26: Friendship never ends...

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Mit voller Wucht (und voller Absicht) schlug ich auf meinen Wecker ein. Das arme Gerät fiel mit einem lauten Knall von meiner Kommode, wahrscheinlich hatte ich es zerstört,  das war mir jedoch herzlich egal. Endlich hatte ich einmal meine wohlverdiente Ruhe! Nachdem Alice gestern Abend nach Hause gegangen war, hatte ich noch ziemlich lange darüber nachgedacht, dass es womöglich nicht besonders klug gewesen war, Elizabeth von meinen neusten Erkenntnissen zu erzählen. Die Nacht über hatte ich deswegen nicht sonderlich gut geschlafen, diese ganze Geschichte zerstörte meinen so oder so nie ganz vorhanden gewesenen Schlafrhythmus. Und wahrscheinlich begann ich auch noch unter Verfolgungswahn zu leiden. Wirklich toll.

Ich schlüpfte ins Bad und schielte auf die Uhr. Mir blieb noch eine halbe Stunde, mehr als genug Zeit für alles. Ich versuchte meine Haare trocken zu föhnen, band sie schließlich jedoch, unzufrieden mit dem Ergebnis zusammen. Mit der dunkelblauen Schuluniform sah ich mal wieder aus, als wäre ich aus einer Mülltonne oder einem Misthaufen gekrochen, doch das störte mich nicht. Es war ja nicht so, als würde ich bei irgendjemanden einen guten Eindruck erwecken wollte.
"Mia! Wie lange brauchst du noch?", hörte ich Phil vor der Türe rufen. Moment...Phil? Was tat er hier?!
"Beeilen dich bitte! Ich muss mal aufs Klo"
Ich trat aus dem Bad und gab Phil die Tür in die Hand.
"Viel Spaß beim Frühstück mit Jake"
Ich hätte ihn jetzt wirklich gerne gefragt, was zum Teufel er um diese Uhrzeit hier zu suchen hatte, aber das hätte mir die Pointe versaut.
"Viel Spaß auf dem Klo"
Phil grinste mich provokant an, bevor er im Bad verschwand.

Natürlich setzte ich mich nicht an den Frühstückstisch. Ich wollte mich schließlich nicht selbst foltern. Stattdessen nahm ich mir garantiert Jake- freie Butterkekse aus dem im Flur Schrank, setzte mich auf die Treppe und knabbert an den süßen Gebäckstücken. Ich hatte noch zehn Minuten, dann würde ich das Haus verlassen müssen, um zur Schule zu fahren. Vielleicht würde ich sogar Glück haben und Jake würde so in eine Unterhaltung mit Phil vertieft sein, dass wir uns aus dem Weg gehen könnten. Schade nur, dass Glück ein Fremdwort für mich war.
"Du sitzt im Weg"
Jake trat aus der Küche. Die Kälte in seiner Stimme hätte den weltweiten Klimawandel aufhalten können. Seine braunen Augen hingegen schienen mich verbrennen zu wollen.
"Ich sitze, wo es mir gefällt"
"Aber nicht auf der Treppe. Du blockiert den Weg"
Eigentlich hatte er Recht. Aber das würde ich nicht zugeben und ich würde erst Recht nicht aufstehen, weil Jake es mir befohl.
"Das ist nicht mein Problem. Du kannst doch an mir vorbei gehen. Oder über mich springen. Das ist mir eigentlich egal"
"Steh auf!"
"Schrei mich nicht an!"
Jake schnaubte.
"Was glaubst du eigentlich, wer du bist?"
"Jemand, um den du auch herumgehen gehen kannst, wenn du schon unbedingt nach oben gehen musst!"
"Leute..."

Phil erschien am oberen Teil der Treppe.
"Hört auf zu streiten. Wir sollten losgehen, sonst kommen wir noch zu spät"
Er gähnte und reckte sich. Jake blickte ihn an, seine Augen schienen noch immer wie glühenden Kohlen unter einer dünnen Lehmschicht.
"Ich würde ja gerne losgehen, aber Mia lässt mich nicht nach oben. Wie soll ich dann bitte an meine Schulsachen kommen?"
"Du könntest mich auch einfach höflich bitten aufzustehen"
Phil verdrehte die Augen.
"Ihr verhaltet euch schlimmer als jedes Kindergartenkind"
"Das sagt der Richtige..."
Jakes Stimme war kaum mehr als ein Knurren. Ich verdreht die Augen und stand auf, der Klügere gab ja bekanntlich nach. Auch wenn das bedeutete, dass die Welt von den Dummen regiert wurde. Vielleicht wäre ich doch besser sitzen geblieben.
Wie immer mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht betrachtete Phil die angebrochene Packung Kekse "Hat es geschmeckt?"
"Ja, wie war es auf dem Klo?"
Und schon hatte ich es geschafft, ihm die Sprache zu verschlagen...

Auf dem Weg zur Bushaltestellen, schimpfte Jake an einem Stück. "Weißt du"
Er sprach so laut, dass ich es selbst in einem Abstand von drei Kilometers noch hätte hören können.
"Wenn ich noch einen Tag mit ihr verbringen muss Schrei ich"
Ich schnaubte.
"Das Gleiche könnte ich auch sagen. Ein Engel bist du nämlich auch nicht gerade"
Er blickte mich nicht einmal an. Sein Blick war stur auf die Straße vor uns gerichtet.
"Mit dir rede ich doch gar nicht"
Phil blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Der Blick seiner sturmgrauen Augen wanderte von Jake zu mir und wieder zurück. Er legte den Kopf schief.
"Könnt ihr euch nicht einmal, wirklich nur einmal zumindest für fünf Minuten vertragen?"
"Sie hat angefangen"
"Das stimmt gar nicht!"
"Doch. Sie ist in mein Haus eingezogen"
Das ging eindeutig zu weit. Fast hätte ich empört nach Luft geschnappt.
"Erstens gehört das Haus nicht dir, sondern deinen Eltern und zweitens.... "
Ich stoppte. Jake zog spöttisch die Augenbrauen hoch.
"Ja? Was ist mit Zweitens?"
Seine Stimme hatte einen unglaublich provokanten Unterton. Mist. Ich wusste selbst nicht mehr, was ich hatte sagen wollte. Tja, dass kommt wohl davon, wenn man zuerst redet und dann erst denkt.
"...Zweitens bist du der größte Blödmann, der mir je unter die Augen gekommen ist", beendete ich meinen Satz schließlich.
"Es ist ziemlich lustig, dass du schlimmere Schimpfwörter vermeidet", grinste Phil, während Jake mich endlich ansah. Wenn Blicke töten könnten wäre ich an diesem Tag geviertelt wurden. Mindestens.
"Niemand hat dich gezwungen, mit mir zur Bushaltestellen zu gehen"
"Ich geh nicht mit mir, ich gehe mit Phil"
"Ich auch"
"Gut, dann ist das ja geklärt"

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt