Day 1

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Als ich das Gebäude betrat, kam mir sofort der starke Geruch von Desinfektionsmittel entgegen.

Es war eine seltsame Atmosphäre hier drinnen. Nicht so, wie in einem normalen Krankenhaus, aber auch nicht so, wie man sich einen Ort vorstellte, an den kranke Leute zum sterben kamen.

In Filmen sah man dann immer überall Taschentücher und verheulte Gesichter und aus jeder Ecke erklang ein neues Schluchzen, doch wie in vielen weiteren Situationen, unterschied sich die Realität stark davon.

Es gab keine schniefenden Menschen, die darauf warteten ihre Bekannten zu sehen und das einzige Geräusch weit und breit war das leise Rauschen einer Klimaanlage.

Ich sah mich ein wenig in dem leeren Gang um und versuchte mich an irgendeinen nützlichen Hinweis für die jetztige Situation zu erinnern, doch diese Leute hatten mir absolut nichts praktisches gesagt!

Okay, okay vielleicht hatte ich die ein oder andere Sekunde auch einfach nicht aufgepasst, aber diese Typen hätten mir ja wenigstens eine Liste oder sowas in der Art mitgeben können! Einfach irgendwas, damit ich jetzt nicht wie ein Idiot in dem leeren Gang herumstand und mit mir selbst diskutierte, was ich als nächstes Tun sollte.

Schließlich entschloss ich mich dafür, auf eine Art Theke am Ende des Flures, die wohl die Rezeption darstellen sollte, zuzulaufen und hielt auf der glatten Holzoberfläche nach einer Klingel oder sowas Ausschau, womit ich jemandem über meine Präsenz informieren könnte.

Ich entdeckte zwar keine Klingel, doch dafür war da so ein flaches elektronisches Pad, welches sofort meine Aufmerksamkeit ergatterte, auf dem die leuchtenden Worte "Drück mich!" aufragten. Mit meiner angeborenen Neugier, die der einer Babykatze entsprach, konnte ich diesem Drang nicht widerstehen und presste kurz meine Fingerspitze auf die schwarze Oberfläche.

Wenn es darauf stand, dann konnte doch nicht so viel schiefgehen, oder?

Na schön, vielleicht hätte ein bisschen was schiefgehen können. Was wenn das einer von diesen Alarmknöpfen für einen Amoklauf waren und die Polizei jetzt wegen mir auf dem Weg hierher war? Nah, eher unwahrscheinlich! Wer würde denn schon im Pflegeheim Amok laufen?
Warte...Vielleicht war das hier ja auch gar kein Pflegeheim, sonden ein geheimes Forschungslabor? Womöglich hatte ich gerade verschlüsselte Daten an einen fremden Planeten gesendet?
Yup, klang doch schon viel spannender!

Ich musste zugegebn, ich war etwas enttäuscht als sich die Tür hinter der Rezeption öffnete und eine ganze normale Frau im weißen Kittel herauskam.

Mit schlurfenden Schritten bewegte sie sich in meine Richtung und ließ sich dann wortlos auf den schwarzen Bürostuhl fallen, der unter ihrem Gewicht protestierent knackte.

Fast in Zeitlupe hob sie ihren Kopf und wenn ich sagte, dass diese Frau müde aussah, dann war das eine schwer zu übersehende Untertreibung. Die dunklen Ringe unter ihren Augen waren zu ganzen Mustern mutiert, die meine Mathematiklehrerin stolz gemacht hätten, ihre Haut war fahl wie ein Stück Kreide und ihre blonden Haare, hingen ihr schlapp im Gesicht herum, so als hätte sie ihnen mit einer Rasur gedroht, wenn auch nur eine Strähne ihren Platz verließ.

Wahrscheinlich war sie einer dieser Krankenschwestern, die 3 Tage am Stück ohne Schlaf durcharbeiteten.
Wenn ich uns beide so verglich, dann fühlte ich mich ehrlich gesagt schon ziemlich verwöhnt.

Noch immer sagte sie kein Wort, womöglich war sie einfach zu erschöpft zum Sprechen, sondern veränderte nur leicht ihre Mimik, um mir zu verdeutlichen, dass ich endlich reden sollte, anstatt weiterhin ihre Zeit zu verschwenden.

Ich räusperte mich einmal und fuhr mir geschmeidig durchs Haar.

Du musst an deine sozialen Fähigekeiten denken, Keigo! Einfach nett lächeln und höflich bleiben und diese ganze Sache ist schneller um, als du dir vorstellen kannst!

14 Days Of SummerWhere stories live. Discover now