Day 5

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"Aufstehen, Spatzenhirn! Wenn du zu spät kommst, dann fahre ich ohne dich! Falls du etwas vergisst, dann ist es deine Schuld. Ich werde nicht nochmal zurückfahren, nur weil du dein Schlafzeug nicht eingepackt hast!- Ich warte!"

So lautete die liebliche Naricht, die mir sofort ins Auge sprang, als ich früh morgens mein Handy anschaltete.

Natürlich stammte sie von keinem geringeren, als Toya höchstpersönlich oder "Mister Holmes", wie ich ihn eingespeichert hatte. Mal ehrlich, wenn es um den Wahnsinnigkeits Faktor und die große Klappe ging, dann ähnelten diese beiden sich schon ziemlich...

Ich hätte nie erwartet, dass wir innerhalb der nächsten 14 Tage unsere Nummern austauschen und miteinander schreiben würden, so als wären wir richtige Freunde, doch es war wichtig, um nochmal alles für unseren Plan zu besprechen und dabei kein bedeutendes Detail zu vergessen..

Andererseits, verlief diese ganze Situation nicht gerade so, wie ich sie mir zu Anfang vorgestellt hatte.

Ob ins bessere oder schlechtere, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.

Noch immer kam es mir vollkommen surreal vor, dass ich mit einem todkranken Jungen, den ich seit 5 Tagen kannte, einen verbotenen Ausflug unternehmen und dafür meine eigene Freiheit riskieren würde.

Nun, was sollte ich dazu schon sagen?

Anscheinend war ich wirklich vollkommen verrückt oder aber mein Hang zur Gefahr und dem Adrenalinrausch war einfach nichtmehr zu bändigen. Womöglich auch beides.

Die Zeit zum zögern war ohnehin längst vorbei.

Wir hatten uns bereits gestern darauf geeinigt, nicht noch länger zu warten und gleich heute loszufahren.

Vielleicht wirkte dieser Entschluss zu hektisch und nicht gut genug durchdacht, aber man musste sich vor Augen führen, dass Toya mit jedem vergangenen Tag die Zeit immer schneller davonlief.

Es war traurig, doch man konnte es nicht ändern.

Anstatt in Depressionen zu verfallen und ihn wie ein rohes Ei zu behandeln, könnte ich also wenigstens dafür sorgen, dass er in seinem restlichen Leben noch ein wenig Spaß und Freude hätte.

Zumindest soviel konnte ich für ihn tun.

Der Brief für meine Eltern war bereits fertig geschrieben und sichtbar auf meiner Türschwelle positioniert.

Ich bezweifelte zwar, dass es sie großartig interessierte, ob ich hier war oder nicht, aber falls ihnen mein Fehlen tatsächlich auffallen sollte, aus welchem Grund auch immer, hätten sie zumindest diese kleine Absicherung.

Ich hatte nicht geschrieben, was genau ich tat oder wo ich war. Es stand nur darauf, dass ich mit einem Freund unterwegs wäre, bald wiederkommen würde und sie sich keine Sorgen machen müssten.

Die letzte Aussage war dabei mehr naives Wunschdenken von mir. Meine Eltern würden mich nicht vermissen und sich erst recht keine Sorgen, um mich machen.

Für sie war ich nur eine Plage, unnötiger Ballast, der ihnen das Leben nur erschwerte, statt es leichter zu machen...

Mit einem leisen Quietschen schloss ich meine Zimmertür hinter mir und lief dann auf Zehenspitzen durch den Flur, um niemanden zu wecken, bevor ich unsere Haustür öffnete und danach Stufe für Stufe die abgenutzte und an vielen Stellen völlig kaputte Treppe nach unten lief. Vorbei an den Wohnungen, der etlichen anderen Mieter, welche die selbe Arschkarte, wie wir gezogen hatten.

Die rote Reisetasche krachte mit jedem Schritt ein weing stärker gegen meinen Rücken und untermalte nur noch mehr, wie real und gleichzeitig surreal diese ganze Situation doch war.

14 Days Of SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt