Day 9

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Schon kurz nach dem Aufwachen hatte ich gespürt, dass heute etwas anders war.

Etwas lag in der Luft. Etwas, das all die Tage zuvor noch nicht da gewesen war. Es kündigte sich mit einem flauen Gefühl in der Magengegend an und wandelte sich schnell in eine regelrechte Paranoia um.

Es war nicht das erste Mal in meinem Leben, dass ich etwas in dieser Art verspürte, immerhin hatte ich einen guten Riecher für Probleme. Mittlerweile wusste ich ganz genau, was es bedeutete. Es war die böse Vorahnung, dass heute etwas unschönes passieren würde.

Als ich ein dumpfes Knallen hörte und aus dem Badezimmer heraus trat, um nachzusehen, was das Geräusch ausgelöst hatte, war ich dennoch überrumpelt und vollkommen geschockt von dem Anblick, der sich mir nun bot. Besser gesagt, den Toya mir bot.

Der Schwarzhaarige hatte sich schon seit heute morgen nicht gerade blendend gefühlt. Er hatte es mir nicht direkt gesagt, doch ich hatte es in der Art erkannt, wie er alle seine Bewegungen scheinbar völlig unnötig in die Länge zog und langsam, wie ein Faultier durch das Wohnmobil kroch. Seine Augen hatten ihren typischen Glanz verloren und wirkten dumpf, beinahe verschleiert. Auch seine Konzentration ließ zu wünschen übrig. Nach jedem Satz, den ich mit ihm wechselte, musste er noch einmal näher nachhaken. Klang zu Beginn lustig, doch stellte sich schnell als besorgniserregendes Problem heraus.

Mir war von Anfang an bewusst gewesen, dass es ihm nicht immer gut gehen würde. Diese Reise war riskant, auch das war mir schon klar gewesen und Toya ... nun, er stellte das Risiko dar.

Er leidete schon seit Jahren an einer tödlichen Krankheit und es war nur logisch, dass die Kapazitäten seines Körpers manchmal einfach aufgebraucht waren. Es würde gute und schlechte Tage mit ihm geben. Tage, an denen er so energiegeladen und fit, wie ein "normaler" Teenager wäre und wiederrum andere Tage, an denen er nichts lieber tun würde, als 24/7 im Bett zu liegen. Das alles hatte er mir selbst, während eines Gespräches gestanden und es war nur verständlich.

Ich wusste, dass er nicht immer mit mir und meinem vollkommen gesunden Körper mithalten konnte und das es ein wahrer Luxus war, dass er die ersten Tage unserer Reise so fit gewesen war.

Ihn jetzt jedoch mitten in dem Gang des Wohnmobils liegend, seine Beine in der Hälfte geknickt, als wäre er gestürzt, seine Augen nur zur Hälfte geöffnet und ein Ausdruck auf seinem Gesicht, als würde er gleich in Ohnmacht fallen, vorzufinden, ließ mich alles andere, als gefasst und rational reagieren.

Ich schob all meine restlichen Gedanken beiseite und fokusierte mich nur auf den Jungen vor mir, während ich mit gehetzten Schritten auf ihn zu eilte.

Innerhalb einer Millisekunden war ich bei ihm angekommen und kniete mich neben ihn auf den Boden. Ich hatte den Drang, ihn an den Schultern zu rütteln, um ihn ins Hier und Jetzt zurück zu holen, als er keine Reaktion auf meine Präsenz zeigte, doch hielt mich lieber zurück. Ich war mir nicht sicher, was gerade mit ihm passierte. Falls er unter Schmerzen stehen sollte, dann wollte ich ihm nicht noch extra welche hinzufügen.

>>Toya? Hey, kannst du mich hören?<<

Ich versuchte meine Stimme nicht zu sehr nach Sorge und Panik klingen zu lassen, doch scheiterte kläglich.

Normalerweise war ich gut darin, meine wahren Emotionen vor anderen zu verbergen und sie mit einer Fassade aus naivem Optimismus zu blenden, doch der Junge neben mir hatte mich verändert. Ich war weicher, gefühlsdussliger und viel, viel offener geworden, als ich es mir jemals davor erlaubt hätte. Zumindest gegenüber einer Person, welche ich erst seit ein paar Tagen kannte.

Toya schien mich noch immer nicht zu realisieren, was eine Heidenangst in mir auslöste, doch nach einem Moment begann er zu blinzeln, so als wäre er erst jetzt wirklich erwacht und ein Teil des alten Glanzes kehrte in das blau seiner Augen zurück. Auf seinen Lippen bildete sich ein müdes Lächeln, als er mich erblickte. Ich konnte deutlich erkennen, dass er es sich nur aufzwang.

14 Days Of SummerWhere stories live. Discover now