Angriff

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Elionor wurde früh von lauten Rufen geweckt. Noch müde drehte sie sich im Bett um und vergrub ihr Gesicht im Kissen. Doch nach kurzer Zeit überwand die Neugier die Müdigkeit und sie stand auf. Als sie aus dem Fenster sah, erblickte sie einen aufgeregten Mann, der durch die Straßen rannte und laut schrie.

Sie kannte diesen Mann, obwohl ihr gerade sein Name entfallen war. Er hatte irgendeine wichtige Rolle beim Militär, das irgendwo in der Nähe stationiert war, inne und hatte auch eine Verbindung in der Stadt gegründet, von der aber niemand den Nutzen wusste. Ihre Mutter hatte ihm nie besondere Sympathie entgegen gebracht, weshalb sie sich auch nie besonders mit ihm beschäftigt hatte.

„Drachen gesichtet. Drachen greifen an." Mehr als das konnte sie vom Fenster aus nicht verstehen. Männer und Frauen strömten auf die Straße und sahen sich neugierig um oder riefen dem Mann etwas zu.

Elionor setzte sich verwirrt auf ihr Bett.
Drachen gibt es doch nicht. Diese kommen doch bloß in Märchen vor. Oder doch nicht? Warum würde jemand denn so eine Lüge erzählen?

Als sie die Stufen hinunter ging knallte unten die Tür zu. Ihre Mutter erklärte ihr kurz was in den letzten paar Stunden geschehen war, während sie die wichtigsten Sachen zusammen packte, da sie zur Arbeit ins Spital musste. Was Elionor verstanden hatte wurden irgendwo am Himmel dunkle Schatten gesehen, die Drachen sein sollten und jetzt gerieten alle in Panik, was eigentlich etwas albern war. Wer glaubte schon an Drachen? Doch noch während sie das dachte kam sie drauf, dass sogar sie daran glaubte, sie konnte irgendwie nicht anders. Doch auch wenn, was beweist, dass die Drachen den Menschen Böses wollen.

„Dein Vater will schauen, was da los ist und ich muss zur Arbeit. Bleibt einfach im Haus bis sich dieser Aufruhr gelegt hat. Schule findet bei diesem unnötigen Chaos nicht statt, also mach dir einen schönen Tag. Mit Ruben habe ich schon geredet", ihre Mutter winkte ihr zum Abschied, dann schloss sie die Tür.

Nachdenklich ging Elionor in ihr Zimmer zurück.
Es sieht ganz danach aus als ob es einen Kampf geben würde.  Aber gegen Drachen? Damit hat wohl keiner gerechnet. Bis vor kurzem hat man noch nicht mal an ihre Existenz geglaubt. Und jetzt gegen sie kämpfen? Haben wir überhaupt Chancen? Woher wussten sie eigentlich, dass die Drachen kämpfen wollen?

Das alles ging Elionor durch den Kopf, während sie wieder aus dem Fenster schaute. Am Horizont konnte man schon dunkle Schatten erkennen von denen sie vermutete, dass es Drachen sind.

¯¯*¯¯

Charles stand am großen Marktplatz, vor ihm stand der Leiter des Militärs. Er hatte versucht mit ihm zu reden, doch dieser war nicht davon abzubringen mit den Drachen zu kämpfen. Charles wusste, dass Menschen gegen Drachen keine Chance haben und hatte alles Mögliche versucht um den Kampf zu stoppen. Er hätte schon längst aufgegeben, doch er wollte seine Familie nicht im Stich lassen, seine geliebte Frau Katharina, seine Tochter Elionor und seinen Sohn Ruben. Er musste diesen Kampf stoppen.

Große Schatten näherten sich der Stadt. Als sie näher kamen schossen die ersten auf die Fabelwesen. Doch die Kugeln prallten von den Schuppen der Drachen ab. Die Männer gerieten in Panik, denn ohne ihre Pistolen waren sie wehrlos. Mit was sollten sie sonst kämpfen? Es wurde heftig diskutiert, bis einer vorschlug doch wie in den Sagen mit Schwertern zu kämpfen. Das war leichter gesagt als getan, denn keiner der Versammelten konnte mit einem Schwert kämpfen.

¯¯*¯¯

Elionor saß schon drei Stunden vor ihrem Fenster. Sie konnte noch immer nicht glauben, dass wirklich Drachen sie angreifen. Das klang so unrealistisch, doch was war in letzter Zeit nicht unrealistisch?

Ein Beben ging durch das Haus und die Vase, die einmal auf ihrem Tisch gestanden hatte, fiel herunter. Schockiert blickte sie sich im Zimmer um und sah aus dem Fenster, doch sie konnte den Grund nicht finden.

Verzweifelt und verängstigt lief sie aus dem Haus und blieb wie erstarrt stehen. Auf dem Dach ihres Hauses war ein Drache gelandet.

Planlos begann sie durch die Straßen zu rennen. Alle ihr einstmals so bekannten Gassen kamen ihr fremd vor, die Panik hatte ihr völlig die Orientierung genommen. Sie wusste nicht wo ihr Bruder war, sie hoffe bloß in Sicherheit. Sie hörte hinter sich ein Scheppert und Donnern.

Jetzt ist unser Haus eingestürzt, dachte sie schaute aber nicht zurück. Sie hatte Angst davor was sie sehen würde.

Elionor rannte weiter, immer weiter. Sie stolperte, flog hin, rappelte sich wieder auf und lief weiter. Im Augenwinkel sah sie einen Drachen hinter sich, was sie noch schneller laufen ließ. Elionor wusste gar nicht mehr wohin sie rannte, sie bog einfach in irgendwelche Gassen ab, in der Hoffnung das Monster abzuhängen. Sie sah nichts mehr und nahm nichts mehr war, sie wollte stehen bleiben, doch die Angst trieb sie an. Das Mädchen rannte und rannte bis es irgendwann in jemanden reinlief. Derjenige zog sie rasch in eine Seitengasse und hielt ihr den Mund zu. Der Fremde wartete kurz dann ließ er Elionor los. Es war Philipp, der angeblich coolste Junge aus ihrer Klasse. Fast alle Mädchen fanden ihn toll, doch Elionor war davon überzeugt, dass er nur nervig war.

Bevor Elionor los schreien konnte meldete er sich zu Wort: „Was machst du hier. Du solltest doch im Haus bleiben so wie alle anderen Mädels."

"Wäre ich das, wäre ich jetzt platt wie eine Flunder" erwiderte Elionor spitz. Sie war ein bisschen stolz und von Philipp wollte sie sich überhaupt nichts sagen lassen.

"Der hätte dich fast umgebracht!", er zeigte auf die Straße auf der Elionor vorher gerannt war.

Das Mädchen sagte lieber nichts, denn wenn Phil wütend war, war das die Beste Methode. Doch schweigen würde Nachgeben bedeuten und dass wollte sie auf keinen Fall. So sagte sie nach einer Pause: „Na und. Entweder das oder platt gedrückt von einem Haus. Da werde ich lieber gefressen."

Elionor setzte sich und atmete tief durch um sich nicht zu sehr aufzuregen. Der Junge tat anscheinend das gleiche. Für einen Moment sagten beide nichts, bis Elionor den Mund aufmachte um etwas zu sagen. Doch Philipp kam ihr zuvor. „Sei still, da kommt einer. Da nimm das und wenn er vorbeifliegt sticht du es ihm in den Bauch", er reichte ihr ein Messer.

Als der Drache vorbei flog konnte sich das Mädchen aber nicht dazu überwinden. Irgendwas in ihr sagte, fast schrie, „nein" und der Rest des Körpers gehorchte der Stimme.

Philipp sah sie herausfordernd an. „Du hättest ihn töten können!"

"Hör zu Phil, ich kann das nicht", sagte sie, schmiss das Messer auf den Boden und lief auf die Straße. Sie wusste nicht warum sie das getan hatte aber sie wollte weg von Philipp. Er meinte Mädchen könnten nicht auf sich selbst aufpassen, doch sie brauchte seinen Schutz nicht.

Sie hörte ihn noch hinter sich schreien, sie solle zurückkommen und aufpassen, doch sie ignorierte ihn. Plötzlich stand ein großer blauer Drache vor ihr. Die vielen kleinen Schuppen in Blau und Türkistönen schimmerten im Licht der Sonne. Der Anblick wirkte verzaubert, so schön und gleichzeitig gefährlich.

Langsam ging sie zurück doch er folgte ihr. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut und ein Schauder lief ihr über den Rücken. Immer weiter ging sie zurück bis sie an die Wand eines Hauses stieß. Schützend hielt sie die eine Hand über ihren Kopf, die andere streckte sie weit von sich weg, in Richtung Drache.

"Was machst du Elly. Auf mein Zeichen rennst du", schrie Philipp, als Elionor sich gerade fragte ob es sehr wehtun würde.

So das ist mein viertes Kapitel von Drachenkind. Ich hoffe es gefällt euch, ich würde mich über Kritik, Kommentare und natürlich über Votes sehr freuen.

DrachenkindWhere stories live. Discover now