21: Regen

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Ich gähnte und schielte auf meinen Wecker. Fünf Uhr morgens, was für eine unmenschliche Zeit! Trotzdem schwang ich meine Beine aus dem Bett, mir war alles Recht, wenn ich dafür nur nicht mit Jake zusammen stoßen musste. Wieso? Ich war stockwütend auf diesen Typen! Er hatte gewusst, dass ich nicht der Feuerschatten gewesen war und mir einfach nichts erzählt. Hätte ich nicht zufällig das Gespräch zwischen ihm und Bea belauscht, wüsste ich es wahrscheinlich immer noch nicht.

Müde schlurfte ich ins Bad und spritzte mir etwas kaltes Wasser im Gesicht, um zumindest ein bisschen wach zu werden. Nicht einmal die Klospülung betätigte ich, um niemand, vor allem nicht Jake, aufzuwecken. Allerdings rutschte ich dummerweise auf der Treppe auf und landete mit einem Knall auf meinem Hinterteil. Okay, die Mission "leise sein" war damit offensichtlich gescheitert.

"Schönen guten Morgen"
Jake erwachtete mich, wach wie eh und je in der Küche. Schlimmer noch, er besaß auch die Frechheit, mich anzugrinsen, als wäre fünf Uhr morgens eine Uhrzeit an der auch nur irgendjemand gut gelaunt sein konnte. Anscheinend war er sogar noch früher aufgestanden. Wenn er überhaupt geschlafen hatte, vielleicht war er ja auch ein Alien. Oder ein Vampir.
"Willst du dir vor dem Frühstück nicht lieber noch mal die Haare kämmen?"
Ich antworten nicht, sondern ging demonstrativ an ihm vorbei. In meinem Inneren brodelte es, ich hätte Jake gerne angeschrien beherrschte mich jedoch.
"Bist du wütend?"
Bist du blöd? Das war doch nun mal mehr als offensichtlich! Seit wann interessierte er sich überhaupt für mich? Ich schnaubte und drehte um. Eigentlich hatte ich vor gehabt, mir eine Schüssel Müsli zu machen, stattdessen verließ ich die Küche  wieder, nicht ohne Jake weiterhin gekonnt zu ignorieren. Ich konnte fast schon spüren, wie er mir nachschaute.

Um Jake nicht  noch einmal in die Arme zu laufen, verließ ich das Haus so schnell ich konnte, was leider bedeutete, dass ich meine Jacke Zuhause vergass. Ich verfluchte alle meine nicht vorhanden Glückssterne als es, genau auf dem kleinen Stück das ich zur Bushaltestellen zu laufen hatte, anfing zu regnen. Zum ersten Mal war ich froh, dass die Schuluniform eine so dunkle Färbung besaß, denn auch wenn mir diese nicht wirklich gut zu Gesicht stand (Okay, es stand mir überhaupt nicht) sah man durch die durchnässten Kleidungsstücke, zum Glück keinen Teil meiner Unterwäsche. Nass wurde ich trotzdem.

Natürlich war ich die Einzige die zu einer solchen Uhrzeit schon an der Bushaltestellen stand. Das Dach des kleines Häuschens war undicht und ich konnte hören und fühlen wie der Regen herein tropfte. Naja, zumindest vor dem Wind war ich hier geschützt. Ich hatte weder ein Handy, noch sonst irgendetwas womit ich mich hätte beschäftigen können, so dass ich anfing die an die Wände geschrieben Sprüche zu lesen. Susy liebt Adam...Malcom war hier... Alle hassen Jake... Ich musste grinsen. Den Spruch hätte ich nur zu gerne fotografiert.

"Hi"
Ich runzelte die Stirn.
"Alec, du bist aber früh hier"
Er zuckte mit den Schultern.
"Bin ich eigentlich immer. Ich kann Nadys frühmorgendliche schlechte Laune nie lange ertragen..."
Alec fragte nicht, was ich um diese Uhrzeit hier machte, sondern ließ sich auf die kleine Bank fallen und schlug sein Buch auf. Ich versuchte den Titel zu entziffern, der Umschlag war jedoch so vergilbt, dass mir das nicht gelang.
"Was liest du da?"
Alecs blickte auf.
"Ein Buch"
"Das war mir auch schon klar"
"Irgendso ein alter Schinken, der dich so oder so nicht interssieren würde" Und damit war unser Gespräch beendet und ich fiel wieder in den Langeweilemodus.

Langsam fühlte sich die Bushaltestellen mit Leben. Als der Bus anfuhr, hatte ich Jake kein einziges Mal gesehen und war extrem glücklich darüber. Alec setzte sich neben mich, las jedoch, während ich den Regen, der an die Scheibe prasselte beobachtet. Ich stellte mir vor, die jeder dieser kleinen Tropfen an dem Rand der Wolken stand und überlegte, ob er herunterspringen sollte. Mit dem Finger malte ich genauso eine Wolke auf die beschlagende Scheibe. Falls ich jetzt ermordet wurde, konnte man davon bestimmt wunderbare DNS - Spuren von mir erhalten. Als wir an der Schule ankamen war meine Uniform kein bisschen getrocknet und es regnete immer noch.

Wir hatten in der ersten Stunde Mathe und allein das wäre schon Strafe genug gewesen. Dass ich diesen Kurs zusammen mit Jake hatte, war dagegen pure Folter.
"Glaubst du es fällt auf, wenn ich auf die Toilette gehe und einfach nicht wiedet komme?", zischte ich.
Alice blickte von ihren Aufgaben auf. "Wieso?"
Nervös trommelte ich mit einen Fingern auf die Tischkante, bis mich mindestens fünf meiner Mitschüler böse anstarrten.
"Ich bin nicht der Feuerschatten" Alices blauen Augen weiteten sich "Was? Wie kommst du denn darauf...?"
"Bea und Jake haben gestern darüber gesprochen"
"Und du hast gelauscht?"
Ich nickte.
“Jetzt bist du wütend..."
"...Auf Jake..."
Es war mir wichtig das noch einmal zu betonen.
"...weil er dir nichts erzählt hat", beendete meine Freundin.
"Ganz genau"
Alice beugte sich wieder über ihre Aufgaben.
"Ich würde mir das nicht so zu Herzen nehmen. Jake ist nun einmal so, er hat seine Geheimnis und erzählt sie niemanden. Nicht einmal Leuten, mit denen er befreundet ist“
“Wir sind nicht befreundet“
“Eben"
Ich verdrehte die Augen.
"Dagegen hab ich ja auch eigentlich nichts, solange es um seine Geheimnis geht... Aber das hätte er mir ruhig einmal früher erzählen können"
"Ja, hätte er. Aber wir haben jetzt wirklich andere Probleme"
Das vertraute kratzen auf dem Papier verstummte und Alice blickte auf. "Denn wenn du nicht der Feuerschatten bist, müssen wir uns fragen: Wer ist es dann?"

Ich weiß, das ist schon wieder so kurz geworden... Tut mir Leid. An der Stelle noch einmal ein riesen Dankeschön an alle die das hier lesen, voten und/oder kommentieren :)

Im Kreis der Elemente {Unüberarbeitete Fassung} Where stories live. Discover now