Überlegungen und Umkehr

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„Komm Elionor. Wir müssen los", riss Lima sie aus den Gedanken.
Das Mädchen drehte sich um und blickte in die Höhle. Ferus war mittlerweile auch auf den Beinen und rieb sich etwas verschlafen die Augen.
„Da, zieht das an. Es wird kalt", sagte die Drachendame und warf beiden geschickt mit dem Mund je eine dicke Jacke und eine Hose zu. Die Jacke war schwarz, gefüttert und wirkte unheimlich warm. Die Hose war aus einem schwarzen, merkwürdigen, dicken Stoff und erschien ebenfalls sehr warm.

„Wo hast du da Zeug denn aufgetrieben?", erkundigte sich Ferus skeptisch.
„Konrad und seine Männer haben ihr Lager nicht weit von hier und nachdem Elionor das gestern berichtet hat ist mir ein Gedanke gekommen. Ihr werdet ohne Ausrüstung erfrieren. Also habe ich mich dort ein bisschen umgesehen und das gefunden", meinte Lima und klang zufrieden mit sich selbst.

Elionor war froh, dass Lima der Gedanke gekommen war, denn sie hätte daran nicht gedacht und ohne warmer Kleidung wäre es im Himalaja sehr kalt geworden. Ferus schien nicht ganz so begeistert, im Gegenteil. Er atmete einmal tief ein und aus, dann begann er betont ruhig. „Hast du ein einziges Mal daran gedacht, dass Konrad dich sehen könnte? Konrad, der dich eingesperrt hat und alle Drachen töten will. Was glaubt du wäre passiert, hätte er dich gesehen? Sicher nichts lustiges, das kann ich dir sagen."
„Ferus, reg dich ab. Anscheinend hat sie niemand gesehen und du wirst ihr später noch dankbar sein. Es wir sau kalt werden", sprang Elionor ein.
Ferus sagte nichts mehr, doch es war ihm anzusehen, dass er immer noch höchst unzufrieden war.

Sie flogen schon seit Stunden und es wurde immer kälter. Elionor zog ihre Jacke fester um sich, doch es nützte nichts. Die Kälte war hart und ungnädig. Auch Ferus war kalt, doch er sagte von all dem nichts. Elionor hatte seit dem sie aufgebrochen waren nicht mehr auf die Karte gesehen, da ihre Finger von der Kälte steif waren. Sie machte sich Sorgen, wie sie den Stein finden sollten. Schließlich hatten ihn die Drachen nicht einfach irgendwo hingelegt, sodass ihn jeder sehen konnte.

Lima machte sich genauso ihre Gedanken. Doch sie ließ sich nichts anmerken, da sie den beiden keine unnötigen Sorgen, wie sie es nannte, machen wollte.
So flog die kleine Gruppe über niedrigere Berge und enge Pässe. Doch so lange sie auch suchten, sie fanden den Stein nicht.
Ferus begann wieder mit seinen Reden, dass er von Anfang an dagegen war, was die Sache nicht leichter machte. Das führte auch Elionor zum Zweifel. Sie war sich so sicher gewesen, aber jetzt...

Wir sind so lange her geflogen für nichts und wieder nichts, weil ich mich geirrt habe. Vielleicht hat Konrad den Stein auch vor uns gefunden. Dann hätten wir jetzt keine Chance mehr ihn zu finden.
Aber vielleicht ist er ja hier und wir fliegen die ganze Zeit darüber.
Oder ich habe mich geirrt. Ja, ich habe mich geirrt und wegen mir müssen jetzt alle frieren.
Elionor, denk so etwas nicht. Du hast dich nicht geirrt. Du hattest Recht. Ihr schaut bloß nicht richtig. In den Alpen hättet ihr nicht mehr gefunden.

„Elionor gib es auf! Hier finden wir nichts", riss sie Ferus aus den Gedanken.
Elionor schreckte auf und sah sich um wer gesprochen hatte. Als sie Ferus sah schenkte sie ihm einen verächtlichen Blick und wandte sich wieder ab.

Vielleicht hatte er Recht. Vielleicht sind wir wirklich falsch. Vielleicht hätten wir in die Alpen fliegen sollen.
Erschrocken hielt Elionor inne. So dachte sie nie. Sie dachte immer, dass sie Recht hatte. Nachgeben war nicht sie, denn das tat sie nie. Sie wollte immer Recht behalten und richtig liegen. Sie war stur wie sonst keiner und das liebte sie so an sich. Sie wusste nicht warum, aber es war so.
Verärgert warf sie den Gedanken, Ferus könnte Recht haben, weg und blickte wieder nach unten.

Auf einmal spürte sie wie sehr ihre Glieder schmerzten. Die Kälte nagte an ihren Knochen und Muskeln.
Elionor musste sich bewegen. Sie stand auf ging einige Schritte auf Limas Rücken. Doch durch die Kälte war ihr Panzer gefroren und so ziemlich rutschig. Zwar war Elionor nicht heruntergefallen aber einige Male ausgerutscht.
Verärgert setzte sie sich und steckte ihre Hände in den Mantel.

Am nächsten Tag landeten sie, um eine kleine Rast zu machen.
Elionor sprang gleich von Limas Rücken um sich die Beine zu vertreten, während Ferus zitternd auf Lima sitzen blieb.
Trockenes Feuerholz zu finde war in der verschneiten Gegend nicht leicht. Sie brauchten knapp eine Stunde bis sie einen Haufen zusammen hatten, den Lima und Ferus entzündeten. Gemeinsam saßen sie um das Feuer und wärmten sich während sie ein bisschen aßen. Beim Essen sprach keiner der drei, doch nachdem begann Ferus ein Gespräch.

"Wir sollten umdrehen", sagte Ferus mit bestimmter Stimme.
"Nein, wir sind doch erst grad angekommen und haben noch nicht richtig gesucht. Elionor sag es du ihm doch auch. Wir gehen hier nicht weg bevor wir diesen Stein gefunden haben", schrie Lima fast. Elionor hatte sie noch nie so wütend gesehen.
„Ähm... ehrlich gesagt ...ähm... habe ich auch überlegt...ähm... umzudrehen", meinte Elionor und blickte beschämt zu Boden. Ihr war es irgendwie peinlich zuzugeben, dass sie sich geirrt hatte.
Als sie wieder aufblickte bemerkte sie die Gesichtsausdrücke der beiden. Lima wirkte entsetzt und erstaunt. Ferus hingegen stand bloße Verwirrung ins Gesicht geschrieben.
Kurz sagte keiner etwas und alle starrten Elionor an.

"Du bist doch ein Mensch", unterbrach Ferus die Stille. „Ein Drache würde so etwas nicht sagen."
Lima starrte zu Boden, geschlagen davon, dass auch Elionor umkehren wollte.
"Wenn ihr wollt, dann... Aber ich glaube, dass er hier ist und zwar ganz in der Nähe. Ich bin mir sicher, dass Konrad Williston ihn noch nicht hat. Aber wenn ihr wollt dann fliegen wir jetzt wo anders hin. Wohin auch immer", meinte Lima niedergeschlagen. Sie schluckte fest und zwinkerte, damit sich keine Träne aus ihren Augen stahl und wandte sich ab. Sie war traurig, dass sie jetzt schon umdrehen mussten, wo sie noch nicht gesucht hatten.

Elionor war schockiert über sich selbst und gleichzeitig irgendwie erleichtert. Dennoch war sie nicht zufrieden mit sich, da jetzt Lima so enttäuscht war. Sie war selbst enttäuscht, dass sie den Drachensteine nicht gefunden hatten doch vielleicht könnten sie einen anderen finden.

"Also, brechen wir auf!", sagte Lima mit einer trockenen Stimme.
Elionor stand auf und packe das Zeug, das herum lag, zusammen. Das Feuer war mittlerweile schon ausgegangen, sodass sie es nicht mehr löschen musste.
"Ferus, ich dachte du wolltest unbedingt in die Alpen. Jetzt fliegen wir dort hin. Also steh auf!", forderte sie ihn auf.

"Aber es ist so kalt. Da ist es ja grad so warm", nuschelte der Junge, der die Arme um seine Knie geschlungen und den Kopf darauf gelegt hatte.
Geschockt und erstaunt starrte ihn Elionor an.
"Warm?"
"Starr mich nicht so an. Ich weiß, es klingt verrückt, aber ist so", entgegnete Ferus ein wenig beschämt.
Doch Elionor achtete nicht auf seine Antwort. Ihr war gerade ein Licht aufgegangen.

Was glaubt ihr ist Elionor eingefallen?
Ich freue mich über jede Antwort.
Ist doch schneller gegangen mit dem neuen Kapitel, als ich dachte.
Bitte lasst mir doch ein Feedback da, damit ich weiß, was ich besser machen kann.
Würde mich sehr darüber freuen.

DrachenkindWhere stories live. Discover now