Ein neuer, alter Freund

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Am nächsten Morgen teilte ich Naotomeine Entscheidung mit, er wirkte glücklich und ich? Ich war, neinbin, ich bin mir unsicher. Ich will Kisaki töten, und doch fürchteich den Moment wenn ich vor ihm stehe. Dennoch griff ich Naotos Handund schon finde ich mich wieder im Jahr 2005 wieder. Ich wachte inmeinem Zimmer auf, müsste eigentlich zur Schule. Also wusch ichmich, zog meine Schuluniform an und ging in die Küche. Mama, Papa,es tut mir leid. Doch heute wird euer Sohn etwas schrecklichesmachen, was euch verstören wird. Und doch habe ich keine Wahl. Ichgriff ein Messer und warf es in meine Tasche.

Nach ein paar SMS fand ich schnellheraus in welchen Krankenhaus Kisaki lag, die Schule würde mich andiesen Tag nicht sehen, mein Plan war ein anderer. Also fuhr ich mitdem Zug quer durch Tokio, bis ich endlich am Hospital ankam. Dank derfreundlichen Pfortenmitarbeiterin fand ich den Weg schnell zumZimmer 34. Hier lag er, Kisaki. Ich klopfte einmal an, trat dannhinein. Und da lag er, seine Haare waren total durcheinander, er trugeinen Kopfverband, in seinem Gesicht waren mehrere Hämatome. SeinBlick war verwundert, überrascht. Mit mir hatte er wohl nichtgerechnet. „Hallo? Kennen wir uns?" Ich zuckte zusammen. Was zumHenker laberte er da? „Ich bin es, Takemichi." „Sind wirFreunde oder so etwas?" Ich stockte, brachte keinen Schritt vor denanderen zu stande. „Oh, du scheinst es noch nicht zu wissen. Mamawollte eigentlich all meinen Freunden bescheid geben. Ich hatte wohleinen Unfall oder so, auf jeden Fall leide ich an einer Amnesie. Ichkann mich an nichts erinnern. Sei mir bitte nicht böse, aber ichweiß nicht wer du bist. Ich habe gestern nicht einmal meine eigeneMutter erkannt. Das ist mir sehr unangenehm."

Er wusste nicht wer ich bin? Wer seineMutter ist? Er war nicht in der Lage sich zu erinnern? Meine Kniewurden ganz weich, noch immer stand ich im Raum herum und starrte ihnnur an. Er hatte sich inzwischen hingesetzt und lächelte mich sogaran. Er wirkte so nett und unbekümmert. Dachte er wirklich ich wäresein Freund? Ich könnte ihn doch jetzt nicht mehr erstechen. Sollteich es durchziehen?! „Woher kennen wir uns denn, Takemichi?" Ersah so, so, nicht-Kisaki-mässig aus. Wie sollte ich es beschreiben?Er wirkte so nett und unschuldig, schwach und hilfsbedürftig. Wie erso da saß und lächelte. „Ehrlich gesagt hatte ich mir Sorgengemacht. Mutter sagte zwar das sie all meinen Freunden bescheid gebenwürde, ich aber nicht auf Besuch hoffen sollte. Ich hatte das Gefühldas sie mir nicht sagen wollte das ich gar keine Freunde habe. Aberjetzt bist du ja da, ich bin wirklich erleichtert." Ich ging aufihn zu, nahm den Stuhl und setzte mich neben ihn. „Und du kannstdich an gar nichts erinnern?" „Nein, der Arzt meinte dasErinnerungen oftmals zurück kommen, aber das dauert. Allerdings hater auch darauf hingewiesen das es immer wieder Fälle gibt, die sichnie wieder an das frühere Leben erinnern können. Das macht mir einwenig Angst. Im Moment kann ja jeder kommen und behaupten mich zukennen oder mein Freund zu sein. Ich fühle mich ein bisschen... achegal." Er war noch immer so scharfsinnig wie zuvor, doch auch vielverletzlicher. Oder war er das schon immer? Der alte, nein, derrichtige Kisaki hätte seine Gefühle vermutlich nie nach außengetragen, war das der innere Kisaki? Der normale Junge? Weit weg vonBöswilligkeit? Und warum vertraute er mir? Wirkte ich so vertraut?Oder war er schlicht verzweifelt, weil er fürchtete allein zu sein?Egal, ich sollte diese Situation ausnutzen und für mich nutzen. „Sagmal, schwänzt du die Schule wegen mir?" Seine Stimme hatte etwaszwischen Freude und Sorge. Irgendwie musste ich lachen, er war einnormaler dreizehn Jähriger Junge. Er hatte etwas niedliches. „Naklar! Ich wollte doch sehen wie es dir geht. Du hast ja einenordentlichen Schlag abbekommen." Verwundert starrte er mich nun an.„Du weißt was mit mir passiert ist? Die Polizei sagte sie würdenoch ermitteln. Man meinte ich wäre in einer Schlägerei zwischenzwei Gangs geraten. Ich hätte eine Ganguniform getragen. Aber malganz ehrlich, das klingt doch total absurd. Ich sehe aus wie ein Nerdund gehe auf die Schule für Hochbegabte. Ich denke eher das man michgezwungen hat den Scheiß anzuziehen und mich dann in ein Vierteleiner gegnerischen Gang hat laufen lassen. So muss es gewesen sein.Ich meine, ich sehe doch aus wie ein Typ, den man sonst verprügelt.Oder?" Er lachte, schien sich schon selbst eine Erklärung zusammengelegt zu haben. Ich hingegen brodelte. „Ja, du hast ein Gesicht indas ich gerne mal rein schlagen würde." Sofort zuckte er zusammen,seine Stirn in Falten gelegt. „Ich meine, du weißt schon. Wie wirJungs das halt machen!" „Oh, ähm, klar." Mist, ich hoffte ichhatte es jetzt nicht mit einen unbedachten Satz ruiniert. Bis ebenwirkte er so, als würde er mir blind vertrauen. Doch nun schien erso, als versuchte er etwas Abstand zu gewinnen. Stille. Ich mussteetwas tun damit er mir wieder vertraut. „Wann kommst du denn ausdem Krankenhaus wieder raus?" „Ich weiß nicht so ganz, ichglaube ein paar Tage muss ich noch bleiben." „Da-Dann bringe ichdir deine Hausaufgaben. Und warte, ich schreibe dir meine Nummer auf,und dann rufst du mich an, wenn du etwas brauchst. Ich komme nach derSchule hier her, okay? Ach ja, und in welche Klasse gehst du nochmal?" Ich lächelte ihn an, und Kisaki schien erst verdutzt,lächelte aber dann zurück. „8c. Du scheinst mir ja vergesslicherzu sein als ich." Wir lachten und letztendlich verabschiedete ichmich. Ob das alles so gut geht?

Knock outWhere stories live. Discover now