20: Richtig und Falsch

4.6K 402 35
                                    

Kaum waren wir auf dem Flur, klappte Jake auch schon zusammen, als sei er eine mehrstöckige Hochzeitstorte, deren unter Schicht von irgendso einem Vollidiot aufgegessen wurde.
"Zuviel.... Verrat..."
Und schon fing er wieder mit diesem nicht zu deutene Gestammel an. Jakes Augen waren verdreht, so dass nur noch das Weiße zu sehen war.
"Wie? Warum? ... Sie nicht... Nicht sie... Verrat..."
Ein Wimmern entfuhr seiner Kehle und seine Hände waren zu Fäusten geballt. Seine Geisichtszüge waren verkrampft, er wirkte wie ein ganz andere Mensch, ein verletzlicher Mensch.

Ich konnte Schritte aus der Küche hören. Wahrscheinlich war das Bea, die sich vergewissern wollte, dass ich nicht ins Klo gefallen war. Jake keuchte auf. Ich war ganz froh nicht zu wissen, was er sah.
"Du?... Niemals..."
Er warf seinen Kopf von einer Seite auf die andere und wieder zurück. Es gab jedes Mal, wenn er auf dem Boden aufschlug ein hässliches Geräusch, so laut, dass es wohl von der ganzen Nachbarschaft gehört wurde.
"Wie kannst du nur..."
Seine Stimme war ein einziges Keuchen. Die Kinke der Küchentüre wurde heruntergedrücke und...

"Bea..."
Mit einem falschen Lächeln schob ich meine Adoptivmutter zurück in die Küche, wobei ich versuchte ihr den Blick in den Flur mit meinem Körper zu versperren. Die Tür trat ich mit meinem linken Fuß zu.
"Jake ist oben", informierte ich sie mit voller Absicht falsch und zwang meine Lippen zu einem Lächeln.
"Ich glaube er ist im Bad und kotzt sich die Seele aus dem Leib"
Seltsam, wie leicht mir diese Lüge über die Lippen ging. Vielleicht lag das einfach daran, dass sie sich gar nicht so groß von der Wahrheit unterschied.
"Und..."
Irgendetwas knallte im Flur auf dem Boden und ich verstummte. Bea sah zu Tür und runzelte die Stirn, sie konnte diese Geräusche wohl nicht zuordnen. Ich wünschte, ich könnte es auch nicht, ich wollte lieber nicht wissen, was Jake gerade mit seinem Kopf anstellte. Was ich jetzt brauchte war ein perfektes Ablenkungsmanöver.
"Du wolltest doch wissen was es mit meinem Tattoo auf sich hat...?" Hoffentlich dachte sich Bea nicht allzu viel dabei.
"Ähm... Ja. Ja"
Sie wiederholt sich mehrfach, vielleicht auch um sich selbst zu überzeugen.
"Ja, ich hoffe du hast einen feuerfest gute Erklärung dafür"
"Feuerfest ist sie auf keinen Fall, es ist wohl eher so, dass ich..."
Wieder knallte etwas im Flur. "Derfeuerschattenbin", nuschelte ich "Bitte?"
"Ich bin der Feuerschatten, verdammt noch mal!"
Jetzt war es raus. Nicht mehr zurückzunehmen. Na toll. Doch überraschender Weise schien Bea das überhaupt nicht zu stören.
"Bist du dir ganz sicher?"
"Ja. Ich bin blöder Weise der Feuerschatten"
"Na und?"
"Wie Na und? Ich hatte in den letzten Tagen ziemlich Ärger deswegen!"
"Wieso?"
Ich war ziemlich verwirrt, war es nicht offensichtlich wieso?
"Weil... weil... weil das falsch ist!"
"Mia, was soll denn dabei falsch sein?"
Sie verwirrte mich immer mehr. Wie konnte sie das alles so locker sehen?
"Na alles! Nady, sagte allein schon das es mich gibt sei falsch"
"Und seit wann hörst du auf Nady?" Gute Frage.
"Tu ich doch gar nicht"
"Und was ist dann falsch?"
Jetzt hatte sie mich aus dem Konzept gebracht. Okay, hatte sie auch schon vorher. Bea seufzte.
"Zeig mir einfach mal dein Tattoo. Wie hast du es überhaupt bekommen?"
Oh. Das war wirklich nicht mein Lieblingsthema.
"Lange Geschi... ach, das ist eigentlich auch nicht so wichtig"
Ich hielt ihr meinen Arm hin ohne Weiteres zu erklären. Sie runzelte die Stirn.
"Bist du dir sicher, der Feuerschatten zu sein?"
"Zu siebenundneunzig Prozent"
"Und was ist mit den restlichen drei Prozent?"
Ich nestelte an meiner Kette herum, sagte jedoch nichts.

Jake grinste wie ein Honigkuchenpferd, als er sich wieder zu uns in die Küche gesellte. Ich wollte mir nicht vorstellen, was er in Flur gemacht hatte...
"Dir scheint es ja wieder... gut zu gehen", merkte ich trocken an.
"Ja"
Ich stand auf. Jakes idiotisches Grinsen machte mir ein bisschen Angst, er sah ein bisschen so aus, als hätte einen (oder auch zwei) zu viel über den Durst getrunken. Er fragte gar nicht erst, als er sich auf meinen Platz fallen ließ.

Jake grinste immer noch. Beas Blicke wanderten von mir zu Jake und wieder zurück "Ich geh dann mal... Hausaufgaben machen“
Ich verließ den Raum, ohne Jake aus den Augen zu verlieren.

"...Mia kann das doch nicht glauben" Ich blieb stehen. Eigentlich hatte ich vor gehabt nach oben zu gehen, zu duschen und mir ein gutes Buch zu schnappen, stattdessen aber hielt ich jetzt, ganz gegen alle Manieren, meinen Kopf gegen die Türe und lauschte. Nach dem Bea diesen Kommentar mit meinem Namen durch halbe Haus gebrüllt hatte, musste sich darüber jedoch auch niemand wundern.
"Doch, tut sie"
Jakes Stimme war ruhig und klang fast ein bisschen gelangweilt.
"Und schrei nicht so. Ich bin nicht taub"
Ich musste mein Ohr näher an die Türe pressen, Bea sprach jetzt viel leiser.
"Wie lange denk sie schon, dass sie der Feuerschatten ist?"
"Äh... Seit gestern. Oder so..."
Ich schnaubte. Elender Lügner.
"Hältst du es nicht für nötig ihr die Wahrheit zu sagen?"
Wahrheit? Ich hielt die Luft an. Jetzt schien es interessant zu werden. Die Tür roch nach der Farbe des Holzes, weshalb ich versuchte durch den Mund zu atmen, während ich angespannt weiter lauschte.
"Die ganze Wahrheit kenn ich doch auch nicht"
"Und dann findest du es besser sie mit diese Lüge leben zu lassen?"
Wovon redeten die da bloss?
"Ich weiß, dass das nicht richtig ist. Aber eigentlich ist es doch nicht so dramatisch, oder?"
"Jake, das ist nicht einfach irgendein Schultheater, indem Mia die falsche Rolle bekommen hat"
"Glaubst du ich wüsste das nicht?"
"Du solltest es ihr sagen. Mia kann nicht der Feuerschatten sein"
Was? Wieso das denn?
"Ich weiß"
Jake seufzte.
"Ich weiß"

Kurz gesagt: kurz xD

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Where stories live. Discover now