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Nachdem Blake die Tür hinter sich geschlossen hatte, herrschte einige Minuten Stille zwischen uns, in der jeder seinen Gedanken nachhing.

Er hatte gesagt, dass er mich auch lieb hatte. Das hieß, ich müsste mir sch einmal keine Gedanken machen, wie er zu meiner Aussage stand.

Aus unerklärlich Gründen machten seine Worte mich glücklich, aber ich musste im Kopf behalten, dass es immernoch kein 'Ich liebe dich' war. Schließlich liebte ich Blake auch nicht. Ich mochte ihn lediglich mehr, als ihn bloß zu 'mögen'.

Auf der einen Seite, ließen seine Worte meinen Magen aufgeregt kribbeln, auf der anderen Seite brachten seine anderen Worte mein Blut zum Kochen.

"Also wenn er dich immer so ansieht, wie gerade, als er gegangen ist, kann ich verstehen, wieso du ihm verfallen bist", sagte Lio irgendwann in die Runde.

Er hatte recht, dennoch...

Wütend holte ich mein Handy aus meiner Tasche und ging auf den Chat mit Blake.

Ich: Hatten wir nicht 'keine Schlupflöcher' ausgemacht?!

Blake: Ja, aber auch das ist wie gesagt Interpretationssache.

Ohne weiter zu zögern blockierte ich den Idioten einfach und steckte mein Handy wieder weg.

"Ich bin ihm nicht verfallen und würdest du mal auf seine Worte, anstatt auf seine Blicke achten, dann..."

"...dann müsste er feststellen, dass er 'ich liebe dich gesagt hat' - Ja, ich würde ihn auch hassen, wenn er mir so etwas sagt.", unterbrach Brian mich augenrollen, was mich beleidigt schnaubten ließ.

"Wenn du ihn so toll findest, renn ihm doch hinterher und macht in einer Ecke rum - Ich will dich nicht aufhalten", abwehrend hob ich meine Hände und deutete dann anschließend zu Tür.

Als Brian keine Anstalten machte aufzustehen, hob ich provozierend meine Augenbraue. "Was denn? Möchtest du etwas nicht dem bewaffneten Typen, der gerade versprochen hat, euch alle umzubringen, solltet ihr mich auch nur ansatzweise anfassen, in die Arme fallen? Woran liegt das? Etwa, weil er ein Stalker ist? Oder doch, weil er mich in allem übergeht? Du solltest dich von solchen Kleinigkeiten nicht aus der Bahn werfen lassen", tadelte ich ihn gespielt enttäuscht und schnalzte mit der Zuge.

"Bei dir klingt das voll negativ", meinte Lio und verzog seinen Mund leidend.

Ich zog meine Augenbrauen zusammen und dachte angestegt darüber nach, wie all die Arschlöcher in diesem Raum es nur geschafft hatten, Abiturienten zu werden - ohne Sitzen zu bleiben.

Ich kam auf keinen Nenner.

"Es ist negativ. Serahs nicht-Freund hat einen scheiß Charakter!", stellte Mason laut fest, was mich böse zu ihm sehen ließ.

Er hatte doch keine Ahnung, wie Blake war?!

"Ja, solche Leute scheinen ich magisch anzuziehen", fauchte ich und sah Mason bedeutungsschwer an.

Na klar, Blake konnte ein Idiot sein und er überging auch gerne mal meine Wünsche, allerdings nur diejenigen, bei denen er keine Gefahr lief, mich psychisch oder physisch zu verletzten.

Er hatte Mason verletzt...Und sein wir mal ehrlich: Das war mehr so eine Art Entladung von aufgestautem Karma.

"Waffenstillstand", mischte sich Maik ein, was Mason und mich genervt zu ihm sehen ließ, doch wir sagten nichts mehr.

"Fassen wir Swrah einfach nie wieder an und alles läuft wieder", beschloss Raphael, was mich trocken auflachen ließ.
"Das klingt ja fast so, als ob ihr mich je berührt hättet."

Maik wollte bereits Einspruch einheben, stockte jedoch und runzelte die Stirn.

Ich fing wild an zu lachen, da Raphael, Lio, Brian und Mason exakt das selbe taten - synchron wohlgemerkt, aber natürlich war ich die einzige, die es mitbekam, da sie alle zu sehr in ihren Gedanken versunken waren.

Mein Lachen jedoch brachte sie zurück in die Gegenwart und ich bekam den Anblick von gleich fünf Jungs, die mich ansahen, als hätte ich den Verstand verloren.

Gott, wo waren Kameras, wenn man sie brauchte?

Moment...vielleicht würde mein Traum von netten Weihnachtskarten für Lizzy und Dad doch noch in Erfüllung gehen.

"Mason, hast du eine Kamera in diesem Raum?", wandte ich mich an meinen zukünftigen Mitbewohner, der nur mit den Augen rollte.

"Bestimmt", nickte Lio grinsend. "Wenn er schon einen Plug unterm Kissen hat, dann auch die dazugehörige Kamera." Er wackelte pervers mit den Augenbrauen, damit auch wirklich der letzte Idiot - Mason - verstand, was er damit meinte.

Jetzt lachten wieder alle. Außer natürlich Mason, aber das war schon in Ordnung, da ich genug für uns beide lachte.

Ich war wirklich stolz auf mich, dass ich auf diese Idee gekommen war, Mason das Ding unterzujubeln.

Kommt darauf erst mal klar. Ich bin perfekt.

"Ihr seit alle solche Vollpfosten!", beschwerte sich Mason, aber ich war mal so nett und erinnerte ihn nicht daran, dass das seine und nicht meine Freunde waren.

"Oh, wo ist die beleidigte Leberwurst?", fragte ich gespielt mitleidig und sah Mason dann direkt freudig in die Augen. "Da ist sie ja!"

"Oh, wo ist dein Niveau?", äffte er mich nach und verzog sein Gesicht, während er auf den Boden sah. "Da ist es ja!"

"In der Zeit, in der du meinen wütenden Blick ignorierst, verlierst du wertvolle Sekunden für deine Flucht", konterte ich und verschränkte die Arme vor meiner Brust, während ich Mason mit zusammengekniffenen Augen in den Boden starrte.

Doch mein Gegenüber verdrehte nur die Augen. "Ey, ich hab's doch gar nicht so böse gesagt, wie es gemeint war."

"Wow", langsam und mit einer gewissen Ironie klatschte ich in meine Hände. "Ich bin begeistert. Und mal wieder haben wir alle live gesehen, dass die Evolution nicht immer zuverlässig ist."

"Der einzige Neandertaler, den ich hier sehe, sitzt auf meiner Couch!"

Empört drehte ich mich zu Raphael und Brian, die immernoch auf dem anderen Sofa saßen, und verstand Mason mit Absicht falsch. "Er hat euch gerade ernsthaft als Neandertaler bezeichnet."

Gespielt enttäuscht schüttelte ich meinen Kopf und sah die beiden bedauernd an. "Tut mir leid, dass er euer Freund ist. Ich kann nur erahnen, mit was für einem Bullshit ihr euch tagtäglich rumschlagen..."

"Kannst du nicht einmal deine Klappe halten?"

"Kannst du nicht einmal sterben?", stellte ich die Gegenfrage und stöhnte genervt auf, was ihn freudlos auflachen ließ.

"Du stöhnst ziemlich oft, bist Du vielleicht in der Erotikbranche tätig oder so?", provozierte er weiter, während seine Freunde lachen von einem zum anderen sahen.

Die Anspielung, traf mich hart, woran Carlos und seine vorlaute Klappe nicht ganz unschuldig waren, doch ich wollte mir nichts anmerken lassen. Heulen konnte ich auch super, wenn ich Abend im Bett lag.

"Ganz ehrlich: Es wäre für alle Menschen erträglicher, wenn du ein Stern wärst. Ganz weit weg und am sterben!", überspielte ich das ganze also und lobte mich innerlich selbst dafür, dass ich es so gut hinbekam.

"Der einzige..."

"Was ist jetzt eigentlich mit eurem Frieden?", unterbrach Raphael Mason, der daraufhin sofort die Klappe hielt - Was ein Weltwunder.

Etwas zerkirscht sah ich an die Decke, konnte meine Gereiztheit jedoch nicht aus meinem Ton verbannen. "Der besteht noch oder, Mason?!"

"Ja!", motzt er mich an, was ich mich einem knappen Nicken quittiert und anschließend an ihm vorbei stampfte.

Nicht, dass Mason noch ein Stuhl an den Koof fliegen würde.

Obwohl...

Nein, nein. Das ging wirklich nicht.

Zumindest nicht jetzt, wo wir einen Waffenstillstand hatten, von dem selbst die tote Fliege auf der Fensterbank unseres Wohnzimmers zu Hause wusste, dass er nicht lange halten würde.


With all Our secretsWhere stories live. Discover now