Alex - gleicher Meinung

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„Fuck ...", fluchte ich und ein unangenehmes Kribbeln überzog meine Haut.
„Was ist los?", musterte Luigi mich irritiert. Ich saß, wer hätte es gedacht, schon wieder im Heaven und nippte an meinem Whiskey. Eigentlich hatte ich mich auf einen schönen, ruhigen Abend eingestellt. Und nun? Wer betrat gerade den Raum? Richtig ... Elias! Der Grund meiner schlaflosen Nächte! Und er war schon wieder in Begleitung von Blondie. Was zum Teufel machte er eigentlich wieder im ‚Heaven'? Zuvor hatte ich ihn hier schließlich auch nie gesehen, denn er wäre mir garantiert aufgefallen. Und wieso sah er dabei verdammt nochmal so gut aus? Wie schon beim letzten Mal schlenderten die beiden an die Bar und wieder besorgte Blondie die Getränke.
„Ahh", ertönte es nun wissend neben mir. Luigi schien meinem Blick gefolgt zu sein. „Da ist ja dein Hübscher wieder! Oh weh ... Die Zwei gibt es wohl nur im Doppelpack. Aber du bist doch auch für Dreier zu haben!", scherzte mein Kumpel, ohne zu ahnen, dass er grade mit seinem Leben spielte. „Oder doch nicht ... Schau mal der Andere geht mit dem Kerl davon!", informierte mich mein Klugscheißer, als wäre er der Kommentator meines Lebens. Ja zur Hölle, war ich denn blind? Natürlich hatte ich eben selber gesehen, wie der Kellner einen anderen Kerl mit Küsschen begrüßte und darauffolgend mit ihm auf die Tanzfläche verschwand. Ich hatte aber auch den Muskelprotz entdeckt, der sich einen Weg durch die Menge zu Elias bahnte. Ein Kennerblick genügte, um ihn als Jäger einzustufen. Dieser Kerl hatte es auf „meinen" süßen Arsch abgesehen. Elias hingegen lehnte nichtsahnend entspannt an der Theke und sah, scheinbar in Gedanken versunken, auf die Tanzfläche.

Überrascht sah er auf, als der Kerl ihm an die Schulter tippte und ihn ansprach. Tief in meiner Brust kratzte es, ich meinte, böse Zungen nannten es Eifersucht. Da ich mir so etwas sowieso nie im Leben eingestehen würde, interessierten so Kleinigkeiten wie konkrete Benennungen nicht. Wieder nippte ich an meinem Glas, ließ die zwei aber nicht aus den Augen.

Wieso lächelte Elias diesen Kerl plötzlich so an? Konnte der sich nicht denken, dass der nur ficken wollte? Wah ... und jetzt tatschte dieser auch noch an meinem Kerl rum ... die Wut erreichte gerade einen neuen Höchststand. Das konnte ich mir nicht mehr antun. Krachend stellte ich mein Glas auf der Tischplatte ab und erhob mich. „Du prügelst dich aber jetzt nicht mit dem Kerl?", wollte Lu etwas besorgt wissen. Als Antwort erhielt er nur ein Schnauben gekrönt von einem Stinkefinger. Da schob ich mich auch schon durch die Menge, auf die Bar zu, wo Elias nun mit dem Rücken zu mir stand und sich immer noch mit dem Muskelprotz unterhielt. Dieser beugte sich gerade vor und wagte es, meinem Elias, etwas ins Ohr zuflüstern, grinste dazu frech und nickte auch noch in Richtung Darkroom. Mir kamen gerade mindestens zehn schmerzvolle und qualvolle Todesmethoden in den Sinn, die ich alle liebend gerne an Mister Muskelmann ausprobieren würde. Darkroom ... ging's noch? Niemand nahm meinen Elias mit in den Darkroom! Oder sonst wohin ... Bevor mein Herzchen antworten konnte, legte ich meine Arme um seine Schultern und zog ihn besitzergreifend an mich. „Er hat kein Interesse und jetzt verpiss dich ganz schnell wieder!", knurrte ich den Muskelprotz an.

Elias versteifte sich in meiner Umarmung. Sah zuerst überrascht und dann wütend über die Schulter. Wenigstens zog der Kerl Leine, lag vielleicht aber auch daran, dass man mich wöchentlich mit dem Besitzer zusammen sitzen sah. Und mal ehrlich, wer wollte schon Ärger mit Sandro?
„Kann ich bitte noch meine eigenen Entscheidungen treffen?" ,fragte mein Herzblatt sichtlich gereizt und löste sich aus meiner Umarmung. Nur widerwillig ließ ich von ihm ab. Sein Körper an meinem fühlte sich dafür einfach viel zu gut an. „Ach, du willst eine schnelle Nummer im Darkroom?" Ich zog meine Augenbraue hoch und sah ihn skeptisch an. „Na dann, auf geht's!", packte ihn am Oberarm und zog ihn Richtung Schäferstündchen. Sofort entriss er mir seinen Arm. „Spinnst du!", entkam es ihm entrüstet. „Siehst du, ich wusste gleich, dass du nicht willst!", stellte ich überlegen fest und grinste ihn versöhnlich an. Elias schloss die Augen und atmete sichtlich mit seiner Wut kämpfend durch. „Muss ich Angst haben, dass du mir jetzt eine scheuerst?", fragte ich scheinheilig nach und biss mir verlegen auf die Lippe. „Alex, was willst du?", zischte mich Elias, scheinbar nun endgültig mit seiner Geduld ringend, an. „Eigentlich will ich nur ein Bier mit dir trinken! Übrigens ein „Nein" als Antwort akzeptier ich nicht!" Und bevor mein Schnuckel es sich durch den Kopf gehen lassen konnte, zog ich ihn kurzerhand mit zu unserem Tisch.
„Wohin ..." „Dahinten wartet mein Whiskey auf mich!", fiel ich ihm ins Wort und zehrte ihn weiter hinter mir her durch die Menge. „Elias, das ist Luigi ... Luigi ... Elias!" Zeigte ich von einem zum anderen und umgekehrt, als wir den Tisch erreichten, von dem aus mein Italiener uns neugierig beobachtete. „Ihr hattet ja auf der Hochzeit schon das Vergnügen ... übrigens Luigi wollte gerade gehen!", fügte ich noch hinzu und sah in dabei streng an.
„Wollte ich das?", kam Luigi mit einer Gegenfrage und lehnte sich grinsend in seinem Stuhl zurück. „Ja ... wolltest du ganz sicher! Dein Sandro wartete dahinten sehnsüchtig auf dich!", säuselte ich zuckersüß. Ich wollte endlich mit Elias allein sein, da war mir jedes Mittel recht. „Fick dich, Alex!", fluchte er, doch er erhob sich, schnappte nach seinem Jackett, das über der Stuhllehne hing und machte sich auf den Weg. „Ich dich auch, mein Schatz!" Winkte ihm zum Abschied und ließ mich auf seinen nun freien Platz nieder. „Was würden sie nur ohne ihren Charme tun, Herr Römer?" Elias stand immer noch, nun wieder mit verschränkten Armen vor mir. „Nun setzt dich doch!", bat ich. „Kostet auch nicht mehr! Außerdem gehört das zwischen Luigi und mir zum guten Ton! Du wirst es kaum Glauben, aber er kann teilweise fieser sein als ich! Man unterschätzt ihn oft. Er wirkt so klein und unschuldig.", beendete ich meinen Monolog.
Skeptisch sah er mich an, ließ sich aber auf den Platz, auf dem ich zuvor gesessen hatte, nieder. Lehnte sich zurück und funkelte mich immer noch böse an. „Nun hör auf, mich so finster nieder zu starren! Lass uns was trinken und ein bisschen plaudern." Griff nach meinem Glas und nippte dran. Huch, schon wieder leer. Diese Gläser gaben aber auch wirklich nicht viel her. Kurz hob ich den Arm und sah zur Bar, an der Luigi und Sandro nun am Tresen lehnten und dabei, sich unterhaltend, in unsere Richtung blickten. Sandro bemerkte daher meine Hand sofort und nickte, bevor er auf uns zu kam. „Das ist Sandro, ihm gehört das ‚Heaven'.", klärte ich Elias auf, der die Szene interessiert mitverfolgte. „Was möchtest du trinken?", fragte ich anschließend. „Was trinkst du?", dabei deutete er auf mein Glas.
„Mittelmäßigen Single Malt.", verkündete ich wenig begeistert.
„Klingt verlockend, dann nehme ich auch einen." Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht.
„Gut, weil was Besseres haben die hier nicht!" Grinste ich ihn verschwörerisch über den Tisch hinweg an.
„Aber nur, weil ich sonst befürchten müsste, dich hier nie wieder loszubekommen." Sandro hatte unseren Tisch erreicht und meinen Kommentar natürlich aufgeschnappt. „Elias, darf ich dir Sandro vorstellen?", überging ich seinen Einwand und deutete mit der Hand auf den Genannten. „Ihm gehört dieses wunderbare, schicke und wie du selbst siehst gut besuchte Etablissement." Mich und meine Ansprache komplett ignorierend reichte Sandro Elias die Hand und beugte sich dabei vor. „Freut mich, dich kennen zu lernen! Ich habe schon viel von dir gehört!" Etwas irritiert ergriff Elias dessen Hand. Versicherte ihm, dass die Freude auch ganz seinerseits war, und blickte mich anschließend fragend an. „Was darfst denn sein?", unterbrach Sandro unser Blickduell. „Zwei mal den Single Malt, bitte!", gab ich unsere Bestellung auf. Er nickte mir zu und verließ wieder unseren Tisch Richtung Bar.

Kaum das er weg war, beugte sich mein Herzblatt zu mir rüber und ich kam ihm entgegen. „Der sieht ja aus, wie ein Mafiaboss!", raunte mir Elias verschwörerisch zu. „Meine Rede!" Endlich jemand, der mich verstand. „Aber wenn ich das sage, kassier ich immer Schläge von Luigi!", strahlte ich Elias an.

„Also was läuft da zwischen Luigi und dem Mafiosi?", wollte Elias wissen und lächelte verwegen. Es stand ihm und ließ mein Herz ganz kurz stolpern. Konnte ich aber geschickt ignorieren, schließlich war ich schon ein großer Junge, und durchaus geübt in Verdrängung.
„Luigi ist der festen Überzeugung Hetero zu sein. Wenn du mich fragst, ist da das letzte Wort noch nicht gesprochen!", klärte ich ihn auf. „Und was Sandro angeht, der zieht Luigi, seit wir ihn kennen, und das sind schon Jahre, mit den Augen aus!"
So unterhielten wir uns fröhlich und entspannt, einen Whiskey nach dem anderen trinkend, weiter.

Etwas drei Gläser später tauchte auf einmal Elias Schatten auf. „Da steckst du ja! Hab dich schon überall gesucht!", sprach Blondie und ging dabei hinter Elias in die Hocke. Schon hatte er diesen von hinten in eine Umarmung gezogen. Elias schüttelte ihn aber genauso konsequent ab wie mich, na wenigstens etwas. Sonst wäre ich echt beleidigt.

„Ihr beide seid gruselig!", stellte Elias fest und sah dabei von Tom zu mir und wieder zurück, ging aber nicht auf unsere fragenden Blicke ein.

„Als ich dir sagte, du sollst dir einen Kerl zum Ficken suchen, meinte ich nicht grade ihn!", rügte Blondie meinen Elias und gab ihm gleich darauf einen Klaps auf den Hinterkopf. „Soso ...", konnte ich mir nicht verkneifen. „Du bist als tatsächlich hier, um dir jemanden aufzureißen? Hab ich mir schon fast gedacht, so gut wie du heut aussiehst!"
„Nicht wahr? Und er wollte es tatsächlich nicht anziehen!", mischte sich Tom ein. „Doch, vor allem das Hemd, es hat fast die gleiche Farbe wie seine Augen.", musste ich ihm fairnesshalber beipflichten. „Ach was Augen, hast du dir mal seinen Arsch in dieser Lederhose angesehen?", konterte Tom seinerseits ungeniert. „Oh ja, diesen hat bestimmt keiner der Kerle hier übersehen!", erwiderte ich, da ich ausnahmsweise vollkommen gleicher Meinung wie dieser Kerl war. „Soll ich euch vielleicht allein lassen?", unterbrach Elias sichtlich genervt, das aufzählen seiner Vorzüge.
„Bis wann willst du heim? Ich darf morgen früh raus, da wo du dich noch mal umdrehst.", wandte sich Tom nun an Elias. Wie das klang ... da kam einem ja das Kotzen. „Ich bring ihn schon nach Hause!", antwortete ich, bevor es Elias tun konnte. „Ja, ist klar! Von was träumst du nachts.", spottete Blondie. „Spar dir die Ausführungen ... ich kann es mir durchaus denken. Ich habe ihn mit hier her gebracht, ich nehme ihn auch wieder mit!", protestierte Tom weiter und ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen. „Schätzelchen, wie alt bist du denn überhaupt, dass du dich wie eine Glucke aufführst.", zog ich ihn auf. Das ging ja mal gar nicht. Er sollte einfach die Fliege machen und uns in Ruhe lassen.
„Hey, ich bin schon 23.", empört erhob er sich aus der Hocke und stemmte seine Hände dabei in die Hüfte, um mich nun finster mit seinem Blick zu erdolchen. „Oh wie süß, doch schon 23.", spottete ich. „Dann musst du ganz gewiss schon ins Bett und lässt uns, die zwei Opas, noch ein bisschen gemütlich beieinander sitzen."
Wütend starrte er mich an und ich starrte provozierend zurück. Da erhob sich Elias auf einmal. Winkte in die Runde und verabschiedete sich mich den Worten „Viel Spaß, ihr Streithähne", bevor er uns den Rücken kehrte und uns einfach stehen ließ. „Scheiße...", entkam es uns synchron, da lief Tom auch schon hinter Elias her. Auch ich sprang auf, um beiden zu folgen. Bis wir beide Elias erreicht hatten, war er schon dabei einen Taxifahrer anzusprechen. Uns beide völlig ignorierend stieg er ein und fuhr wortlos davon.

„Verdammt auch, jetzt darf ich alleine Bahn fahren.", fluchte Tom und stampfte in seinem jugendlichen Charme auf den Boden. „Kommt nicht in Frage, du fährst bei mir mit.", rügte ich Blondie und ging bereits auf das nächste wartende Taxi zu. „Nen Scheiß werd ich tun!", traute sich der, sich in seinem jugendlichen Leichtsinn zu widersprechen. „Ja klar, und dann passiert dir was und ich kann mir von deinem Chef anhören, was für ein Arsch ich war!", erklärte ich mich unnötigerweise, dafür aber ziemlich genervt. „Also vergiss es und steig ein." Dabei hielt ich ihm die Tür auf. Widerwillig und vor sich hin murrend stieg er trotzdem brav ein und wir fuhren wortlos Richtung Heimat. Jeder zu sich, versteht sich.

Schmeiß die Cupcakes an die Wand (Capcakes 1)Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz