Kapitel 86

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Es war kurz vor 7:00 Uhr, als Tetsurou die Augen aufschlug. Er regte sich leicht und hielt inne: der Schmerz in seinem Rücken hatte nachgelassen. Das hatte er mit absoluter Sicherheit dem Setter zu verdanken, der ihn gestern massiert hatte. Er blickte zärtlich auf den Jungen hinunter, der zusammengerollt vor seiner Brust lag. „Danke, Tobio", flüsterte er und streichelte ihm liebevoll durch das Haar.

„Geht es dir besser?", nuschelte Kageyama schlaftrunken.

„Habe ich dich geweckt?", fragte Kuroo erschrocken.

„Nein, hast du nicht. Also, wie geht's deinem Rücken?", erkundigte sich Tobio etwas wacher.

„Besser, dank dir." Bedächtig strich Kuroo über die zarte Haut an Tobios Wange.

„Das freut mich", sagte Kageyama und lächelte glücklich. Behutsam fuhr er mit der Hand über Kuroos Brust. Er liebte den Körper des Kapitäns. In seinen Augen war er perfekt. Daher gefiel es ihm so gar nicht, dass Kuroo auch nur ein Teil davon wehtat. Und vor allem und ganz besonders dann nicht, wenn er für den Schmerz verantwortlich war.

„Wollen wir aufstehen?", wollte Kuroo wissen. Tobio nickte müde mit dem Kopf. „Okay", sagte er und gab dem Setter einen Kuss ins Haar, bevor er aufstand und ins Bad ging.

Tobio streckte sich ausgiebig. Er fühlte sich wie eine überfahrene Kröte auf der Landstraße. Mit schweren Gliedern stand er auf und zog sich an. Sein Fußgelenk schmerzte noch immer, aber bei weitem nicht mehr so schlimm wie am Vortag oder den Tag davor.

„Was macht dein Fuß?", fragte Kuroo, als er zurück in sein Zimmer kam und den Setter vor dem Kleiderschrank stehend vorfand.

Manchmal hatte Tobio das Gefühl, als könne sein Freund Gedanken lesen. „Dem geht es schon besser."

„Zeig mal her", forderte Kuroo und kniete sich vor dem Jungen hin, zog ihn ein Stück weit die Socke runter. Die Haut war noch immer von den Einblutungen bunt verfärbt, doch die Schwellung war zurück gegangen. „Lass mich dich heute noch mal tragen. Ich denke, ab morgen kannst du dann wieder allein laufen", sagte er bestimmt, Tobio keine Möglichkeit gebend, ihm widersprechen zu wollen.

„Ist gut", fügte sich Tobio brav in sein Schicksal. Er wusste, mit Kuroo zu diskutieren würde nur auf eine Art enden: der Kapitän gewann. Von dieser Tatsache mal abgesehen, war er auch viel zu müde, um ernsthaft Protest zu erheben. „Ich geh auch kurz ins Bad", erklärte er und verließ nach einem zustimmenden Nicken von Kuroo das Zimmer.

Tetsurou richtete sich auf und zog sich an. Als ein Handy klingelte, horchte er auf. Es war Tobios. Er würde ihm Bescheid geben, sobald er zurück von der Toilette war. Mit geübten Bewegungen schüttelte er das Kopfkissen auf und die Bettdecke aus. Wieder glitt sein Blick zu dem Handy, als es ein weiteres Mal klingelte. Und nochmal. Und nochmal. Seine Stirn zog sich in Falten, offenbar war es etwas Wichtiges. Er griff nach dem Handy und ging Richtung Zimmertür.

„Tobio, dein Han- ... -dy klingelt die ganze Zeit." Den ersten Teil rief er, den zweiten flüsterte er. Sein Blick war, als eine weitere Nachricht eingegangen war, automatisch auf das Display gefallen. Eine eisige Hand legte sich um sein Herz, drückte eisern zu, umklammerte ihn unbarmherzig. Sein Herz begann heftig zu pochen. Er schluckte, sein Mund plötzlich staubtrocken. Auf dem Display stand ‚Atsu'.

Wieso schrieb sich Tobio mit diesem Typen? Eine weitere Nachricht ging ein und er konnte die Vorschau lesen.

Atsu:

Tobio, komm schon, bitte sag ja. Ich will dich unbedingt sehen! <3

Tetsurou konnte nichts dagegen tun, sein Körper hatte auf Autopiloten umgeschaltet. Sein Daumen entsperrte das Display und klickte auf das Nachrichtensymbol. Eine Welle der Übelkeit schwappte durch seinen Körper, als er die Flut an Nachrichten sah, die sich Tobio mit diesem Mistkerl geschrieben hatte. Als er nach oben scrollte und auf Datum und Uhrzeit sah, war es ihm, als würde sich Säure durch seine Eingeweide fressen. Die beiden hatten beinahe die ganze Nacht über miteinander geschrieben, während er neben Tobio im Bett gelegen hatte, schlafend, nichts ahnend. Er spürte, wie ihn seine Kräfte verließen.

Rivalität mit Folgen [Teil 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt