Warum?

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Endlich ließ ich mich ins warme Wasser gleiten. Es tat wirklich gut sich in den heißen Pool mit seinen vielen Massagedüsen zu setzen. Das musste ich Naoto lassen, er gab wirklich gute Tipps. Entspannt und ein wenig übermüdet ließ ich mich tiefer in den Pool sinken und genoss die vielen Wasserdüsen, die dabei waren meinen Körper ordentlich durch zu rütteln. Gerade meine Verspannungen im linken Bein als auch im Rücken fingen an sich zu lösen. An sich ging ich ja gerne ins Schwimmband, im Wasser konnte ich mich so frei und ungehindert bewegen wie alle anderen. Allerdings gab es zwei Vetos. Das eine war, das ich mich dafür entkleiden musste. Mit nur einer Badehose bekleidet fühlte ich mich nackt und den Blicken Anderer ausgesetzt. Hinzu kam die Frustration. Denn immer wenn ich im Wasser war und mich fließend, mit Leichtigkeit bewegte, vergaß ich für einen Moment wie schwerfällig ich am Land war. Kaum zerrte ich meinen schweren Körper aus dem Schwimmbecken landete ich wieder mit voller Kanne auf dem Boden der Tatsachen. Ich hasste dieses Gefühl und doch schloss ich meine Augen um die Ruhe zu genießen.

Eine weitere Person stieg zu mir in den Pool, ich schenkte der Person keine Beachtung, dieser Bereich konnte von Jedermann genutzt werden und gehörte mir nicht. Also blieb ich ruhig sitzen, öffnete nicht einmal meine Augen. Ich wollte ausruhen und entspannen. Dennoch spürte ich Blicke die an mir hafteten. Weiterhin ignorierte ich die Person. Ein Räuspern. Nein. Ich würde mich hier nicht vertreiben lassen. "Kisaki?" Ich riss meine Augen auf, richtete meinen Kopf auf und sah doch tatsächlich Takemichi, der sich mir Gegenüber setzte. "Was für ein Zufall das du auch hier bist.", sagte er lächelnd und auch wenn es durchaus gut gespielt war, erkannte ich das es kein Zufall war. Naoto. Er hatte mich reingelegt. Ich wusste das die beiden sich irgendwie kannten, doch ich ahnte nicht das er mit Hanagaki unter einer Decke steckte. "Ich nehme eher an das ich auf Naotos Trick reingefallen bin." "Das war eher mein Trick, sei ihm nicht böse." Ich schnalzte genervt mit der Zunge. Was für eine unangenehme Situation. Sollte ich einfach gehen und somit Schwäche zeigen? Oder sollten wir uns nun anschweigen? Dazu, wenn ich aufstehen würde, würde er meine Narben am Rücken sehen. In der Regel war es mir egal, doch Takemichi sollte sie nicht sehen. Ich konnte den Grund nicht genau benennen, vermutlich weil ich ihm nicht zeigen wollte das er mir schaden konnte, oder war es etwas anders? Waren mir die Narben vor ihm unangenehm? Erinnerten sie mich an etwas?


Er versuchte mich offensichtlich zu ignorieren und scheiterte. Ich konnte ihn verstehen, vermutlich würde ich mich ähnlich verhalten. Wie könnte ich es schaffen doch mit ihm zu reden ohne ihn den Tag zu versauen? Oder hatte ich es schon getan? Nein, darüber würde ich mich den Kopf nicht zerbrechen. Ich hatte eine Mission, eine neue Mission.

"Ich dachte das die Therme dir gefallen könnte. Ich habe gehört das viele Leute herkommen, wenn sie unter chronischen Schmerzen leiden." "Und dann hast du natürlich an den Krüppel gedacht.", sagte er gehässig und warf mir dabei einen bösen Blick zu. Doch das störte mich nicht. Nicht wie er es sagte, oder wie er es meinte. Mich störte es wie er sich selbst bezeichnete. Krüppel. Ich wollte nicht das er das sagte. Doch ich konnte es ihm nicht verbieten. "Ich dachte an einen alten Freund dem ich schadete." "Wir waren nie Freunde." "Da hast du leider recht. Ich war nicht dein Freund. Aber du warst meiner. Dieses Mal möchte ich dir ein Freund sein.", sagte ich ehrlich und hoffte so reuevoll wie möglich zu klingen. Er schien überrascht, seine Augen weiteten sich kurzzeitig, dann schaute er zur Seite. Erneut ein genervtes Schnalzen gepaart mit einem ausgiebigen Augen rollen. "Kisaki. Bitte. Es tut mir leid."

Stille. Er sagte nichts, und auch ich schwieg. Irgendwann, nachdem es sich anfühlte als würden wir eine Ewigkeit hier sitzen, schaute er mich an. "Wie soll das funktionieren? Wie soll ich dir vertrauen? Du hattest mich die ganze Zeit über angelogen, mich erst manipuliert, dann verprügelt und zu guter Letzt abgestochen. Wie soll ich dich jemals wieder als Freund sehen?" "Schon allein weil du diese Frage stellst bin ich mir sicher das gerade darüber nachdenkst es zu versuchen." Ich lächelte milde. Ja, das waren meine Gedanken und Gefühle zu seiner Reaktion. Wer so sprach, der hatte solche Gedanken. "Natürlich dachte ich schon tausend Mal darüber nach. Ich wollte dir einen Brief schreiben, als du im Gefängnis warst. Doch was hätte ich schreiben sollen? Und auch in den vergangenen Jahren fragte ich mich immer was wohl aus dir wurde. Und dann fragte ich mich: Ob er auch an mich denkt? Ob er sich fragt wie es mir geht, was aus mir geworden ist? Warum meldet er sich nicht? Wenn es ihm leid tut, warum hat er es nie gesagt? Und das wichtigste von allen: Warum tat er es überhaupt?" Warum. Das konnte, nein, das durfte ich ihm doch nicht erklären. Es war zu verworren, zu seltsam. Wie sollte er es mir glauben. "Ich kann dir keine Antwort auf das "warum" geben. Es tut mir leid." "Aber wieso nicht?! Du musst dir damals doch etwas dabei gedacht haben! Wieso hast du mir damals ins Gesicht geschlagen! An dem Tag, am Parkplatz, ich wollte dir sagen das ich in dich verknallt bin. Warum hast du das getan?!"

Er wollte es mir damals sagen? Ausgerechnet an diesem Tag. An diesem Ort. Ich spürte wieder den Zorn in mir aufsteigen. An dem Ort, an dem er Hina tötete, wollte er es mir sagen? Wollte ich ihn wieder schlagen? Nein. Ich wollte mich selbst schlagen. Ich hatte ihn damals schon so weit gebracht, ich hatte es geschafft das er in mich verliebt war. Ich hätte es damals friedlich beenden können. Das ganze. Niemand wäre verletzt worden. Niemand hätte leiden müssen. Ich fuhr mir durch das Gesicht. Ich sollte ihn eigentlich antworten, doch ich musste an seine Worte denken. Er wollte mir sagen das er in mich verknallt war. Was waren das für Gefühle die in mir frei gesetzt wurden? Warum fühlte ich mich so leicht, und glücklich? Warum freute es mich?

"Takemichi." Ich reagierte nicht. "Takemichi!" "mh?" "Könntest du den Anstand besitzen dich umzudrehen? Ich möchte den Pool verlassen." Ich war noch immer so wegen meinen Gefühlen Perplex, dass ich einfach tat worum er mich bat. Ich drehte mich um und schaute auf das Kinderschimmbecken. Hinter mir hörte ich wie Kisaki aus dem Pool stieg und sich wohl nur schwerfällig davon machte. Doch wirklich realisierte ich es nicht. Was fühlte ich gerade? Und warum?


Knock outOnde histórias criam vida. Descubra agora