16.

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Wieder lief einer der Kellner an ihr vorbei, doch diesmal schnappte Jule sich ein Glas. Froh, etwas in der Hand halten zu können, setzte sie ihre Runde fort.
Ihre Aufgabe war es, nach Kian ausschau zu halten und dabei möglichst nicht zum Tanzen aufgefordert zu werden.
Klappte so mittelmäßig.
Jule nahm einen Schluck des prickelnden Champagners. Überrascht verzog sie das Gesicht. Dieser Champagner war mehr als trocken.
"Möchte die Dame tanzen?", fragte ein junger Mann mit blonden Haaren. Jule tat, als hätte sie ihn nicht gehört und ließ ihn links liegen. Keiner der Menschen hier kam ihr auch nur annähernd bekannt vor und von Kian fehlte immer noch jede Spur.
Jaron würde, sobald sie Kian gefunden hatte, den Ring deponieren während Gabriele im Wagen auf sie wartete.
Als sich Jule durch die Leute drängte, verrutschte der Rock ihres Kleides ein Stück. Beinahe panisch zog Jule ihn wieder hinunter und hätte dabei fast ihr Glas fallen lassen. Vorsichtshalber gab sie es beim nächsten Kellner wieder ab.
"Hallo hübsche", flüsterte jemand hinter ihr. Erschrocken fuhr Jule herum und starte in ein ihr unbekanntes Gesicht.
"Wie wär's mit einem Tanz?", fragte der Glatzkopf und grinste dreckig.
"Nein danke", sagte Jule angeekelt und drehte sich zum gehen.
"Bleib doch hier", meinte der schmierige Typ und packte sie an der Schulter. Die Leute um Jule herum Taten einfach so, als würden sie nichts mitbekommen.
"Hey", sagte da eine ihr bekannte Stimme. "Die Dame hat schon mir einen Tanz versprochen." Erleichtert ließ Jule sich von Kian auf die Tanzfläche ziehen. Den eifersüchtigen Blick, der Kian von dem jungen zugeworfen wurde, den sie am Anfang ignoriert hatte, ignorierte er einfach und begann Walzer zu tanzen.
"Ich dachte du wärst tot", flüsterte Jule aufgebracht, damit die anderen tanzenden es nicht mitbekamen.
"Wie du siehst, leb' ich noch", meinte Kian amüsiert und Juke trat ihn auf den Fuß.
"Au!", beschwerte sich Kian prompt.
"Keine Absicht", meinte Jule unschuldig. "Jaron und Gabriele sind auch hier. Wir nehmen dich mit. Ich erklär's dir gleich."
"Die werden mich nicht gehen lassen", wiedersprach Kian.
"Ich weiß, ich weiß. Vertrau mir einfach", wank Jule ab.
"Jule, hör mir zu-", redete Kian auf sie ein.
"Wir müssen uns beeilen", unterbrach Jule ihn. "Sag's mir später."
"Jule, bitte", flehte Kian, doch Jule zog ihn schon durch die Menschen.
"Da vorne müsste gleich Jaron auftauchen", erklärte sie aufgeregt und zog ihn in Richtung Büfett.
"Komisch. Eigentlich waren wir hier verbaredet", meinte Jule verwirrt als sie Jaron nirgendwo entdeckte.
"Jule hör zu. Du musst hier ganz dringend weg", beschwor Kian sie.
"Aber warum denn?", fragte Jule verwirrt. "Wir sind doch hier um dich zu retten. Jaron wird schon irgendwo auftauchen."
"Wird er nicht Jule! Er-."

Besorgt kaute Kian auf seiner Unterlippe. Jule hatte sich noch immer nicht von dem gestrigen Schlag auf den Kopf erholt. Gabriele und Jaron ging es, laut Nio, soweit gut.
"Weißt du", begann Jule da leise. "Damals ging es mir nicht gut." Sofort eilte Kian zu ihr ans Bett. "Ich hab' mir die falschen Freunde ausgesucht, hab gekifft und getrunken." Augenblicklich wurde Kian klar, dass sie ihm nun das erzählte, was sie lieber für sich behalten wollte. "Irgendwann hatte ich kein Geld mehr. Also hab ich angefangen zu dealen. Nach einem Einbruch zu viel, wurde ich geschnappt. Bewafneter Einbruch inklusive Gewalttat und mitführen illegaler Substanzen. Außerdem hatte ich nachweislich Alkohol im Blut. Da ich schon auf Bewährung war, landete ich im Jugendknast, wurde aber wieder auf Bewährung entlassen. Als ich auch nach Resozialisierung und Psychologen einfach weiter gemacht habe und für ein Jahr im Gefängnis landete, reichte es meiner Mutter. Nach einer Reihe Internaten, bei denen ich mir größte Mühe gegeben habe, rauszufliegen, sah ich ein, dass mir das alles nichts brachte. Also schlug ich von vollkommen aus dem Ruder auf Rache um. Ich hab das elfte Schuljahr wiederholt und mein Abi schließlich mit Bestnoten bestanden. Ich will mich gar nicht mehr an die ganze Arbeit erinnern die ich da reingesteckt habe." Kian blieb still und als er endlich etwas erwiedern wollte, war Jule schon wieder eingeschlafen.
"Kian?", fragte Nio leise.
"Was ist los?", fragte dieser allamiert zurück.
"Vagin will andere als geis benutzen", erklärte Nio. Kian brauchte einen Moment, um ihren Wortlaut zu verstehen.
"Er will sie als Geiseln nehmen?", hakte er nach.
"Ja, Geis. Ich schon sagen", wiederholte Nio verwirrt.
"Okay. Dann müssen wir los", meinte Kian mit einem besorgten Blick auf Jule die noch immer schlief.
"Ich holen Schlüssel", teilte Nio ihm mit und ihre Schritte trippelten von der Tür weg. Sanft weckte Kian Jule auf und stützte sie.
"Du musst mir jetzt einen Gefallen tun, ja? Vertrau mir", bat Kian sie ernst. Als Antwort zog Jule ihr Kleid ein Stück hoch und drückte ihm eine Pistole in die Hand. Sie hatte, gut versteckt, in einem Band gesteckt. Immerhin wusste er nun, dass sie Jule nicht angefasst hatten. Ein Klicken im Schloss lenkte seine Aufmerksamkeit von Jule weg. Schnell steckte er die Waffe ein und stützte Jules lauf. Auf dem Gang sah er, wie Nio gerade eine andere Tür auf schloss. Misstrauisch kam Jaron hinaus. Als er Kian entdeckte, wank er Gabriele heran.
"Nicht viel Zeit", drängte Nio und lief voraus. Kian und Jule folgten langsam.
"Wer ist das?", fragte Jaron Misstrauisch.
"Nio. Du kannst ihr vertrauen", antwortete Kian. Jaron musste ihm wohl oder übel glauben.
"Schneller", trieb Nio Jule und Kian an, die mittlerweile ein ganzes Stück zurückgefallen waren.
"Komm her", grummelte Jaron und ging etwas in die Hocke. Jule verstand und ließ sich Huckepack nehmen. Nun kamen sie merklich schneller voran.
"Habt ihr noch Waffen?", fragte Kian und Gabriele schüttelte den Kopf. Eins musste man Vagin lassen. Er wusste, was sich gehörte.
Nio bedeutet ihnen zu warten und verschwand in einer Tür. Nur Sekunden darauf kam sie mit drei Küchenmessern wieder. Stumm gab sie Gabriele und Jaron eins und behielt das letzte für sich selbst. Also hatte sie die Pistole gesehen.
Ihre Flucht führte sie weiter durch die dunklen Gänge und Kian hoffte inständig, dass Nio wusste, wo sie hin musste.
Als sie einen hohen Raum durchquerten fegte ein Schuss nur knapp an Gabriele vorbei.
"Stehen bleiben!", rief jemand doch sie dachten gar nicht daran. Mit einem Sprung rettete sich Kian hinter ein altes Ölfass. Niemand würde so blöd sein, darauf zu schießen. Sofort schaute er sich nach Jule und Jaron um. Auf die Schnelle fand er sie nicht, doch wie es aussah, waren andere seiner Idee gefolgt. Ein paar Schritte weiter kauerten Nio und Gabriele hinter einem Fass. Nur leider waren zwischen beiden Behältern keine weiteren Fässer so, dass er nicht zu ihnen hinüber kam. Beunruhigt stellte Kian fest das der Beschuss nicht gestoppt hatte. Also mussten sie auf Jule und Jaron schießen. Besorgt lunste Kian um seinen Schutz herum. Gegenüber von ihm war eine wahre Festung von blauen Fässern aufgebaut. Nur leider waren es Wasserfässer. "Nicht schießen!", schrie er gleichzeitig mit einer anderen Stimme. Augenblicklich stoppte der Beschuss. Eine gespenstige Stimme breitete sich in der Lagerhalle aus. Kian wagte es nicht mehr, sich zu bewegen. "Kian", rief eine glockenhelle Stimme: "Komm raus!" Überrascht weiteten sich Kians Augen. Diese Stimme kannte er besser, als er in diesem Moment gewollt hätte. Immer noch verließ er sein Versteck nicht. Nio allerdings schon. "Er hat mein Bruder tot gemacht", rief sie und warf ihr Messer in Richtung der Angreifer. Eine Salve von Munition war die Antwort. Angewidert drehte Kian sich weg. Dieses Blutbad musste und wollte er nicht sehen. "Komm raus Kian", wurde er abermals aufgefordert. "Was garantiert mir, dass du mich nicht genauso abschlachten lassen wirst?", stellte Kian die einzig logische Frage. "Da wirst du mir wohl vertrauen müssen, Kianchen." "Ava", meinte da Jaron und trat ohne Jule aus seinem Versteck: "Was zur Hölle tust du hier?" "Ava?", fragte Gabriele überrascht und krabbelte ebenfalls aus seinem Schutz. "Cousin Jaron! Gabriele! Wie schön euch zu sehen!", lachte Ava und kam die Metalltreppen hinunter. Auch Kian richtete sich nun auf und trat um das Fass herum, bemüht nicht auf Nios Leiche zu achten. "Was zur Hölle machst du hier, Ava?", fragte Kian entgeistert. "Kann mir mal jemand erklären wer das ist?", fragte Jule da verwirrt und lief, sich an eben diesen abstützend, um die Fässer herum. Hastig lief Kian zu ihr und half ihr. "Alles okay?", fragte er besorgt. "Kopfschmerzen und Schwindel. Sonst geht's. Also wer ist diese Ava?", antwortete und fragte Jule gleichzeitig. "Das", meinte Kian: "Ist meine Schwester." "Deine Schwester?", hakte Jule ungläubig nach. "Und was genau macht sie hier?" "Das wüsste ich auch gerne", sagte Kian und schaute seine Schwester, die Jule interessiert beobachtete, auffordernd an. "Also erstmal würde ich gerne wissen, wer sie ist", meinte Ava und zeigte auf Jule. Ava konnte Fragen, die herablassend oder gemein klingen sollten, auf eine Weise stellen, die freundlich und achtend war. "Das ist das Date was du mir besorgt hast", klärte Kian sie auf. "Jule", stellte sie sich vor. "Ah! Jetzt erkenne ich dich! Schickes Kleid!", meinte Ava begeistert und kam näher zu ihr. "Dings. Ava. Die Typen da oben haben mir eins übergebraten und mir geht's immer noch beschissen. Momentan sieht es so aus als wärst du auf ihrer Seite. Also wäre mir Abstand momentan lieber", erklärte Jule und brachte Ava zum stehen bleiben. "Au", meinte sie und griff sich theatralisch ans Herz. "Aber versteh ich. Wirklich. Lasst uns mal raus gehen. Hier ist es so stickig." Verwirrt schaute Jule zu Kian und ignorierte Nios toten Körper gekonnt. Kian hingegen zuckte nur mit den Schultern und folgte seiner Schwester, während er von den bewaffneten verfolgt wurde.

Draußen wurden sie von schwüler Hitze und vertrocknetem Gras empfangen. Irgendwo kündigte sich ein Gewitter mit einem lauten Donner an. "Also. Kian. Wo ist der Ring?", fragte Ava und betonte jedes Wort einzeln. Plötzlich schien sie gar nicht mehr nett. "Ich hab ihn nicht", beteuerte Kian. "Ja, ja, ja. Na gut, ich glaube dir. Wer hat ihn dann? Du?", fragte sie und zeigte auf Jaron. "Oder du?" Diesmal zeigte sie auf Gabriele. "Aber nein. Ich glaube, du hast ihn", meinte sie und grinste Jule an. mehrere Pistolen richteten sich auf Jule. "Hände hoch!", schrie eine Megaphon verzerrte Stimme. "Kian. Wie unfair!", empörte sich Ava. "Na gut. Dann darf ich dein Täubchen auch erschießen. "Nein!", schrie Kian entsetzt während Jule bleich wurde. Als einer der vermummten den Abzug drückte, sprang Kian vor Jule. Der Schuss knallte und während Jule noch nicht realisiert hatte, was los war, umstellten und verhafteten die Polizisten die Umstehenden.

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