33: Laufen...

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Es sollte verboten sein, bei schönem Wetter Hausaufgaben auf zu bekommen. Hausaufgaben sollten generell verboten sein. Deprimiert ließ ich den Bleistift fallen. Das Eizige, was ich in der knappen halben Stunde, in der ich schon an Mathe saß zustande gebracht hatte, waren Zeichnungen von verschnörkelten Blumen. Und die sahen nicht einmal besonders gut aus. Draußen lachte die Sonne und die Vögel zwitscherten, als lachten sie mich aus. Das war doch zum verrückt werden! Sehnsüchtig dachte ich an Alice. Die hatte mit ihrem tollen Buch sicherlich viel Spaß, während ich mich hier mit irgendwelchen komischen Gleichungen herumschlagen musste. Warum tat ich mir das überhaupt noch an? Frustriert stand ich auf. Sollte mir Mathe doch den Buckel herunter rutschen. Stattdessen sillte ich hinaus in die Welt gehen, Spaß haben und Freunde finden, so wie jeder Andere in meinem Alter. Oder ich ging in die Bibliothek, holte mir ein gutes Buch und ging in den Garten um es zu lesen. Ja, dass klang gut...

"Na, Sternchen?" Erschrickt fuhr ich zusammen "Phil! Meine Güte, guckst du den Leuten immer über die Hecke in den Garten?" Seine grauen Augen funkelten schelmisch "Manchmal..." "Was tust du überhaupt hier?" "Joggen. Und ich wollte dich fragen, ob du mitläufst" Ich lachte laut auf "In solchen Momenten wird mir wieder klar, dass du mich noch nie beim Sport gesehen hast..." "Wieso?" "Ich bin schlich und einfach schlecht im Laufen. Ich hab nicht einmal anständige Laufsachen..." Ich war mir nicht sicher, ob er mir überhaupt zuhörte. "Ich hab schon eine tolle Schrecke, das wird... warte du hast keine Laufsachen?" "Nein" Phil zog die Brauen hoch "Okay, du bist ein komischer Mensch... Aber für jedes Problem gibt es eine Lösung. Sag ich jetzt zumindest mal. Du kannst dir die Sachen doch einfach von Jake...äh... borgen" "Bestimmt nicht" "Dann nimm meine und ich borg mir welche von ihm" "Was?! Das kann doch nicht..." Phil war bereits über die Hecke geflogen und direkt vor mir gelandet. "Wieso nicht?" "Weil... weil, das doch nicht geht!" "Natürlich geht das. Soll ich es dir beweisen" "Nein, das ist ein ganz schlechte Idee" "Okay, mal sehen ob Jakes Sachen mir passen" "Phil!" Aber natürlich hörte er nicht auf mich. Stattdessen grinste er mich provokant an "Bis gleich Sternchen"

"Deine Sachen stinken" "Der Geruch der Freiheit?" "Nein. Alter Schweiß" "Ist das Oberteil wenigstens schön luftig" "Spar dir deine Witze..." Hechelt wie Darth Vader nach einem Hunderzmetersprint versuchte ich mit Phil Schritt zu halten. Es gelang mir ganz und gar nicht. Während ich Mühe hatte überhaupt zu überleben schien er nicht ein bisschen aus der Puste zu sein.

"Schneller! Selbst der am schlimmsten riechende Anzug kann doch niemanden so langsam machen" Der hatte gut reden. Ich hatte ihm doch von Anfang an gesagt, dass ich eine schlechte Läuferin war. Außerdem rochen Phils Sachen nicht nur wie eine drei Jahre alte Pizza in einer Turnhose, sondern waren mir auch noch gefühlte drei Kilometer zu groß. Die Hosenbeine hatte ich hochgekrempel und statt Phils großen Laufschuhen trug ich meine bequemen Snickers, die zwar keine guten Sportschuhe waren, aber zumindest nicht als Boot benutzen werden konnten. "Ich hätte darauf hören sollen, als du sagtest du wolltest nicht laufen" "Selbst schuld!", fauchte ich. Meine Lungen brannte und ich gönnte mir eine kleine Pause. "Schon wieder eine Pause?" "Lauf doch alleine weiter!" "Mia...So war das nicht gemeint..." Phil kam langsam wieder in meine Richtung zurück. Zwischen uns herrschte für einige Momente wiedereinmal Schweigen. "Soll ich dir was veraten?" setzte er schließlich an "Du kannst zwar ungefähr so gut laufen wie ein Nashorn..." "Na, Dankeschön" "...aber trotzdem ist es mit dir viel lustiger als mit Jake" "Weil Superman sich dann so überlegen fühlen kann oder wie?" Er grinste "Nein. Nicht deshalb..."

"Du wirst besser" "Nein. Ich fühl mich, als hätte man mich aus dem Bett geschmissen, einmal durch einen Schrottplatz gezogen und in einen See geworfen. Und du bist ein verdammter, kleiner Lügner" Phil grinste "Wahrscheinlich hast du Recht" "Ich kann nicht mehr" "Du musst nur wollen" "Ich will aber nicht! Bring mich nach Hause!", bettelte ich und fühlte mich erbärmlich. Ich hatte keine Power und absolut keine Ahnung mehr, wo wir hingelaufen waren "Lauf doch" Ich blieb erneut mitten auf der Straße stehen "Kannst du mich nicht fliegen?" "Flieg doch selber" "Ich kann aber nicht fliegen, falls es dir noch nicht aufgefallen ist"

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Where stories live. Discover now