Kapitel 27

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Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, sie hätte mich bloß einfach nicht angeschrieben, denn es war immer noch besser, selbst nachhaken zu müssen, als versetzt zu werden.

„Hey, sorry aber das mit morgen klappt leider doch nicht, mir ist was dazwischengekommen", lauteten die Worte, die mir von meinem Handydisplay entgegenleuchteten.

Trotzig legte ich das Gerät zur Seite. Es war ja mal wieder klar, dass wenn einmal alles perfekt war, irgendwas kommen und es zerstören muss.

Ich warf mich auf mein Bett und starrte die Decke an, als ich hörte wie mein Handy vibrierte. Jemand rief an.

Kurz war ich überlegt, es einfach klingeln zu lassen, raffte mich dann aber doch dazu auf, wenigstens mal nachzusehen, wer die Person war, die ich gerade warten ließ. Es war Simon. Ich drückte auf Annehmen, doch Simon ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen, sondern sprudelte direkt los.

„Vera, hey, sorry wegen gestern, also dass ich nicht mit dir reden konnte, aber ich war bei Isa und es war so krass. Ich wusste ja schon immer, dass sie was besonderes ist, aber das übertraf einfach alles."

Ich grinste in mich hinein, ich hatte Simon noch nie so über jemanden schwärmen gehört. Diese fast schon kindliche Verliebtheit war ein extremer Kontrast zu seinem sonst so besonnenen und vernünftigen Charakter.

„Was habt ihr denn gemacht?", fragte ich, fest entschlossen, dass es sich jetzt auch mal um ihn drehen musste.

„Guck, wir haben uns eigentlich nur wegen Bio treffen wollen, weil es ist ja gar nicht mehr so lange bis zur Abgabefrist, aber dann kamen ihre kleinen Brüder vom Fußballtraining nach Hause. Sie hat zwei, Ben und Toby, Zwillinge, sehen sich total ähnlich. Die sind dann jedenfalls zu uns ins Zimmer gekommen und wollten mit mir zocken, was natürlich aber nicht ging, weil wir mussten ja Bio machen. Nur haben die zwei nicht lockergelassen und dann hat Isa irgendwann nachgegeben und wir sind alle zusammen runter ins Wohnzimmer und haben Mario Card gespielt und Isa ist so gut darin, sie hat mich die ganze Zeit geschlagen und jedes Mal hat sie sich so süß gefreut und urgh."

Ich biss mir auf die Unterlippe, um zu verhindern, dass ich breiter grinsen musste als Kermit der Frosch auf LSD. Endlich bekam Simon die Beziehung mit dem Mädchen, in das er seit der achten Klasse heimlich verliebt war. Wenn jemand es verdient hatte, dann er.

„Und seid ihr denn dann noch fertig geworden mit euerm Projekt?", fragte ich, da er erstmal mit dem Erzählen fertig zu sein schien.

„Nein", sagte er fröhlich und auch wenn ich ihn nicht sehen konnte, wusste ich, dass er ein breites Lächeln auf den Lippen haben musste. „Darum müssen wir uns morgen noch mal treffen."

„Wie ärgerlich", witzelte ich.

„Jaa", Simons Stimme klang so unglaublich glücklich, dass ich sogar kurz den Jungen mit den langen dunklen Haaren vergaß.

„So", sagte Simon und seine Stimme wurde schlagartig ernst. „Und weshalb wolltest du gestern mit mir reden?"

„Ist nicht so wichtig", sagte ich schnell, um an meinem Vorhaben, dass es sich heute um ihn drehen sollte, festzuhalten.

„Jetzt sag schon, Vera. Versau mir nicht meine Stimmung", maulte er und ich wusste, er würde nicht lockerlassen, dafür war er dann doch zu neugierig. Ich beschloss, dass es vermutlich doch das klügste wäre, ihm zumindest die halbe Wahrheit zu erzählen.

„Ach es ging bloß um Minou."

„So?", seine Stimme ließ erahnen, dass er unsicher war, ob er sich darauf einstellen sollte, wieder von mir zur Schnecke gemacht zu werden.

„Ja", sagte ich etwas kleinlaut. „Du hattest eventuell recht."

Es entstand eine kurze Pause.

„Ich wusste es! Ich wusste es! Ich habe es sowas von gewusst!", rief er plötzlich und durchbrach damit das unangenehme Schweigen. Ich konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken.

„Und was hast du jetzt vor?", erkundigte er sich und seine Stimme wurde wieder ernst. „Willst du es ihr sagen, oder ... ?"

Mir wurde klar, dass ich ihm ja wirklich von gar nichts berichtet hatte.

„Uhm, das habe ich irgendwie schon", gestand ich und vor meinem inneren Auge sah ich, wie er überrascht die Augen aufriss.

„Und?", fragte er vorsichtig.

„Es lief ganz gut. Wir sind jetzt irgendwie zusammen", sagte ich vorsichtig.

„WAS?", ich hielt das Handy reflexartig ein Stück von mir weg, so laut war seine Stimme.

„Ja", sagte ich. „Wir hatten vorhin ein Date, irgendwie."

Ich überlegte kurz, ihm zu sagen, dass sie mich versetzt hatte, dann wurde mir jedoch klar, dass das nicht nur mein Vorhaben noch weiter ruinieren würde, sondern auch dass sie vielleicht wirklich einfach nur keine Zeit hat. Möglicherweise hielt ich den Typen mit den langen dunklen Haaren für viel wichtiger, als er wirklich war.


Schnell schilderte ich Simon in knappen Worten die Ereignisse der vergangenen Tage, wobei ich das eine oder andere Detail jedoch ausließ. Zu privat. Zu peinlich (vielleicht).

Danach sprachen wir weiter über Isa, sie schien wirklich liebenswert zu sein und langsam merkte ich, wie ich mich entspannte. Montag würde ich Minou in der Schule sehen und da würde sich ja zeigen, ob meine Sorgen begründet waren oder nicht.

Zebrawelt ✔Donde viven las historias. Descúbrelo ahora