Kapitel 72

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Ich war bereits ein paar Tage auf Tour und konnte kaum glücklicher und zufriedener sein. Heute war zwar ein Konzertfreier Tag, aber dafür hatte ich ein Interviewmarathon vor mir. 4 Interviews musste ich heute bewältigen. Mein Tag begann desshalb auch sehr früh. Um 7 Uhr klingelte mein Wecker und als ich um kurz vor 8 immer noch nicht aus dem Bett gekommen war, holte mich Amelie relativ unsanft da raus. „Wincent!!!! Jetzt komm endlich oder wir kommen zu spät." platze sie in mein Zimmer und ich schreckte hoch. „Alter, Amelie! Was kommst du hier einfach rein? Was wenn ich grad an mir rumgespielt hätte?!" brummte ich und konnte kaum meine Augen öffnen. „Ja nee is klar Wincent! Jetzt steh auf..." sagte sie und verliess das Zimmer, liess aber die Tür offen. „TÜRE!!!" rief ich ihr hinterher und quälte mich dann aus dem Bett. Der gestrige Abend ging etwas länger. Nach dem Konzert war ich noch draussen bei meinen Fans und hab versucht so viele Fotowünsche wie nur möglich zu erfüllen. Danach ging es im Bus weiter und wir machten noch eine kleine Jamsession und anderen Quatsch. Ja und jetzt büsste ich es, ich kam kaum aus den Federn und war hundemüde. Fertig angezogen und mehr oder weniger bereit für die Arbeit stand ich nun ein Brötchen essend und Kaffee trinkend vor dem Bus. „Können wir?" fragte mich Amelie wesentlich netter als davor. „Ja." brummte ich. Ich war eindeutig kein Morgenmensch und während ich Amelie zum Auto folgte, konnte ich kaum geradeaus schauen.

Beim ersten Interview wurde dann auch ab und an drauf hingewiesen dass ich noch sehr verschlafen wirkte und genau so klang ich auch. Das Blöde war, dass es ein Radiointerview war. Ich konnte es also nicht leugnen und irgendwie wars ja auch witzig. Aber je länger ich auf den Beinen war, desto wacher wurde ich. Mittlerweile bestritt ich nun das letzte Interview des Tages und ich war in Topform. Erst ging es etwas um meine Kooperation mit Adidas und Zalando. Wie ich die Marke allgemein fand und was ich so für Lieblingsteile hatte. Ich erzählte wie oft und wie lange ich am Tag Sport machte und dass ich Amelie drum gebeten hatte, mir anderthalb Stunden für Sport frei zu räumen. Dann ging es weiter und wir sprachen über die Tour. Ich sah meinen Interviewpartner aufmerksam an, während er mir die nächsten Fragen stellte:

„Du bist ja auf Tour und du wirkst immer eher schüchtern und ruhig, jetzt gerade auch. Wie ist das Gefühl für dich, wenn dir so viele Menschen gegenüberstehen? Hast du noch Lampenfieber?" fragte er und ich schmunzelte etwas. „Das ist ganz krass bei mir, es sind wie zwei Welten. Auf der Bühne hab ich das Gefühl gar nicht, da bin ich nicht schüchtern und zurückhaltend, sondern da bin ich freier und kann mich mit meiner Band bewegen. Aber ganz anders im Privatleben: Wenn ich auf der Straße unterwegs bin und da kommen viele Leute auf mich zu, denke ich gleich ‚oh Gott, was wollen die von mir'. Dann ist es irgendwie genau das Gegenteil, ganz komisch. Auf der Bühne bin ich entspannt und alles ist toll und fernab der Bühne bin ich dann doch eher schüchtern." antwortete ich ihm und kriegte direkt die nächste Frage. „Wie ist es für Dich, wenn Deine Fans Deine Songs auf den Konzerten mitsingen. Was löst das in Dir aus?", „Es ist das schönste Gefühl für Künstler, wenn die Songs mitgesungen werden. Deswegen genieße ich das immer besonders bei dem Song „Musik sein", wenn wir da den Part machen, wo nur die Fans singen. Die Band hört auf zu spielen und ich singe auch nicht, sondern nur die Fans. Das ist schon ein unfassbares Gefühl, dass die Fans die Musik auch so zurückgeben. Das ist die größte Bestätigung. Einfach mega." strahlte ich meinen Gegenüber an.

Dann sprangen wir von den Fragen übers Business zu den eher privateren Fragen. „Wincent Weiss - so ein schöner und stimmiger Name - Hand aufs Herz: Ist das ein Künstlername?", „Ne, tatsächlich nicht - ich heiße wirklich so! Mein Name steht so im Personalausweis. Außer das "ss", das ist eigentlich ein "sz". Das musste ich dann im Logo aber umändern, weil es sonst zu viele Komplikationen gegeben hätte. Ich glaube, das ist tatsächlich die am Meisten gestellte Frage, weil es eben so untypisch ist. Meine Mum wollte, dass die Initialien bei Vor- und Nachnamen gleich sind. Wäre ich ein Mädchen geworden, hätte ich Wendy geheißen." sagte ich und musste lachen. „Zum Glück bin ich ein Junge geworden." fügte ich dann noch hinzu bevor die nächste Frage bezüglich ‚Namen' weiter ging. „Wie nennen dich denn deine Freunde? Hast du einen Spitznamen?" ich überlegte kurz und dann antwortete ich: „Hm, so einen richtigen Spitznamen habe ich nicht. Meine kleine Schwester nennt mich Wiewie. Ganz einfach aus dem Grund, weil sie den Namen Wincent als kleines Kind nicht richtig aussprechen konnte. Ein paar meiner Freunde nennen mich manchmal Wince oder Winni." sagte ich und Jochen, mein Interviewpartner kam schon mit der nächsten Frage um die Ecke.

„Wincent, Du verarbeitest Dein Leben in Deinen Songs. Es geht viel um Liebe und das Leben, aber auch die dunklen Seiten. Schaffst du es mit Deinen Songs, auch die negativen Seiten zu verarbeiten?", „Musik schreiben und machen ist für mich die größte Therapie, die ich machen kann. Wenn Musik mir nicht helfen würde, hätte ich gar nicht den Ansporn, immer weiter zu machen. Im Studio quatsche ich erst mal über alles was mich bewegt. Aber natürlich denkt man auch beim Einsingen und beim Aufzeichnen über die Situationen nach, über die man singt und schreibt. Es ist schon eine Art von Selbsttherapie." antwortete ich ihm ehrlich und war erleichtert, als er die letzten zwei Fragen ankündigte.

„Touren, Konzerte und Studio-Zeit: Wie kriegst du das mit Deiner Familie und Deinen Freunden unter einen Hut?", „Ich habe das letztes Jahr alles nicht so gut unter einen Hut bekommen. Sehr viele Freundschaften und die Familie sind auf der Strecke geblieben durch die ganzen Touren, Fernsehshows und Songs, die ich gemacht hab. Deshalb arbeite ich daran gerade wieder so ein bisschen, dass ich mir mal einfach auch Wochenenden blocke. Wo ich dann einfach auch sage, ich habe jetzt wie ein normaler Mensch auch mal Samstag und Sonntag frei. Wir arbeiten jetzt daran, eine Balance reinzubekommen und Musik und Privatleben zu verbinden und dann wird es bestimmt auch wieder super." lächelte ich ihn an und war eigentlich gabz zufrieden, wenn ich so daran dachte, wie das letzte halbe Jahr eigentlich genau so lief wie ich es wollte. „Wie gehst du mit Heimweh oder der Sehnsucht nach deiner Familie um?" fragte Jochen dann. „Ich habe versucht, bei Touren zum Beispiel immer Freunde mitzunehmen. Mein bester Freund aus dem Norden ist dann einfach im Tourbus fünf Tage mitgefahren. Da kann man das dann schon gut verbinden. Einfach die Leute in meinen Job miteinbeziehen." sagte ich und bei dieser Antwort, dachte ich an Leni und freute mich riesig drauf, wenn sie in ein paar Tagen dann endlich bei mir war. „Wincent, eine Frage hätte ich da noch. Das ist wohl die Frage, die alle deine weiblichen Fans am meisten interessiert." begann er und da wurde mir etwas mulmig. Scheisse, jetzt kommt die Frage über den Beziehungsstatus. Mist ich hatte mit Leni gar nie drüber geredet. Jetzt musste ich mir unbedingt etwas einfallen lassen. „Bist du denn gerade verliebt?" stellte er dann die Frage. Und als hätte ich die perfekte Antwort schon immer bereit gehabt, schoss sie sofort aus mir raus. „Ist man nicht immer irgendwie in irgendwen verliebt? Seis Familie, Freunde oder die Partnerin?" schmunzelte ich und ging nicht weiter drauf ein.

Kurz danach verabschiedeten wir uns dann und ich hatte endlich Feierabend für heute. Entspannt verliessen wir das Gebäude und ich streckte mich erst mal genüsslich. „Aahh und jetzt einfach nichts mehr tun." seufzte ich und kaum hatte ich das ausgesprochen, hörte ich meinen Namen aus ein paar Mündern nach mir rufen. „Oder auch nicht." lachte Amelie und wir blieben stehen. Natürlich warteten ein paar Fans auf mich und da es wirklich nur wenige waren, ging ich zu den Mädels und machte Fotos. Wir quatschten dann auch noch etwas zusammen und ich fands richtig schön, wie meine Fans auch Amelie so sehr liebten. Alle wollten sie auch ein Foto mit ihr und auch sie musste zahlreiche Fragen beantworten. Meine Fans waren toll. Ich liebte sie dafür, dass sie mein ganze Crew so mochten wie ich es selbst auch tat. Nach einer halben Stunde verabschiedeten wir uns dann doch von den Mädels und fuhren zurück zu den Anderen wo wir dann auch den Tag mit einem leckeren Abendessen ausklingen liessen.

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