🔥 VIII. Fiero

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Wie sich herausstellte, besaß Fiero zwar ein ganz gutes Taktgefühl, allerdings nicht in dem Tempo, das Signora Béguin für ihn anstimmte.
Vor allem gefiel ihr seine Aufmachung überhaupt nicht und sie trug ihm auf, bis zur nächsten Stunde ordentliche Kleidung zu besorgen, in denen er laut ihr tanzen durfte. Die königlichen Roben und Uniformen, die er besaß, waren wohl keineswegs angemessen genug, um ihn darin tanzen zu lassen.

Erschöpft kämpfte Fiero sich aus seinem Bett, in das er sich direkt nach dem Unterricht geworfen hatte, um wieder durchatmen zu können. Allerdings wollte er nicht den ganzen Tag in seinem Gemach verbringen, er wollte hinaus und die Stadt kennenlernen. Das Wetter war wirklich schön und rief nach einem Ausflug.
Beschwingt stand er auf und suchte sich ein paar bequemere Klamotten aus seinem Koffer, sodass er schließlich statt in seiner königlichen Robe, in einem schlichten Rüschenhemd und einer schwarzen Anzughose vor dem Spiegel neben dem Kleiderschrank stand. Außerdem zerstrubbelte er seine Haare, damit sie nicht mehr so adrett wirkten, und zog einen schwarzen Gehrock über.
Er nahm eine kleine Ledertasche mit Papier und Kohlestiften mit, damit er ein wenig malen konnte. Es gab sicherlich ein paar schöne Orte, wo er sich gemütlich hinsetzen konnte.

Auf dem Weg nach unten ging er an Graf Medicis Arbeitszimmer vorbei und klopfte zaghaft an.
„Herein."
Fiero öffnete die Tür und lugte hinein. Giulio saß an einem großen Mahagonischreibtisch und blickte ihn über den Rand seiner Lesebrille an. Neben ihm stand sein Schwager Gerald und las einen Brief.
„Fiero, schön dich zu sehen. Wohin des Weges?"
Verlegen rieb sich Fiero den Nacken. Ertappt. „Nun, ich wollte die Stadt ein wenig kennenlernen und etwas malen. Die Aussicht aus meinem Fenster fasziniert mich ungemein, und ich bin sehr gespannt auf all die Sehenswürdigkeiten, die es hier gibt."
„Willst du meine Ramona denn nicht mitnehmen?", fragte Giulio erwartungsvoll.
Kurz überlegte Fiero, sich irgendeine Ausrede auszudenken, doch dann verwarf er die Idee. Solange er sich als vertrauenswürdigen Schwiegersohn gab, konnte ihm hier nichts passieren.
Er räusperte sich. „Ich bin wirklich gern alleine, wenn ich malen gehe. Ich wollte mir einmal allein einen Eindruck von der Stadt verschaffen, wenn ich darf. Natürlich werde ich auch noch mit Eurer Tochter ausgehen", versprach er dann.
Der Graf lächelte. „Gut, dann soll es so sein." Er lehnte sich zurück, verschränkte die Hände auf dem Buch und musterte ihn zufrieden. „Dein Vater sagte die ganze Zeit, du würdest dich unglaublich dagegen sträuben, zu heiraten. Aber du scheinst deine Meinung geändert zu haben, liege ich richtig? Zumindest wirkst du mir gegenüber nicht so widerspenstig wie erwartet."
Fiero wurde wieder übel. „Man muss sein Schicksal doch akzeptieren, besonders in diesem Alter", erwiderte er rau und zwang sich zu einem Lächeln.
„Da hast du recht, mein Lieber. Nun geh schon, aber sei pünktlich beim Abendessen."
„Selbstverständlich."

Rasch schloss Fiero die Tür und machte sich dann schleunigst aus dem Staub. Nur Weg von hier, auf in seine eigene Welt.
Irgendwie schaffte er es, die Villa vollkommen ungesehen von Verwandten oder Bediensteten zu verlassen. Er strotzte nur so vor Energie. Zuhause hatte er kaum einen Schritt aus dem Zimmer gehen können, ohne argwöhnisch beobachtet zu werden.

Die Sonnenstrahlen blendeten ihn, sobald er auf den Gehsteig trat. Es roch nach Lagune und irgendwoher wehte der Duft von deftiger Suppe in seine Richtung.
Er beschloss, ein wenig über die Gehwege zu streifen, bis er eine Gondel fand, die ihn mitnehmen würde. Der Weg war recht schmal, aber er führte an hübschen, genauso imposanten Häusern wie dem der Medicis vorbei. Hin und wieder schipperten Gondeln mit Passagieren und maskenbesetzten Gondoliers vorbei. Er musste sich unbedingt ebenfalls eine solche Maske besorgen.

„Braucht Ihr eine Mitfahrgelegenheit, junger Herr?"
Fiero wandte sich um. Hinter ihm kam ein älterer Mann mit seiner überdachten Gondel angefahren. Er trug gestreifte Plumphosen und eine ebenso rot-orange Weste über einem Rüschenhemd.
„Gerne, Ihr kommt mir sehr gelegen."
Der Mann verbeugte sich und deutete lächelnd auf den Sitzplatz. „Nur zu, Signor."
Fiero stieg ein und machte es sich gemütlich. Das kleine Dach über ihm spendete angenehmen Schatten, und der Sitz war weich gepolstert.
„Gibt es ein Ziel, Signore?"
„Nein, nicht wirklich. Ich bin gerade erst hierher gezogen", erklärte Fiero. „Könntet Ihr mich zu einem Platz bringen, wo ich mich hinsetzen und malen kann?"
„Oho, Künstler", machte der Gondoliere. Mittlerweile zogen sie seicht durch das Wasser. „Ein Ausländer, also. Brite, nehme ich an?"
„Engländer", bestätigte Fiero.
„Was führt Euch hierher, Mylord? Urlaub, Geschäfte?"
Fiero räusperte sich. Er wollte diesem Fremden nicht preisgeben, weshalb er wirklich hier war. „Geschäfte unter Verwandten." Irgendwie stimmte dies schließlich. Er war nicht wirklich viel mehr als ein Deal.
„Sehr interessant. Mein Name ist übrigens Viktor."
„Fiero. Freut mich, Euch kennenzulernen."
„Die Freude ist ganz meinerseits, werter Fiero."

Die Prinzen von VenedigWhere stories live. Discover now