11: Prophezeiung und Begegnung

7K 549 52
                                    

"Hassen? Wer hat den gesagt, dass du mich hassen würdest? Klar, da gibt es diese Sache mit dem Feuerschatten, aber..."
Nady schnaubte beleidigt.
"Das ist mal wieder typisch... hältst du mich für so oberflächliche?"
Na ja, oberflächlich hin oder her, bis jetzt war ich davon ausgegangen, dass Nadys Abneigung gegenüber mir von dieser Schattensache herühmte.
"Was für einen Grund solltest du sonst haben mich nicht zu hassen? Ich habe dir doch nichts getan"
"Noch nicht...“
“Noch nicht?“
“...Aber bald. Bald wirst du die jenige sein, die uns alle ins Verderben führen wird"
Ich verdrehte die Augen. Total überdramatisiert. So etwas konnte nur von Nady kommen.
"Woher willst du das wissen? Hab ich deiner Meinung nach Unruhestifterin auf der Stirn stehen?"
"So ein Quatsch. Aber es ist ganz klar. Hast du in dem Buch noch nichts über die Prophezeiung gelesen?"
Konnte ich nicht mehr, das Buch war schließlich verbrannt. Vielleicht solltest ich das lieber nicht sagen. Meinen Kopf wollte ich behalten. "Jake hat auch von einer Prophezeiung gesprochen. Aber das ist Schwachsinn, ich glaube nicht an so etwas"
Sie zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
"Genauso wenig wie du an Elementekräfte und Schatten glaubst?"
Mist. Irgendwie hatte sie damit Recht...
"Das ist doch etwas vollkommen anderes. Ein Gendefekt oder so. Aber Prophezeiungen spielen in einer ganz andere Liga. Da könnte ich auch an rosafarbene Einhörner glauben"
"wie kannst du dir so sicher sein, dass es die nicht gibt?"
Ich gab es auf. Eine Diskussion mit Nady zu führen war, als fischte man nach heißen Katoffeln in einem brennenden Feuer: Am Ende verbrannte man sich nur.
"Okay, selbst wenn wir einmal davon ausgehen, dass du mich nicht anflunkerst..."
"was ich bestimmt nicht tue..."
"...was hat diese Prophezeiung mit mir zu tun? Und warum solltest du die einzige sein, die mich deswegen hasst?"
Nady verdrehte die Augen, sie konnte anscheinend nicht glauben wie dumm ich mich anstellte.
"warum die Anderen dich nicht hassen weiß ich nicht..."
"Du bist ja nett"
"...aber ich habe meine Gründe. Die Prophezeiung ist... naja...“
Sie erwartete wohl, dass ich dieses Satz zuende führte, was ich aber nicht tat. Nady verzog das Gesicht, sprach aber weiter.
“...eher eine Sammlung von Schüttelreimen, irgendwann mal von jemandem gedichtet, der ähnliche Probleme wie Jake hatte"
“Ähnliche Probleme?“
Woher wusste sie davon?
“In die Zukunft sehen. Mia, ich hab Heilkräfte. Wenn ich jemand verletztes berührte, weiß ich, was ihm fehlt. Und ja, ich werde den Anderen davon erzählen. Jake scheint dafür schließlich zu feige zu sein“
Ich hasste ihren herablassenden Tonfall.
"Kommt so etwas oft vor, das die Erde in die Zukunft sehen kann?"
Sie schüttelte den Kopf.
"So eine Gabe ist extrem selten. In den letzten fünfhundert Jahren gab es höchsten zwei uns bekannte Personen mit dieser Gabe. Das Jake diese Visionen hat, ist ein genauso schlechtes Zeichen wie das Auftauchen des Feuerschattens" "...der übrigens auch einen Namen hat."
Ich hasste es ebenfalls wenn man in meiner Gegenwart in der dritten Person von mir sprach. Eigentlich konnte ich Nadys ganze Art nicht leiden.
"Wie genau lautet den diese Prophezeiung?"
"Glaubst du ich kann so etwas auswendig? Schlag es doch in dem Buch nach"
"Äh richtig..."
Ich strich mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr
"...das Buch..."

Es regnete, als ich mich auf den Weg nach Hause machte. Ich hatte, aus naheliegenden Gründen darauf verzichten mich von Nady und Alecs Mum nach Hause fahren zu lassen. Immer wieder ließ ich das Gespräch mit Nady Revue passieren, es schien fast nur aus Prophezeiung und hassen bestanden zu haben und ich hatte ungefähr nur den Teil verstanden, den ich gesagt hatte. Es donnerte und ich schaute besorgt zum Himmel. Gewitter machten mich nervös. Ein Blitz durchzuckte den Himmel und eine Hand legte sich auf meine Schulter, als hätte die Himmelserscheinung jemanden genau hinter mich gebeamt. Ich zuckte zusammen und wirbelte herum. Vor mir stand das dunkelhaarige Mädchen, das ich auf der Party umgerannt hatte. Ein bisschen erinnerte sie mich an die Disneyversion von Schneewittchen, nur waren ihre strahlenden Augen nicht braun sondern eisblau und ihre puppenhafte Gesichtszüge waren ebenfalls kälter. Kalt. Im Nachhinein ist es fast schon witzig, dass das das Erste war, was ich bei ihrem Anblick dachte
"Ups", sagte sie mit reichlicher Verspätung und ihre fein geschwungenen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
"Ich wollte dich nicht erschrecken" Warum war plötzlich so freundlich? Auf der Party hatte ich sie ganz anders erlebt. Allerdings hatte ich sie da auch umgerannt, was nicht gerade die ideale Basis für ein nettes Kaffeekränzchen war.
"Macht nichts"
Ich wollte schon einfach weitergehen, es  würde schließlich gleich anfangen zu gewittern und ich hatte keine Lust durchnässt zu werden, doch sie hielt mich an der Schulter fest.
"Gehen wir doch ein Stück zusammen"
Ihr Lächeln war immer noch freundlich, doch ihre Hand auf meiner Schulter war eine andere, klare Geste. Sie würde mich hier nicht so schnell gehen lassen.
"Ich würde gern mit dir reden"
Sie krempelte ihren Jackenärmel hoch und im Licht eines Blitzes konnte ich ein Zeichen erkennen. Ein Tattoo, das gleiche, das ich im Wald auf Alices Arm gesehen hatte. Nur war ihres nicht blau. Es war schwarz wie die Nacht. Ich schluckte einen Kloss in meinem Hals herunter. Böse Vorahnungen schlichen sich in meine Gedanken und sie kam mir plötzlich überhaupt nicht mehr freundlich vor. Selbst ihr Lächeln hatte etwas raubtierhaftes. Ich versuchte möglichst lässig zu klingen und hoffte beim reden nicht zu stolpern oder gegen einen Baum zu rennen. Das würde mir ähnlich sehen.
"Reden. Aha. Und worüber?"
"Über uns natürlich. Über Leute wir du und ich"
"Leute mit schwarzen Haaren?" "Nein..."
Ihre weißen Zähne blitzen auf. Sie hatte jetzt eindeutig nichts mehr von Schneewittchen. Eher von der Schneekönigin. Toll. Als hätte ich nicht schon genug Probleme.
"Mein Name ist übrigens Elizabeth"
Auf diese Informationen hätte ich verzichten können. Eigentlich hätte ich auf diese ganze Begegnung verzichten können.
"Ich bin..."
"...Mia. Das weiß ich doch schon längst"
Gruselig.
"okay... und du willst mit mir reden. Bei strömendem Regen draußen auf der Straße"
Sie lachte, doch es klang irgendwie falsch. Gekünzelt.
"Natürlich nicht"
Mit einer schwungvollen Bewegung reichte sie mir eine Visitenkarte. Es gefiel mir nicht das zu zugeben, aber irgendwie hatte das Stil.
"Wir sollten uns dafür treffen. Irgendwo wo es trocken ist. Bei mir zu Hause zum Beispiel. Du kannst morgen so gegen drei vorbeikommen. Dann sind meine Eltern nicht da"
"Ist das eine Einladung oder ein Befehl?"
"Such es dir aus..."
Ich ließ die Visitenkarte in meine Tasche gleiten, um zu verhindern, dass der Regen sie ruinierte. Schiefgehen konnte dabei schließlich nichts...

Kurz aber immerhin... Danke für fast hundert Sterne! Ihr seit... das Feuer, was diese Geschichte antreibt. Mich interessiert eure Meinung, schreibt mir Kommentare ;)

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Where stories live. Discover now