🔥 II. Fiero

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Im Morgengrauen saß Fiero mit dem Ritter Bastet in seinem Gemach. In der Nacht hatte er bereits versucht zu fliehen, doch sowohl im Hof unter seinem Fenster standen Wachen, an denen er nicht schnell genug vorbeirannte, und auch als er ein Hinterhalt an den Wachen vor seiner Tür versuchte, scheiterte er kläglich.
Sein Vater hatte die Wachen mit Musketen ausgestattet, sodass er mit seinem lausigen Säbel nicht weit kam, und töten wollte er keinen.

Bastet half ihm beim packen. Der Mann war zwanzig Jahre alt, also noch recht in Fiero's Alter, im Gegensatz zu all den anderen Rittern, mit denen er sich gut gestellt hatte. Er würde ihn als Freund oder Kumpanen bezeichnen, wenn er es nicht besser wüsste.
Dennoch war Bastet loyal zu ihm. Zwar hatte er sofort klar gestellt, dass er lieber den Rest seines Lebens Kuhfladen essen würde, als bei Fiero's Flucht geschnappt zu werden, doch der Prinz war dankbar um seine Hilfe.

Fiero bemühte sich gar nicht darum, sonderlich viel Kleidung einzupacken, denn in Italien würde er mehr als genug Kleider bekommen. Zwar war eine Grafenfamilie noch lange nicht so reich wie die der Könige, doch sie würden genug Geld haben, um Fiero in maßgeschneiderte Kleider zu stecken.
Und so warf er Bastet nur die Leinenhemden und Lederhosen zu, die er besaß. Er hasste seine vornehmen Samt- und Seidenhemden, die Fräcke und Uniformen.
Und so lief er für gewöhnlich in abgetragener Bauernkleidung herum, die er immer wieder von den Bauernjungen stahl. Natürlich besorgte er dafür Köstlichkeiten wie Törtchen, oder Decken als Entschädigung.

„Eure Hoheit, könnt Ihr die Sachen zumindest nicht werfen? Ich muss alles erneut falten wegen Euch", beschwerte sich Bastet.
„Ich hasse es, wenn du Eure Hoheit sagst", schnaubte Fiero und knallte die Schranktüren zu.
„Ihr müsst Euch von nun an daran gewöhnen", erwiderte Bastet gelangweilt. Er legte einen Stapel der Hemden in Fiero's Koffer und schaute ihn von unten aus an. „Wenn Ihr die Mecidis kennenlernt, wird es noch schlimmer als bei Eurer eigenen Familie. Also reißt Euch endlich zusammen. Ihr seid ein Prinz, Euer Verhalten gehört sich einfach nicht. Auch, wenn ich Eure Ansichten verstehen kann."

„Nun fällst du mir auch schon in den Rücken." Frustriert ließ Fiero sich auf sein Bett plumpsen und starrte auf den Holzboden.
Bastet seufzte laut auf. „Ich kann doch auch nichts dafür, dass es so ist, Fiero."
„Ich doch noch weniger!", rief Fiero aus, wodurch sich Tränen in seinen Augen sammelten.

Vor drei Jahren hatte er die größte Schande der Familie auf sich gezogen. Er hatte sich verliebt, in einen Bauernjungen. In einer Nacht, als sie sich trafen, erwischte sein Bruder Archibald die beiden bei einem unschuldigen Kuss, und führte einen Aufstand auf, der den gesamten Hof aufweckte.
Sebastian, den Jungen, zerrten die Wachen von Fiero, und sein Vater selbst stellte ihn an den Pranger. Zum Henker warfen sie ihn, während Fiero tatenlos zusehen musste. Als er hingerichtet wurde, hielten Archibald und Konran seine Augen auf, damit er unter keinen Umständen wegsehen konnte.
Einen Monat lang hatte Fiero anschließend im Kerker verbracht, um seine Sünde abzusitzen.
Anschließend hatte er sich in seiner blinden Wut auf Archibald gestürzt, während dieser schlief, um auf ihn einzuschlagen, denn hätte er sie nicht verraten, wäre Sebastian noch am Leben.
Seitdem hasste Archibald ihn noch mehr, doch Fiero ging es gleich.

Bastet trat in sein Blickfeld und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Das würde ich niemals, Prinz Fiero", sagte er dann leise. „Allerdings müsst Ihr nun Euer Schicksal akzeptieren. Beugt Euch den Befehlen Eures Vaters. Ich möchte mir nicht vorstellen, was er oder die Mecidis sonst mit Euch täte."

Fiero schluchzte auf. Es war ein Wunder, dass Bastet überhaupt noch zu ihm stand, auch wenn er ihm nicht helfen konnte. Er hatte eine Todsünde begangen, die ihn für immer verdammen würde, und doch bekam er die Chance, in eine reiche Familie zu heiraten. Dafür müsste er doch dankbar sein.
Oder?

Die Prinzen von VenedigWhere stories live. Discover now