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"Was ist los?", fragte Kian besorgt und runzelte die Stirn.
Händeringend suchte Jule nach Worten.
"Was machen wir hier?", fragte sie schließlich verzweifelt und raufte sich die Haare.
Zögernd machte Kian einen Schritt auf Jule zu.
"Oh nein, nein, nein", wehrte Jule ab und ging einen Schritt zurück.
"Bleib da stehen", sagte sie zittrig und zeigte auf seinen Standort.
"Verdammt Kian, was machen wir hier?"
"Wir-"
"Die Warheit", bat Jule ihn ernst.
Kian seufzte und schaute sie schließlich direkt an.
"Wir suchen Schutz und überlegen das weitere Vorgehen".
"Vor was suchen wir Schutz?"
"Nicht vor was. Vor wem".
"Vor wem laufen wir weg?", fragte sie resigniert.
"Ich weiß es nicht".
"Du weißt es nicht?", fragte Jule mit überschlagender Stimme.
"Jule hör zu-".
"Nein! Fuck Kian! Es ist-. Ach Scheiße", fluchte Jule und raufte sich die Haare.
"Ju-".
"Ich war auf dem Weg zu einem normalen Date in einem viel zu teuren Restaurant", erzählte Jule bemüht ruhig. "Dann taucht ein Typ auf den ich noch nie gesehen habe. Aber ich fahre sogar mit zu ihm, hab Spaß! Dann reiten wir auf einem Pferd und alles ist wie im Märchen. Das wir im Wald schlafen und schließlich auf einem Motorrad zu irgendjemanden Fahren, den ich nicht einmal kenne, ist schon wieder das genaue Gegenteil".
"Und was-".
"Lass mich ausreden!", unterbrach sie ihn wütend. Geschlagen hob Kian die Hände und ging einen Schritt zurück.
"Hör zu es ist ein Montag Mittag- Fuck! Es ist Montag! Ich muss zur Uni!", mit aufgerissenen Augen staarte sie zu ihm hinüber.
"Meine Mutter!", keuchte sie dann und zog ihr Handy aus der Tasche.
"Fuck", flüsterte sie und hämmerte auf das kleine Gerät ein.
"Kein Akku mehr", lachte sie ungläubig und hielt ihm ihr Smartphone hin.
"Kian?", rief da Gabriele.
"Nicht jetzt!", gab der Angesprochene zurück und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Jule zu.
"Kian!", herrschte die laute Stimme von Jaron da und er erschien auf der Treppe zum Hintereingang.
"Deine Freunde sind hier", sagte er und bedachte ihn mit einem eisigen Blick. Kian entgleisten die Gesichtszüge.
"Wie viel Zeit haben wir?", fragte er und hastete in Richtung Treppe.
"Fünf Minuten. Ich fahr mit dir Motorrad", befahl Jaron. "Gabriele wird nicht mit reingezogen!" Mit diesen Worten verschwand er im Haus.
"Kian?", fragte Jule verwirrt und er blieb am oberen Absatz der Treppe stehen.
"Ich liebe dich", sagte er in einem Atemzug.
"Warte, was?", fragte Jule überrascht.
"Nicht gut?", fragte Kian verlegen.
"Doch, also nein- es ist einfach überraschend?", meinte sie.
"Tut mir leid".
"Warum hast du das gesagt?"
"Weil die mich wahrscheinlich umbringen wollen".
"Warte. Was hab ich nicht mitbekommen?", fragte Jule perplex.
"Viel?", fragte Kian vorsichtig zurück.
"Und was genau mach ich jetzt?"
"Nach Hause fahren?", schlug Kian vor.
"Kian!", rief Jaron energisch.
"Mit was?", fragte Jule mit hochgezogener Augenbraue.
"Ich komm mit!", rief Gabriele da und stand kurz darauf neben Kian in der Tür. Triumphierend klimperte er mit einem Autoschlüssel.
"Fährst du mit mir?", fragte er Jule, als würde er sie zu einem Trip an den Strand einladen.
"Ja", meinte Jule überrumpelt und registrierte Kians grinsendes Geschicht noch im selben Moment.
"Ich warte im Auto", trällerte Gabriele und warf ihr einen wissenden Blick zu.
"Gabriele Ricci!", rief Jaron da aufgebracht und schubste Kian zur Seite, als er die Treppe herunter rannte.
"Ich komme mit!", rief Gabriele stur zurück und Autotüren schlugen.
Als Jule sich wieder Kian zuwenden wollte war er nicht mehr da.
"Italienisches Temperament", lachte da jemand leise hinter ihr. Erschrocken fuhr Jule herum und erblickte Kian.
"Hä?", fragte sie wenig intelligent.
"Vergiss es!", tönte Gabriele über das Grundstück.
"Gabriele. Er ist Italiener", erklärte Kian.
"Seit wann sind Italiener stur?", fragte Jule verwirrt.
"Kennst du nicht dieses Klischee?", fragte Kian überrascht zurück.
"Nö?"
"Ja das ist halt so ein Klischee", erklärte Kian etwas unbeholfen.
"Aha", meinte Jule wenig überzeugt.
"Kian!", donnerte Jaron. Leidend verzog Jule das Gesicht.
"Ich kann den Typen nicht ausstehen".
Kian kicherte:"Ja, er ist etwas eigen".
"Etwas", wiederholte Jule sarkastisch.
Das milde Lächeln, mit dem Kian sie betrachtete, verschlug ihr den Atem.
"Also hör zu", sagte er und griff nach ihren Händen. "Ich wollte dich wirklich nicht irgendwo mit rein ziehen", geistesabwesend begann er mit ihren Ring zu spielen:"aber dafür ist es jetzt auch zu spät. Das du die Uni verpasst tut mir leid".
"Wer braucht schon Ärtzte", lachte Jule und versuchte ihre Verlegenheit zu überspielen. Vorsichtig schaute Kian sie an und hob ihr Kinn.
"Darf ich dich küssen?", fragte er leise. Empört riss Jule sich von ihm los.
"Vergiss es!", wetterte sie und gab ihm eine saftige Ohrfeige.
Kians Klagelaut wurde von ihrem Mund unterbrochen. Stürmisch presste sie ihre Lippen auf seine.
"Wenn du überlebst, bekommst du noch eine Ohrfeige", warnte sie ihn, nachdem er sich von ihrem Angriff erholt hatte. Kian grinste Kopfschüttelnd und ging einen Schritt auf sie zu.
"Ah warte!", bestimmte Jule und gab ihm noch eine Backpfeife. "Jetzt darfst du".
Ächzend rieb Kian sich seine rote Wange, gab ihr dann aber einen etwas sanfteren Kuss.
"Nur dass das klar ist, ich bin nicht bereit für dich zu sterben", machte Jule ihren Standort fest, als sie sich voneinander gelöst hatten. Kian nickte.
"Ich würde dich auch nicht einfach so sterben lassen", sagte er dann ernst.
"Ei. Kasanova, so weit sind wir noch nicht", warnte sie ihn.
"Wir sollten langsam los", seufzte Kian und setzte sich in Bewegung.

"Na endlich", mekerte Jaron als er die beiden kommen sah.
"Da", sagte er dann und drückte Kian Anzug und Helm fürs Motorrad in die Hand.
"Stark", meinte Jaron beeindruckt, als er die Handabdrücke auf Kians Wange sah und schaute anerkennend zu Jule.
"Übung macht den Meister", lachte sie und lief zu Gabriele der schon im Auto saß.
"Ich mag sie", sagte Jaron.
"Aber ich glaube du solltest sie lieber nicht wütend machen", meinte er dann an Kian gewannt der zustimmend nickte.
"Wehe du stirbst!", rief Jule.
"Werd ich nicht", gab Kian furchtsam zurück.
"Die kleine hat dich gut im Griff", stellte Jaron über das Schlagen der Autotür fest.

UnexpectedWhere stories live. Discover now