Alex - auf ein Date mit Granny

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Ich liebte meine Granny über alles, aber ab und zu... so wie jetzt gerade... da könnte ich...

„Mein lieber Junge, du siehst heute aber so richtig beschissen aus. Sag, welcher Kerl trägt die Schuld daran?"
Wie jeden Montagnachmittag war mein Ziel das Altersheim, in dem meine Granny lebte. Bestückt mit Blumen, Kuchen und den neusten Klatschblättern betrat ich gerade ihr Zimmer, da schallt mir schon so eine nette Begrüßung entgegen. Böse Zungen behaupteten, ich hätte meine liebenswürdige, direkte Art von ihr. Wenn man mich fragte, war ich im Vergleich zu Gran ein frommes Lamm.

„Gran, mir geht's super! Wie geht es dir?", wollte ich viel lieber wissen. Beugte mich zu ihr hinab und küsste ihre Stirn. Besorgt musterte ich sie, Granny war bereits 87 Jahre alt und sah von Besuch zu Besuch, bleicher und magerer aus. Ich fürchtete bereits den Tag an dem ...

„Alexander!", durchbrach ihre schneidende Stimme meine Gedanken. „Sieh mich nicht an, als wäre ich bereits auf dem Totenbett aufgebahrt! Dafür ist später Zeit genug. Erzähl mir lieber, wer schuld an diesen verheerenden Augenringen ist. Muss ich ihn verprügeln?" Todernst ruhte ihr erbarmungsloser Blick auf mir. Man musste dazu sagen, sie scherzte nie, was solche Drohungen anging! Wenn es sein musste, würde sie sich mit ihrem Krückstock aus dem Bett schleppen und den Unhold, der ihrem kleinen Wonneproppen, ja so nannte sie mich gelegentlich und Mike würde mich das auch nie wieder vergessen lassen, mit ihrer Handtasche vermöbeln.
„Es ist ni ...", begann ich gerade und wurde gleich wieder unterbrochen.
„Papperlapapp, ich bin vielleicht alt und gebrechlich, aber noch lange nicht blind! Also hör auf mich zu Veräppeln. Raus mit der Sprache! Wie heißt er?", sprudelte es nur so aus ihr heraus. „Und keine Ausreden, sonst Gnade dir Gott!" Dabei bohrte sie mir ihren knochigen Zeigefinger in die Brust.

Seufzend ließ ich mich auf den Besucherstuhl neben ihrem Bett fallen. Leugnen war zwecklos. Und auf keinen Fall wollte ich Grans Zorn auf mich lenken. Wenn sie erst mal sauer war, war mit ihr, wirklich nicht gut Kirschen essen.
„Elias", zischte ich durch zusammengebissene Zähne.
„Sprich lauter, ich bin nicht mehr die Jüngste!", wurde ich sogleich von meiner liebreizende Granny gerügt. Hatte ich schon erwähnt, dass ich ihr nie was recht machen konnte?
„Er heißt Elias", wiederholte ich lauter und verbat mir gleichzeitig jeden weiteren Gedanken an ihn.
„Und wieso hängt der Haussegen schief?", fragte meine liebste Großmutter, musterte mich dabei mit Argusaugen und hob skeptisch eine ihrer Augenbrauen.
„Was?", entfuhr es mir empört. „Ich bin doch nicht mit ihm zusammen, Gran! Du weißt ich ..."
„Ja, ja mein Schatz ...", wurde ich erneut unterbrochen. „... dafür bist du dir zu fein!"
„Granny ...", zischte ich.

Ich liebe sie, ich liebe sie, ich liebe sie ... betete ich mir mental immer wieder vor. Sonst war sie wirklich eine ganz Liebe, aber wehe es ging um mein, in ihren Augen nicht vorhandenes, Liebesleben, da konnte sie wirklich zur Furie werden und es gab kein Erbarmen.

„Gut, gut! Gehen wir die Sache anders an, Herr Anwalt! Was genau hat dieser Elias verbrochen, um ihnen schlaflose Nächte zu bereiten? Spaß war es nicht!"
„Gut geschlussfolgert Sherlock ...", überging ich ihre Frage.
„Seit wann bist du so verbittert, alter Mann?", spottete Granny, lachte tief auf und griff nach meiner Hand.
„Was ist passiert, mein Schatz?", wollte sie nun ernst und doch sehr liebevoll wissen. Dabei strich sie immer wieder beruhigend über meine Hand und sah mich durchdringend an.
„Ich habe ihn geküsst!", rutschte es mir heraus, bevor ich es aufhalten konnte. Verdammter Mist. Aber wenn sie diesen liebevollen Ton anschlug, entlockte sie mir jedes Geheimnis! Und, dass ich nun meinte seine Lippen wieder auf den meinen zu spüren, war nicht gerade hilfreich dabei.
„Du hast was???" Gran erhob sich ächzend in ihrem Bett und starrte mich ungläubig an. „Das ich das noch erleben darf... Lass mich raten, es hat dir gefallen und dein Problem ist nun, du kannst es nicht vor dir selbst leugnen."
„Es war okay.", versuchte ich, mein vorlautes Geständnis etwas abzumildern. Es war wirklich nur ok, und ich brauchte ihn nicht!
„Ha!", kam es da auch schon wie aus der Pistole geschossen, dabei drohte ihr Zeigefinger erhoben vor meinen Augen.
„Dr. Watson, sie waren durchaus schon mal besser darin, mich zu überzeugen...", dann wurde ihre Stimme wieder sanft. „Mein liebster Wonneproppen, es ist keine Schande, wenn es dir gefallen hat. Du bist schließlich auch nur ein Mensch. Mit Gefühlen. Auch wenn ich durch aus hin und wieder meine berechtigten Zweifel daran habe." Beendete sie ihre Ansprache und zwinkerte mir zu.
„Wie kam es dazu? Die ganze Geschichte bitte!", wollte sie nun wissen. Also rollte ich mit den Augen und begann zu erzählen. Zieren war an dieser Stelle bereits zwecklos, sie würde so lange keine Ruhe geben, bis sie alle Details kannte. An ihr war wirklich ein guter Anwalt verloren gegangen.
„Ich hab ihn auf der Hochzeit von Mike kennen gelernt. Da hat er mich das erste Mal abblitzen lassen. Gestern war ich in seinem Café, wo ich die zweite Abfuhr kassierte. Und zu guter Letzt hab ich ihn mit seinem Kellner im Club von Sandro getroffen. Da ist mir der Kragen geplatzt, wir haben uns an gestritten und ich hab ihn geküsst. Ende der Geschichte." Mehr gab es nicht, mehr würde es nicht geben.

Granny ließ sich zurück auf ihr Kissen sinken, schloss müde die Augen und seufzte. „Jetzt kann ich sterben..."

Schmeiß die Cupcakes an die Wand (Capcakes 1)Où les histoires vivent. Découvrez maintenant