Das Ende von etwas Großem

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"Du kannst Menschen nicht einfach ihre Erinnerung nehmen. Das ist wie Diebstahl, nur noch schlimmer, weil es keinen Weg gibt, sie zurück zu bekommen", rief Ferus aufgebracht, während er wild mit den Armen gestikulierte.

"Und Drachen zu töten ist nicht schlimm? Stell dir vor, was die Verrückten alles anstellen könnten! Vielleicht beschließen sie auch irgendwann andere Menschen umzubringen! Wäre nicht das erste Mal in der Geschichte der Menschen", erwiderte ein anderer Drache und erntete zustimmendes Gemurmel.
Seit die anderen Drachen von ihrer Befragung zurückgekommen sind und Ferus und Elionor ihnen von der Zauberkraft des Steines erzählt haben, war eine hitzige Diskussion ausgebrochen. Einige waren dafür, die Erinnerung der Gehilfen Konrads zu löschen, andere, vor allem Ferus, dagegen.

"Jetzt seid doch alle still! So kommen wir nie weiter!", unterbrach Elionor sie. Langsam wurde es ihr alles zu viel. Als sie aufgebrochen waren zu dieser Reise, hatte sie nicht darüber nachgedacht, was am Ende passiere würde. Für sie war immer nur wichtig gewesen, die Steine vor Konrad zu finden. Doch was danach kommen würde, war ihr nie in den Sinn gekommen. Vielleicht hatte sie versuch, das zu verdrängen, weil ein danach eine Entscheidung verlangt hätte: würde sie für immer bei den Drachen bleiben, oder wieder zu ihrer Familie zurückkehren?

Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie alle anstarrten, so sehr war sie in ihren Gedanken verloren gewesen. "Ähm", an den Augen, die sie gebannt ansahen, konnte Elionor erkennen, dass alle erwarteten, dass sie etwas sagte. "Wenn wir uns streiten, kommen wir überhaupt nicht weiter. Wir müssen zusammen eine kluge Entscheidung treffen."
"Und welche ist klug?", fragte ein Drache. Elionor sah ihn verwirrt an, sie hatte keine Ahnung. Die einen hielten es für klug, die Erinnerungen zu löschen, die anderen nicht. Und irgendwie konnte sie beide Seiten verstehen.

Sie blickte um sich und ihr Blick landete auf Ferus, seine Stirn gerunzelt kaute er unruhig auf seinen Fingern herum. In dem Moment wusste sie, warum er so strikt gegen das Löschen der Erinnerungen war. Es würde auch Konrads Erinnerungen an seinen Sohn, ihn, löschen. Sie musste an ihre Eltern denken. Zwar hatten diese nicht versuch eine ganze Spezies auszurotten, aber Konrad war alles, was Ferus von seiner Familie hatte. Sie schüttelte den Kopf. Das konnten sie nicht tun.

"Wir können diesen Leuten nicht ihre Erinnerungen nehmen. Denkt doch daran, viele von denen haben eine Familie. Kinder, an die sie sich nachher nicht erinnern würden. Sie haben für etwas Falsches gekämpft. Konrad hat ihnen eingeredet, dass Drachen böse sind und wenn wir jetzt ihre Erinnerungen löschen, zeigt das nur, dass er Recht hatte. Wollen wir das? Ich sicher nicht. Wir müssen ihnen zeigen, dass Drachen nett sind, dass wir ihnen nichts tun. Wir dürfen ihnen keinen weiteren Grund geben, uns zu verfolgen", sagte Elionor entschlossen. Es herrschte nachdenkliche Stille zwischen den Drachen, doch sie konnte an Ferus Gesichtsausdruck erkennen, dass er beruhigt war.

"Aber was garantiert uns, dass sie nicht wieder beginnen uns zu jagen", fragte jemand laut.
Elionor überlegte bevor sie antwortete: "Ich. Ich bin ein Mensch, zumindest zum Teil, und ich weiß, wie Menschen denken. Sie jagen Dinge, die ihnen fremd sind und vor denen sie Angst haben. Wenn wir ihnen zeigen, dass sie keine Angst vor uns haben müssen, werden sie uns nicht jagen."
Was Elionor in diesem Moment lieber nicht erwähnte war die Neugierigkeit der Menschen. Sie hoffte es würde nicht dazu kommen, dass Drachen in einem Labor oder Museum landeten, auch wenn das mehr nach Wunschdenken klang. Sie würde die Drachen schon vor den Menschen beschützen und die Drachen konnten sich auch ganz gut selbst verteidigen.

Es brach eine lange Diskussion mit vielen Abers aus, doch als die Sonne schon wieder aufging hatten sie eine Entscheidung getroffen. Die Versammlung löste sich auf und die Drachen machten sich auf den Weg ihre Gefangenen nach Hause zu bringen und sie von ihrer Freundlichkeit zu überzeugen. Elionor schaute ihnen nach, auch als alle schon weg waren, starrte sie noch immer in den Himmel.

"Na dann werden wir uns auch auf den Weg nach Hause machen." Limas Stimme riss Elionor aus ihren Gedanken und ließ sie aufschrecken. "Na los! Auf dem Weg können wir auch besprechen was wir mit unserem lieben Freund Konrad machen."
Sie konnten sich im Punkto Konrads Gehilfen einig werden, doch was sie mit Konrad selbst machen wollten, war ihnen noch nicht klar. Keiner wollte ihn einfach gehen lassen, doch gegen Tod haben auch einige laut protestiert. "Lass uns aufbrechen", stimmte Elionor zu.

Sie kletterte hinter Ferus auf Limas Rücken und schaute sich noch einmal genau um, während sie abhoben und den Dschungel hinter sich ließen. Sie wusste, dass das das Ende war. Das Ende von ihrer Reise, von ihrem Abenteuer. Das Ende von etwas Großem, Wichtigen in ihrem Leben und auch in der Geschichte der Drachen. Doch sie hoffte, dass sich Konrads Leute an die Vereinbarung hielten und nichts erzählten, sodass es nicht in die Geschichte der Menschen eingehen würde. Dann konnten die Drachen wieder untertauchen und in Ruhe leben.

Hey! Ich weiß, es ist Jahre her, dass ich das letzte Mal geschrieben habe. Aber ich habe euch versprochen, dass ich diese Geschichte beende und das werde ich auch! Wie man vielleicht erkennt, ist es nicht mehr so lange. Ich habe noch einen Epilog geplant und dann ist diese Geschichte auch zu ende. 

Es tut mir echt leid, dass ich so inaktiv bin, aber ich mach zur Zeit auch ein Auslandsemester und ich finde leider kaum Zeit. Ich hoffe, dass ich den Epilog in den nächsten ein oder zwei Wochen fertig bekomme.
 

Danke fürs Lesen!


DrachenkindWhere stories live. Discover now