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Was gab es schlimmeres, als neben Mason zu sitzen?

Richtig! Mit der ganzen Familie beim Essen neben Mason sitzen.

Es war grauenvoll.

Dad und Lizzy versuchten locker zu wirken und immer wieder ein Gespräch aufzubauen, während mein Stiefbruder und ich schweigend auf unsere Teller starrten und uns nichts sehnlicher wünschten, als gehen zu können.

Es herrschte einer dieser Momente, in denen eine Sekunde dreißig Sekunden dauerte.

Plötzlich seufzte Lizzy gequält und legte entschlossen ihre Gabel auf den Teller. "Wir sollten darüber reden?"

"Sollten wir das?", fragte ich mit in die Höhe schießenden Augenbrauen.

"Ich denke nicht", ergänzte Mason kopfschüttelnd und ließ das Reiskorn auf seinem Teller von einer Seite auf die andere rutschen, indem er es mit der Gabel durch die Sahnesoße kickte.

"Schon ein bisschen pervers, dass nach so einer Story Sahnesoße mit Reis serviert wird", murmelte er angewidert, woraufhin mein Blick sofort zu ihm hoch schoss.

"Du bist pervers!"

"Dieses Haus ist pervers!"

"Kinder", unterbrach Lizzy und verzweifelt und mit hochroten Wangen, "Das meinte ich nicht mit 'reden'."

"Okay, reden wir", sagte Mason auf Angriff getrimmt und sah seiner Mutter stur in die Augen. "Während ich in meinem Zimmer war hat James dich auf unserer Couch geleckt – zumindest hat Serah er so ausgedrückt."

Dad blickte mich vorwurfsvoll an, ebenso wie Lizzy – nur etwas peinlich berührter –, da es beiden wohl nicht so gefiel, dass ich Masons das so direkt gesagt hatte.

"Mason hat mich als hässlich bezeichnet!", sagte ich das erste was mir einfiel, woraufhin Lizzys und Dads Blick auf Mason fielen.

Dieser sah mich grimmig an, weshalb ich ihm frech die Zunge rausstreckte.

"Ja, streck nur deine Zunge raus – kann dein Vater ja auch so gut", zischte er mich böse an.

"Mason!", schrien Dad und Lizzy gleichzeitig auf, während ich die Hände auf meine Ohren legte, die Augen fest zusammenkniff und ebenfalls schrie.

"Ich ziehe aus! Ich ziehe aus diesem verfluchten Haus aus!"

"SERAH", drang Dads Gebrüll zu mir durch, was mich die Hände von den Ohren nehmen ließ.

Tief atmete Dad ein, während am Tisch völlige Ruhe herrschte und mir erst jetzt auffiel, dass Lizzys Glas leer und Mason Haar nass war.

Damn, hätte ich mal doch lieber meine Augen auf gelassen.

"Serah, du wirst nicht ausziehen und Mason wird seine nicht-Jugenfreie Kommentare unterlassen", entschlied Dad, nun, in Zimmerlautstärke und sah uns beide schlicht an.

In Angriffsmodus verschränkte Masons bockig seine Arme vor der Brust und starrte meinen Vater nieder. "Wieso? Die 'nicht-Jugendfreien' Aktionen werden im Wohnzimmer doch auch nicht 'unterlassen'."

"Mason?!", fuhr Lizzy ihn wütend an, versuchte allerdings immer noch sanft zu bleiben, da sie wohl ein kleines bisschen Verständis für Masons hatte.

Doch mein Stiefbruder stand einfach ruckartig von seinem Stuhl auf und machte sich daran aus dem Esszimmer zu laufen. "Fick dich doch – und notfalls ist immer noch James da!"

Mit offenem Mund starrte ich ihn sprachlos hinterher und konnte nicht fassen, wie er gerade mit seiner Mutter gesprochen hatte.

Wie konnte er nur...?!

Auch Lizzy schien es nicht anders zu gehen, während Dad wohl erst einmal realisieren musste, dass Masons auch scheiße sein konnte.

Da ich Lizzys Sohn schon wesentlich schlimmer erlebt hatte, erhokte ich lich als erstes wieder und wollte meinen Reis essen, als mir plötzlich wieder Masons Anspielung in den Sinn kam.

Und so schnell kann der Hunger vergehen..., dachte ich mir, während ich hörte, wie die Haustür mit Schwung zugeschlagen wurde.

"Der hat safe seine Tage", kommentierte ich das ganze und nickte überzeugt von meiner Theorie.

Langsam wandten sich Dads und Lizzys Köpfe zu mir uns sahen mich fassungslos an. Dad ein wenig irritierter, als seine Freundin.

"Könntest du bitte mal mit meinem Sohn reden", fragte mich Lizzy fast schon flüsternd und sah mich traurig an, während ich verwirrt meine Stirn runzelte. "Wieso ich?"

Lizzys Blick wanderte zu dem Stuhl, auf dem Mason zuvor gesessen hatte und seufzte niedergeschlagen. "Ich fürchte, dass er auf mich gerade nicht gut zu sprechen ist und du bist in seinem Alter...außerdem seit ihr euch ziemlich ähnlich, wie ich in letzter Zeit festgestellt musste. Bitte, Serah", ihr Blick wanderte zu mir, "Er hat sonst nie so etwas gesagt. Ich will nicht, dass sich unser gutes Verhältnis verschlechtert."

Ob das Verhältnis der beiden gut war, konnte ich nicht sagen und Lizzy könnte das mit sicherheit auch nicht, wenn sie wüsste, wie sehr ihr Sohn sie anlog.

Auch wenn ich mit meinem Dad eigentlich nichts anderes machte...

Dennoch hatte ich Lizzy wirklich sehr lieb gewonnen und nickte deshalb beruhigend, da ich für sie mal mit Masons reden würde.

Hieß übersetzt: Ich würde ihn anschreien, dass er scheiße sei und seine Mutter gar nicht verdient hatte.

"Ich geh mal zu ihm – ich weiß, wo er ist", log ich und stand vom Tisch auf, wodurch ich auch endlich dieser erdrückenden Stimmung entkam.

Während ich also meine Schuhe und Jacke anzog, wählte ich Raphaels Nummer und hielt mir den Hörer ans Ohr.

"Hallo?", ertönte seine Stimme, kaum das den Schlüssel geschnappt und hinter mir die Tür geschlossen hatte

"Weißt du noch, den Gefallen den du mir schuldest?", kam ich direkt zur Sache und machte mir gar nicht erst die Mühe mich vorzustellen.

Am anderen Ende der Leitung hörte ich Masons Freund scharf mach Luft schnappen. "Serah, ich werde dir nicht helfen ihn umzubringen!"

"Ist mir schon klar, deshalb habe ich auch dich und nicht meinen Freund angerufen", rollte ich mit den Augen und blieb auf dem Bürgersteig stehen. "Ich will wissen, wo Mason hingeht, wenn er allein sein will."

Es dauerte einige Sekundne bevor er wieder etwas sagte. "Es ist dunkel.", stellte er wie der nächste Einstein fest, was mich Seufzen ließ.

"Ach ne", meinte ich mit ironischem Unterton und kam nicht umhin meinem Augen zu verdrehen.

"Serah, denk an Lizzy! Ich weiß, du und Mason habt eure Differenzen, aber bitte bring ihn nicht um", bettelte Raphael und ich fragte mich kurz, ob ich wirklich so schlimm rüberkam.

"Chill, ich würde mir nie selbst die Hände schmutzig machen oder Beweismaterial anhand eines Telefonats hinterlassen, also sag mir einfach, wo er ist."

Wieder dauerte es kurz, bis Raphael mir antwortete. "Irgendwie waren diese Wort beruhigen und irgendwie waren sie das ganz und gar nicht...", murmelte er leicht verstört, was mir ungewollt ein Lächeln auf die Lippen sauberte.

Fast kam ich mir vor, wie ein Psychpath...aber dann eben doch nur fast.

"Raphael!", drängte ich ungeduldig und hatte eigentlich nicht geplant so viel meiner wertvollen Zeit an Mason zu verschwenden.

"Schon gut, schon gut! Ich sag's dir ja..."





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