14. Geht gefälligst in eure Gräber zurück!

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»Was gibt's, Margery?«, fragte Aramis, als er gefolgt von Livia die Treppe herunterkam.
Die Hexe stand immer noch im Eingangsbereich und hatte nicht einmal die Schuhe ausgezogen. Unruhig knetete sie den Riemen ihrer Tasche. »Ich bin bei der Baustelle vorbeigelaufen, irgendetwas stimmt da nicht«, meinte sie besorgt.
»Was meinst du damit?«, fragte Aramis weiter und machte einen großen Schritt über die herumliegenden Blätter des Herzbaumes.
»Ich weiß es nicht genau, aber es ist unheimlich.«

Aramis wirkte nicht besorgt darüber, aber vielleicht hatte er auch gerade größere Probleme als unheimliche Baustellen. Zum Beispiel Hexen, die sich ungefragt Zutritt zu verschlossenen Keller verschaffen. Aber Margery wirkte dafür umso besorgter. Sie strich sich über den dicken Verband am Unterarm, der ihre Verbrennung, die sie sich im Kampf gegen Laertes zugezogen hatte, schützte. Es erinnerte Livia daran, dass Laertes wohl wirklich nicht der Rationalste war, wenn es um das Herz und nicht um Schlüssel ging.

»Ich glaube jede Baustelle ist unheimlich, wenn es dunkel ist.« Der Hexer warf einen Blick durch die potthässlichen Vorhänge auf die Straße vor dem Haus.
»Da stimmte etwas nicht!«, bestand Margery weiter darauf.
Aramis schüttelte nur den Kopf und bewegte sich in Richtung Küche. »Was willst du, was wir jetzt um diese Uhrzeit noch tun. Du kannst morgen nochmals daran vorbeilaufen.«
»Die Baustelle ist doch gleich die Straße hoch? Ich kann kurz schauen, ob da etwas los ist«, schlug Livia vor mit einem verächtlichen Blick zum Hexer. Heute konnte sie ihn nicht ausstehen und ein kurzer Spaziergang würde ihr sicher gut tun.

Nach dem sie in ihre Schuhe geschlüpft war, trat sie auf die schmale Straße. Es war noch genug warm, dass sie auch nach Sonnenuntergang im Tshirt raus konnte, dennoch bekam sie eine Gänsehaut, als die Tür hinter ihr zufiel. Aber die frische Luft tat ihr gut, auch um den Kopf von ihren ganzen Gedanken zu befreien.
Sie warf einen Blick die Straße runter, Nebel hing über dem Boden und schien sich langsam an den Häusern hochzuziehen, bevor Livia die Richtung den Hang hoch einschlug. Die Baustelle war gleich am Ende der Straße und Livia war schnell da.

Sie warf einen Blick zwischen zwei Stangen des Sichtschutzes hindurch, das Metall fühlte sich dabei kühl an ihrer Wange an. Der Boden war aufgerissen und hier und da konnte man ein freigelegtes Rohr sehen aber ansonsten konnte sie nicht viel von ihrer Stelle erkennen.

Kurzerhand hängte sie den Sichtschutz aus und betrat die Baustelle.
Sie verstand was Margery meinte; Im Licht der Straßenlaternen wirkten die herumstehenden Maschinen und das abgeladene Material trostlos und unheimlich. Aber es war nicht nur ein normales unheimlich.

Livia trat an die Grube heran. Die feinen Härchen an ihrem Nacken stellten sich auf. Hier war eindeutig Magie am Werk und die Kälte, die in der Luft lag, bestätigte es nur noch weiter.
Sie war beeindruckt vom Margerys Fähigkeiten es alleine beim Vorbeigehen wahrgenommen zu haben.

Ihr Blick glitt zur metallenen Leiter.
Sollte sie jetzt da runter um das genauer zu untersuchen oder zurück zum Haus?
Sie warf innerlich eine Münze, während sie sich zur Leiter bewegte. Kopf und sie geht zurück, Zahl, sie geht runter.

Die Münze landete überraschend auf Zahl und so setzte sie ihren Fuß auf die erste Sprosse. Als sie nach dem kalten Metall griff, erinnerte sie sich wieder, was Margery ihr über die Baustelle erzählt hatte. Ganz in der Nähe war der ehemalige Friedhof der Kirche gewesen, der um lokalisiert wurde, und jetzt hatte man weitere Gräber gefunden.

Sie musste wirklich aufhören sich über Horrorfilm-Charaktere lustig zu machen. Nach dem düsteren Keller ging sie jetzt einen aufgegebenen, alten Friedhof erkunden. Vielleicht sollte sie ihre nächsten Ferien in einer abgelegenen und verlassenen Psychiatrie aus dem 19. Jahrhundert planen.

Das Herz der HexenWhere stories live. Discover now