[THIRTY-SIX]

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> Another Love - Tom Odell <

Verwirrt sah dieser zu mir, woraufhin ich mich nur wiederholte. "Du bist ein scheiß Arschloch.", meinte ich nun etwas lauter. Überrascht über meine plötzliche Wut ihm Gegenüber sah er zu mir, man merkte ihm deutlich an, dass er keinen Plan hatte, woher meine plötzliche Stimmungsschwankungen nun kam. "Luca, was-" — "du kack Arschloch!", mittlerweile hatte ich auf italienisch gewechselt und wurde von Wort zu Wort lauter, weshalb Filip mich kurzerhand mit sich zum Treppenhaus zog.

"Lass mich los, man!", wütend versuchte ich mich von ihm los zu reisen, doch der Ältere hielt mich viel zu fest, so dass ich nicht den Hauch einer Chance hatte. "Was fällt dir ein mir das heute zu sagen?", redete ich einfach auf italienisch weiter. Tränen liefen mir nun mittlerweile in Strömen übers Gesicht, meine Worte waren trotz meines verzweifelten Schluchzens dennoch weiterhin verständlich. "Was?", komplett überfordert mit der Situation und verwirrt blickte Filip zu mir, doch ich machte immer weiter. "Heute. Genau heute...", weinte ich bitterlich, während ich nun komplett auf italienisch geschalten habe. Mein Hirn hatte keine Kontrolle mehr über die Sprache, weshalb es jetzt einfach bei der Sprache, welche ich in meiner Kindheit am meisten gesprochen habe, blieb.

"Ich hab heute Geburtstag du Arschloch..", fuhr ich fort, während ich verzweifelt gegen Filip's Brust boxte. Jedoch nicht wirklich doll, da mein Ausbruch mir bereits genug Kraft zog. "Weiß ich doch.. Das weiß ich doch Luca..", murmelte er ebenfalls verzweifelt. "Wieso genau heute dann? Mhh? Zuerst erfahr ich, dass du damals Schuld warst. Schuld an allem. Schuld daran, dass mein Herz gebrochen wurde. Schuld daran, dass die ersten Monate in den USA die Hölle waren. Schuld daran, dass Schwimmen genau deshalb beschissen lief. Schuld daran, dass ich fast mein Stipendium deshalb verloren hätte. Schuld an allem damals. Einfach allem. Und jetzt? Jetzt sagst du mir, dass Giuli Krebs hat. Fucking Krebs. Auch noch Leukämie. Was denkst du warum ich nicht an deine scheiß Anrufe gegangen bin du kack Arschloch.", verzweifelt brachte ich alles was mir auf den Herzen lag, alles was mir gerade durch den Kopf ging mit einem mal raus. Manche Worte verschluckte ich dabei unter Tränen, zudem wurde ich von Wort zu Wort immer schneller. "Weil ich dich hasse. Ich hasse dich.", verzweifelt Schlug ich immer und immer wieder gegen den Oberkörper meines Bruders, welcher meinen Ausbruch nur geschockt beobachtete. "Wieso hast du das gemacht? Wieso? Ich hatte ihn geliebt damals. Wirklich geliebt. Wieso hast du mir nichts erzählt. Wieso.. Wieso genau Giuli? Warum muss Giuli Krebs haben? Kann es nicht einfach eine Grippe sein? Wieso verdammte Scheiße", die letzten Worte schrie ich jetzt schon fast und man konnte von Glück reden, dass mich Filip zuvor ins Treppenhaus gezogen hatte, so dass uns trotz meines Schreiens, so gut wie niemand hörte.

Erschöpft von meinem Ausbruch ließ ich mich zu Boden Sacken. Filip hielt mich immernoch an beiden Armen, doch diese Schlug ich weg und weinte nur. Ich konnte nichts anderes mehr, außer dort sitzen und weinen. Ich konnte meinem Bruder nichtmal anschauen. Mein Blick war die ganze Zeit auf meine Schuhe gerichtet, während ich meine Beine zu mir angezogen hatte. "Wieso Giuli..", murmelte ich nur immer wieder. Im Augenwinkel sah ich, wie sich Filip anscheinend wieder entfernte. Zumindest hörte ich auch seine Schritte und anschließend die große Tür zum Treppenhaus, die sich hinter ihm schloss.

Ich jedoch blieb sitzen. Die Tränen schienen kein Ende zu nehmen und mein Schluchzen war durch's ganze Treppenhaus zu hören. Meine Beine zog ich nur noch mehr zu mir, während ich mich gegen die Wand hinter mir lehnte. Es war kalt auf dem Boden. Die Wand hinter mir war kalt. Doch ich konnte nicht aufstehen. Am liebsten würde ich mich einfach hinlegen und schlafen. Schlafen und dann wieder aufwachen in der Hoffnung, dass das alles nur ein böser Traum war. Leon darf gerne trotzdem auf meiner Arbeit auftauchen und mit mir den Tag verbringen. Aber einfach ohne mir zu erzählen, dass mein Bruder an allem Schuld ist. Ohne den Fakt, dass Giuli todkrank ist. Einfach wieder aufwachen und sie ist gesund. Aufwachen und realisieren, dass alles nur ein Albtraum war. Das wünsch ich mir.

➳ 𝐓𝐈 𝐀𝐌𝐎 | Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt