Day 14

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Es gab ein altes japanisches Sprichwort.

Au Wa Wakara No Hajime

"Mit dem Treffen beginnt der Abschied"

Ich saß auf dem gleichen, mit Leder gepolsterten, Küchenstuhl, auf dem ich mich bereits gestern niedergelassen hatte. Der Platz neben mir, Toyas Platz, wies eine eisige Leere auf.

Stumm blickte ich zu dem rothaarigen Mann, der sich schwer atmend an der Küchenzeile abstützte. Eine Hand hatte er schwerfällig über seinem Gesicht ausgebreitet, die andere hielt sein Telefon dicht an sein Ohr gepresst. Er sprach laut und doch konnte ich nicht ausmachen, was er sagte. In meinen Ohren steckte Watte. Meine Kehle war mit dicken Fäden zugeschnürt. Meine Augen brannten.

Ich hatte nicht geweint. Ich hatte mich zusammengerissen und die Situation rational hingenommen. (So wie er es getan hätte.) Ich wollte nicht weinen. Er hätte nicht gewollt, dass ich weinte. Mit jeder verhängnisvollen Sekunde, welche verstrich, wurde es jedoch immer schwerer, diesen Wunsch zu erfüllen.

>> - go.<<

Ich sah auf.

>>Keigo!<<

Im ersten Moment sah ich nur diese unfassbar blauen Augen. Glitzernd, wie die sanften Wellen des Meeres, die sich im Sonnenlicht wogen. Strahlend, wie der nächtliche Sternennimmel.

Mein Herzschlag beschleunigte.

Dann waren es stachlige, rote Haare, welche in mein Sichtfeld traten und die plötzliche Euphorie verpuffte wieder.

>>Ja?<<

Der Mann vor mir musterte mich mit einem Blick voller Unbehagen. Er seufzte laut und rieb sich mit der Hand über die Stirn.

>>Ich habe soeben mit Inko Midoriya telefoniert und ihr ... die letzten Ereignisse geschildert. Sie war schockiert, konnte nicht ganz fassen, dass dies wirklich passiert ist. Sie gestand jedoch auch, dass sie so eine Wendung der Dinge bereits in Erwägung gezogen hatte. Sie ist bereit, dich mit Händen und Füßen zu verteidigen und, wenn nötig, die Schuld auf sich zu nehmen, immerhin war sie diejenige, die euch die ganze Aktion erst erlaubt hatte. Auch ich ... Nun, ich bin bereit für meine Fehler einzustehen. Ich werde dich ebenfalls verteidigen oder eine bestimmte Summe an Schmerzensgeld bezahlen, daran wird es weiß Gott nicht hapern.<<

Er machte eine kurze Pause, nahm einen tiefen Atemzug und sah mich an. Lange und intensiv sah er mich an.

>>Das, was geschehen ist, war nicht deine Schuld und die sollte dir auch niemand geben.<<

Ich starrte Enji Todoroki mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits war ich dankbar und erleichtert. Andererseits fühlte ich mich wütend, verraten und ... verzweifelt.

>>Ich werde also keine Strafe bekommen?<<

Ich zuckte innerlich zusammen, als meine Stimme in meinen Ohren wiederhallte. Ich klang, als hätte ich ein Stück Sandpapier verschluckt. Meine Kehle war zugeschnürt und meine Zunge taub. Jedes Wort schmerzte.

>>Das weiß ich nicht, Keigo. Ich weiß es wirklich nicht.<<

Ich sah nach unten und begann die Furchen in dem breiten Holztisch zu zählen. Vier, fünf, sechs. Eine schwere, grobschlächtige Hand, die nicht dafür gemacht war, Geborgenheit zu spenden, legte sich auf meine Schulter und mein Blick wanderte nach oben. Enjis Augen waren ernst, seriös und doch sah ich sofort durch diese Fassade hindurch. Er war genau so verzweifelt, wie ich es war.

>>Ich weiß nicht, was mit dir oder Midoriya oder mir geschehen wird. Wir können nur die Wahrheit erzählen und hoffen, dass es ausreicht.<<

14 Days Of SummerWhere stories live. Discover now