29: Ruhe vor dem Sturm...

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"Du nimmst uns doch auf den Arm"
Nady schnaubte und verdrehte die grünen Augen, als könnte sie nicht glauben, dass Phil auch nur  ansatzweise so etwas von ihr denken konnte.
"Ich sage immer nur genau das, was ich meine. Das solltest du, Phil mittlerweile wissen "
"Dann..."
Phil brach den Satz ab. Sein Gesicht hatte einen für ihn untypisch erschrockenden Ausdruck angenommen, der mich ein bisschen an ein Kaninchen erinnerte. Ein Kaninchen mit einem blonden Haareschopf und grauen Augen. Die Vorstellung war gruselig...

"Er meint das anscheinend erst. So ein Vollidiot!"
Nady bereute es wohl, dass sie nichts mehr hatte, was sie gegen eine Wand werfen konnte. Ihre Augen funkelten wild und ihre Haare wirkten jetzt eher als je zuvor wie Flammen.
"Und was tun wir jetzt?", erkundigt ich mich in der (zugegeben nicht sehr großen) Hoffnung, dass zumindest einer von den Beiden mir eine zufriedenstellende Antwort geben konnte.
"Ihn suchen natürlich. Was denn sonst? In einen trockenen Aquapark fahren?"
Es klang als wäre das für Phil selbstverständlich.
"Aber er hat doch gesagt..."
Das typische Grinsen erschien wieder auf seinem Gesicht. Ein gutes Zeichen.
"Ich hab in meinem ganzen Leben noch nicht einmal auf Jake gehört. Warum sollte ich ausgerechnet jetzt damit anfangen?"

Ich war die Letzte, die schmale Strickleiter des Baumhauses herunter klettert. Der Garten der Spirits lag still, nicht einmal der kleinste Lufthauch bewegte die Blätter der Eiche und ich brauchte einige Sekunden um zu realisieren, warum mich das störte: Es war zu ruhig. Unnatürlich. Seltsam. Bedrückend.
Der Geruch von frisch gemähten Gras lag schwer in der Luft.
Phil blickte mich an.
"Hat einer von euch eine Idee wo Jake sein könnte?"
Ich schüttelte ratlos den Kopf, nicht nur um zu signalisieren, dass ich keine Ahnung hatte, sondern auch um dieses seltsame Gefühl loszuwerden... "Wir könnten im Wald anfangen zu suchen"
Phil machte einige Schritte auf mich zu und ich erwartete fast schon seine Schritte im Gras nicht zu hören. Was war denn los mit mir? Entwickelte ich jetzt auch noch eine... Stillephobie?
"Kommt es nur mir so vor oder ist das Wetter heute ein bisschen seltsam?" Erleichtert atmete ich auf. Wenn Nady das ähnlich sah, war ich wohl doch nicht so geisteskrank wie ich es kurzzeitig gedacht hatte. Es sei denn natürlich wir waren beide geisteskrank... Phil legte den Kopf schief.
"Wir haben gerade andere Probleme. Genau genommen steht das Wetter gerade ganz unten auf meiner Problemliste. Direkt nach dem MP3-Player den ich mir mal...ähm... von dir geliehen habe"
Nady schnaubte.
"Kein Wunder, dass ich den nicht mehr finden kann..."
Das Lachen, was meiner Kehle entwich , klang so gestellt, dass ich mich selbst dafür schämte.
"Also, gehen wir jetzt in den Wald oder...?"
Ich brachte den Satz nicht zu Ende, denn Phil hatte unauffällig meine Hand genommen . Ich zuckte zusammen, zog sie weg und blickte ihn schief an. Anscheinend war nicht nur das Wetter heute seltsam. Seine Miene veränderte sich nicht, nur seine Mundwinkel zuckten kurz.
"Ja, genau das tun wir. Und zwar möglichst schnell, Sternchen"
"Du sollst mich nicht so nennen!"
"Das ist mir egal..."

Wir folgten Nady die totenstille Straße entlang. Kein Vogel sang und piepte auch nur und wir begegnen niemanden, nicht einmal dem obligatorischen, heckeschneidenen Rentner, der einen grundsätzlich aufhält und in ein Gespräch verwickelte, wenn man es gerade einmal richtig eilig hat.
"Hier stimmt doch irgendwas nicht...", murmelte ich vor mich hin und wünschte mir fast schon Phils unmusikalisches Pfeifen oder das Klingeln eines Handys herbei. Diese vollkommende Stille machte mir Angst. Selbst das Licht der Sonne kam mir mit einem Mal trügerisch und kalt vor.
"Korrektur"
Ich redete weiter mit mir selbst und kam mir wieder einmal vollkommen irre vor.
"Hier stimmt irgendetwas ganz und gar nicht"
Nady und Phil, die einige Meter vor mir hergingen, schienen mich nicht zu hören und ich war auch ganz froh darum. Als ich urplötzlich einen spitzen Schrei hörte, hätte ich beinahe selber einen Herzinfarkt bekommen.

"Oh Gott! Du bist es nur... Meine Güte..."
Nadys grüne Augen waren vor Schreck immer noch geweitet. Sie hatte geschrien eine, meiner Ansicht nach, ein wenig übertrieben Reaktion.
"Wo komnst du denn auf einmal her?!"

Elizabeth antwortete nicht sofort, sondern verzog ihre kirschroten Lippen zu einem wissenden Lächeln. Es war unheimlich wie selbstsicher sie da an die Hauswand gelehnt stand. Die Brise, die durch ihre halblangen schwarzen Haare strich schien der einzige Wind weit und breit zu sein. Aus einem unbestimmten Grund lief mir bei ihrem Anblick ein eiskalter Schauer über den Rücken.
"Interessant euch hier zu treffen", sagte sie schließlich in einem unpassendem Plauderton.
"Interssant ist wohl das richtige Wort"
Phils Stimme war so leise, dass sie es wahrscheinlich nicht einmal hörte. Die Feindseligkeit in der Luft war fast schon zu schmecken.
"Schönes Wetter heute, oder?"
Ich verspürte plötzlich das Bedürfnis Elizabeth für diesen abwertenden Plauderton zu erschlagen...

Phil seuftzte.
"Nimm dir Fünfzig Penny und quatsch die nächste Parkuhr voll. Wir haben gerade Besseres zu tun"
Er klang dabei nicht einmal unfreundlich. Anscheinend wollte er sich Elizabeths Plauderton anpassen, vielleicht einfach um ihr zu zeigen, wie provokant das war.
"Ach"
Sie klimperte unschuldig mit ihre langen dunklen Wimpern.
"Ihr seid doch nicht zufällig auf der Suche nach eurem Kumpel Wie heißt er noch gleich...Jake, oder?"
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Phil neben mir erstarrte. Nady fuhr sich durch das rote Haar.
"Genau genommen ist es aktuell nur mein Kumpel..."

Elizabeth schien das nicht wirklich zu interessieren.
"Naja, ich könnte euch vielleicht helfen"
Oder du könntest dir deinen Pseudofreundlichkeit sonst wohin stecken...
"Dann weißt du also, wo er ist?"
Phil hatte den Plauderton aufgegeben.
"Ich sagte Vielleicht..."
"Und was heißt das genau?", fragte ich und bemühte mich nicht einmal an ihren Plauderton anzupassen.

"Vielleicht heißt vielleicht, blau heißt blau und Stern, lieb Mia, heißt Stern"
Oh. Mist.
"Woher weißt du davon?!"
Sie legte eine Kunstpause sein und versuchte weiterhin Mona Lisas Lächeln zu kopieren. Gemeinerweise schaffte sie das auch.
"Weißt du, Geheimhaltung sollten wir wohl noch einmal üben..."
Ich verdrehte die Augen.
Als ob ich irgendetwas mit Elizabeth üben wollen würden...

Nady machte einige Schritte auf sie zu. In der unheimlichen Stille erinnerte sie mich an einen dieser alten Westerfilme. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn die beiden sich jetzt duelliert hätten oder ein Steppenläufer vorbei geweht wäre.
"Du hälst es also nicht für notwenig uns zu sagen, wo er ist?"
Nady sah aus, als würde es ihr schwer fallen auch nur halbwegs ruhig zu bleiben.
Elizabeth lachte wieder.
"Doch. Aber nur wenn ihr bereit seid, mir dafür einen klitzekleinen Gefallen zu tun..."

Wieder etwas kürzer :) Ich hatte euch ja vor einigen Kapitel gefragt, wer eure Lieblingsfigur ist (Danke für die Antworten, die meisten waren übrigens für Phil ^^) Und jetzt würde es mich interssieren welche Figur ihr bissher am meisten verabscheut :) Danke für votes, reads und Kommentare, ihr seid die Besten ♡

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Where stories live. Discover now