass er Kuroo erst wiedersehen würde, wenn er zu dem Trainingscamp nach Tokio fuhr. Und auch wenn er da war, würden sie sich immer nur am Abend für ein paar Stunden sehen können. Aber selbst eine Minute wäre besser als überhaupt nicht.

Seine Füße trugen ihn ganz von selbst nach Hause, seine Hände schlossen ganz automatisch die Haustür auf. Tobio schleppte sich regelrecht die Treppe hinauf. Sein Körper erstarrte, als ihm der Duft von Kuroo entgegenschlug, als er die Tür zu seinem Zimmer öffnete. Er schloss die Augen, sog tief die Luft ein.

Aus tiefstem Herzen wünschte er sich, Kuroo zu sehen, wie er es sich auf seinem Bett gemütlich gemacht hatte, wenn er die Augen öffnete. Der Kapitän würde ihn schelmisch angrinsen, ihn zu sich rufen. Langsam öffnete Tobio seine Augen, doch das Bett war leer.

Er tapste ins Bad, wusch sich das Gesicht und putzte seine Zähne. Zurück in seinem Zimmer packte er seine Tasche für den morgigen Schultag. Er konnte noch immer nicht richtig glauben, dass er alle Hausaufgaben erledigt hatte. Das hatte er einzig und allein Kuroo zu verdanken. Er hätte irgendwann frustriert aufgegeben und lieber den Tadel der Lehrer über sich ergehen lassen. Doch Kuroo hatte ihn vor dieser unangenehmen Situation bewahrt.

Schwerfällig ließ sich Tobio in sein Bett fallen. Vorsichtshalber stellte er den Wecker auf 4:30 Uhr. Das Handy stöpselte er ans Ladekabel, wartete sehnsüchtig auf den Piepton, der ihm eine eingegangene Nachricht von Kuroo anzeigen würde. Er kuschelte sich in das große, leere Bett, zog Kuroos Shirt ganz nah zu sich. Der Duft war überwältigend. Dennoch bezweifelte er, dass dieser reichen würde, um die Alpträume von ihm fernzuhalten. Aber vielleicht würde er zumindest ein bisschen Schlaf abbekommen.

Er kringelte sich zusammen, dachte an die schönen Momente zurück, die er die Woche über mit Kuroo geteilt hatte.

*Ding*

Hastig griff Tobio nach dem Handy.

Kuroo:

Hey, Kags, bin vor ein paar Minuten zuhause angekommen.

Soll dir liebe Grüße von Oma und Opa ausrichten.

Sie freuen sich für uns.

Tobios Wangen färbten sich rot, als er sich vorstellte, wie Kuroo sofort seinen Großeltern erzählt hatte, dass sie nun ein Paar waren. Sie waren ein Paar. Sein Herz begann heftig zu pochen. Tobio hatte keine Ahnung, was er antworten sollte.

Rivalität mit Folgen [Teil 1]Where stories live. Discover now