Kapitel 25

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Nachdem ich mich, während sie kurz unten gewartet hatte, grob hergerichtet hatte, damit man wenigstens einen kleinen Unterschied zwischen mir und Bibo dem gelben Vogel sehen konnte, saß Minou zusammen mit meiner Familie am Küchentisch und frühstückte.

„Und, was habt ihr zwei heute noch vor?", eröffnete meine Mutter das Gespräch. Ich blickte unsicher zu Minou. „Ich weiß nicht genau."

Minou lächelte sie an. „Wir wollen einfach mal gucken, wo uns der Tag hinbringt."

Verdammt sie war gut.

Plötzlich wurde die Küchentür aufgerissen und Chrissy betrat im Pyjama und mit verstrubbelten Haaren gähnend das Zimmer. Als sie Minou sah, riss sie die Augen auf.

„Wer zur Hölle bist du und was machst du am frühen Morgen in unserer Küche?", rief sie. „Es ist gerade mal" – sie warf einen Blick auf die Uhr, die an der Wand hing – „oh es ist schon elf, aber dennoch, was machst du hier?"

„Frühstücken", antwortete Minou.

Vielleicht war sie doch nicht so gut.

„Das ist Minou", klärte mein Vater meine Schwester auf und klang dabei, als sei es das natürlichste der Welt. „Sie ist eine Freundin von Vera."

Eine Freundin. Ich grinste in mich hinein.

„Okay", sagte Chrissy und schien zu beschließen, dass es ihr egal war, wer da denn jetzt an unserem Tisch saß und machte sich lieber einen Kaffee.

Ich biss gerade in mein Brötchen, als mir klar wurde, dass Minou wirklich neben mir saß und frühstückte und zwar aus dem Grund, dass wir (naja wahrscheinlich) zusammen waren!

Natürlich fiel es mir nicht gerade erst auf, ich war ja nicht bescheuert, aber in dem Moment wurde es mir zum ersten Mal so richtig klar. Und es war so unrealistisch, dass ich mich am liebsten gekniffen hätte, um sicherzugehen, dass ich nicht einfach nur träumte.

Während ich noch damit beschäftigt war, aufzuwachen, spürte ich etwas Warmes an meiner Hand. Vorsichtig senkte ich den Blick und sah, dass Minou ihre Hand neben meine gelegt hatte. Vorsichtig umschloss ich mit meinem kleinen Finger den ihren.

Es war nur eine winzige Geste, aber ich spürte, wie sich augenblicklich eine angenehme Wärme durch meinen ganzen Körper verteilte. Wenn es sich so anfühlte, verliebt zu sein, hatte ich Lina die ganzen letzten Jahre zu Unrecht verurteilt, weil sie sich verzweifelt einen Freund gewünscht hatte.

Nachdem wir aufgegessen hatten, verließen wir das Haus.

„Ich habe eine Idee, wo wir hinkönnten", raunte Minou mir zu.

„Wohin denn?", ich sah sie neugierig an.

„Verrat ich nicht, vertrau mir einfach", sie grinste schief und trabte dann los und nachdem ich ganze vier Sekunden damit verbracht hatte, überrascht zu sein, heftete ich mich an ihre Fersen.

Wir brauchten nur ungefähr sechs Minuten, bis wir an Minous Ziel angekommen waren.

„Was willst du denn im Stadtpark?", ich runzelte die Stirn.

„Minigolf spielen!", verkündete sie und zog mich zu dem kleinen Laden, in dem man Schläger und Bälle ausleihen konnte.

„Ich hasse Minigolf."

„Niemand hasst Minigolf", sagte sie und grinste. „Aber alle, die schlecht darin sind, tuen so als ob."

„Pah", ich verschränkte die Arme und sie wandte sich zu der älteren Dame mit den grauen Haaren und den riesigen türkisen Ohrringen. „Wir würden gerne spielen. Was kostet das denn?"

Die Frau lächelte. „Zusammen zehn Euro."

„Das Geld könnten wir auch für etwas ausgeben, das Spaß macht", murmelte ich so leise, dass sie es nicht hören konnte. Tat sie aber trotzdem.

„Ich bin sicher, es wird Ihnen mehr Freude bereiten, als Sie vielleicht denken."

Ich wurde rot und die alte Frau schmunzelte. Wie schaffte sie es, in dem Alter noch so gut zu hören?

„Sie hat bloß Angst zu verlieren, weil ich quasi ein Minigolfgott bin", Minou reichte der Kassiererin das Geld.

„Da bin ich mir vollkommen sicher", erwiderte diese und zeigte auf einen Ständer an der Wand. „Dort findet ihr Schläger, bedient euch einfach."

„Vielen Dank", Minou grinste und durchstöberte die Auswahl, während ich immer noch an einer Wand stand und das Geschehen beobachtete.

Die gläserne Tür schwang auf und zwei Mädchen, die ungefähr in unserem Alter waren, betraten den Verkaufsraum und schlängelten sich an mir vorbei.

„Wir bräuchten zwei Schläger, bitte", rief die eine fröhlich und sie liefen zum Tresen.

„Sieben Euro pro Person", die Frau lächelte und kassierte ab.

Nachdem die zwei Mädchen alles ausgewählt hatten und wieder verschwunden waren, wand ich mich zu der alten Dame um und zog fragend eine Augenbraue hoch.

„Das erklären sie uns jetzt bitte mal."

Auch Minou schien aufgefallen zu sein, dass zwei mal sieben nicht zehn ist und legte die Stirn in Falten, doch die alte Frau lächelte nur und steckte das Geld der zwei Mädchen in die Kasse.

„Pärchen-Rabatt", sagte sie schulterzuckend und ich musste husten. „Wie bitte?"

Wieder schmunzelte die Frau und strich sich eine graue Locke hinters Ohr. „Mir müsst ihr nichts vormachen, ihr Süßen."

„Aber ... woran?", stotterte ich und auch Minou sah die Frau verunsichert an.

Die Kassiererin lächelte und ihre saphirblauen Augen blitzten auf.

„Wer weiß", sagte sie. Mir stand immer noch der Mund vor Erstaunen offen.

Minou schüttelte ungläubig den Kopf, griff nach zwei Schlägern und einem Ball und schob mich aus dem Raum.

„Krasse Frau", entfuhr es mir, als sich die Ladentür hinter uns geschlossen hatte.

„Ja", stimmte Minou zu und lachte. „Wenn ich nicht genau so werde, wenn ich alt bin, bin ich sauer."

Ich grinste und ließ mich von ihr zur ersten Bahn ziehen.

„Willst du anfangen oder soll ich?", fragte sie und drückte mir einen der Schläger in die Hand.

„Ich hab's nicht eilig mich zu blamieren", antwortete ich.

„Wusste ich's doch, dass es daran liegt", Minou grinste triumphieren und ich drehte den Kopf, damit sie nicht sah, dass ich lächeln musste.

„Pah", sagte ich und trat einen Schritt zur Seite, damit sie Platz hatte, um zu versuchen, den Ball in das winzige Loch zu stoßen, das einige Meter entfernt vor uns lag.

Und das tat sie dann auch. Und traf. Mit dem ersten Schlag.

Das Leben ist unfair.

Zebrawelt ✔Onde histórias criam vida. Descubra agora