2: Neue Ufer

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Unfassbar. Unglaublich. Wie war das möglich? Wie konnte ausgerechnet ich so ein Glück haben? Mein Zimmer Genossinnen schnarchen bereits seelenruhig in ihren Betten, doch ich konnte, nach alldem, was Mrs. Janette mir erzählt hatte nicht mehr schlafen. Eine Familie hatte angerufen. Eine Familie, die kein kleines blondes Mädchen haben wollte, sondern mich. Mich. Hatte ich das möglicherweise nur geträumt? Das war doch fast zu schön um wahr zu sein...

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und stand auf. Das Mondlicht tauchte unser Zimmer in ein unwirkliches Licht. Mein Blick schweifte zu der Wanduhr, deren regelmäßiges Ticken die nächtliche Ruhe auf eine nerv tötende Weise unterbrach. 23:45 Uhr. Ich blickte zum Fenster, an dem ich noch vor wenigen Stunden den grauäugigen Jungen zum ersten Mal gesehen hatte. Es ärgerte mich immer noch, dass ich ihn nicht nach seinem Namen gefragt hatte, ich hätte doch gerne gewusst, welcher Einbrecher Tolstoi kannte. Er hatte von einem baldigen Wiedersehen gesprochen, ob ich das jedoch gut oder schlecht finden sollte, darauf hatte ich noch keine wirkliche Antwort. Meine Füße trugen mich fast von selbst zur Tür. Ich hatte das Zimmer nach der acht Uhr Sperre noch nie verlassen, aber in dieser Nacht tat ich es.

Der Flur war still, nur das Tappen meiner nackten Füße auf dem Parkett war zu hören. Ich trug das weiße Spagettiträger Nachthemd, was das Heim jedem Mädchen ohne eigene Mittel zur Verfügung stellte.

"Hi" Lässig stand er an der Tür gegenüber, fast als hätte er auf mich gewartet und grinste mich an. Das Mondlicht tauchte seine Haare in einem seltsamen silbernen Farbton. Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

"Du schon wieder" Er zog die Augenbrauen hoch.

"Ja, ich schon wieder, freust du dich?" Sein Grinsen wurde breiter.

"Über einen verrückten Stalker? Warum sollte ich?"

Grinsend kam er kam näher und ich wich zurück bis ich gegen unsere Zimmertür stieß.

"Wer bist du?" Es kam mir vor, als hätte ich diese Frage schon eine Millionen Mal gestellt.

"Du kannst mich liebevoll Superman nennen" Liebevoll? Superman?!

"Bestimmt nicht" Einige Augenblicke schwiegen wir und betrachten den jeweils anderen mit einer Mischung aus Misstrauen und Neugier. Naja, zumindest war es bei mir so. Er schien das Ganze einfach nur amüsant zu finden.

"Phil", sagte er schließlich

"Bitte was?"

"Mein Name. Was soll es denn sein, eine Käsesorte?" Phil. Aha. "Ich bin Mia. Aber das weißt du wahrscheinlich schon längst" Phil nickte. Das Grinsen verschwand nicht aus seinem Gesicht. "Schickes Kleid" Ich lief feuerrot an, als mir bewusst wurde, wie wenig ich eigentlich trug. Oh Mann, war das peinlich! Phil lachte. Er hatte ein angenehmes, ansteckendes Lachen.

"Keine Sorge, ich hab schon schlimmeres gesehen als deine Beine" Wieder Momente des Schweigens, etwas, das später eine geradezu unmögliche Sache werden würde. Ich begann mich zu entspannen.

"Wollen wir was spazieren gehen?", frage er.

"Den Flur entlang? Wie unglaublich exotisch... Andererseits kannst du mir dann mal erzählen wie du hier reingekommen bist"

"Ich glaube, du würdest eher an eine Zombieapokalyse glauben als daran, wie ich hier reingekommen bin." Er schlenderte den Flur entlang und ich folgte ihm einfach mal. "Woher kommst du?"

"Planet Krypton", gluckste er "Sehr lustig Mister Superman" "Und woher kommst du?" Ich spielte an meiner Kette herum, die ich auch nachts trug.

"Auch vom Planeten Krypton. Ich bin Supermans verschollene Zwillingsschwester..."

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Où les histoires vivent. Découvrez maintenant