Dreißig

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- IVANA -

Wir reden zu Hause.

Das waren seine letzten Worte, bevor er dem Fahrer des Autos befahl mich, ohne ihn, zurück zu fahren. Zu Hause? Dachte er etwa, dass ich das Anwesen als mein zu Hause ansah? Keine vier Wände würden zu meinem zu Hause werden, so lange ich nicht wusste, dass meine Mutter in Sicherheit war.

Der Schock von all den Geschehnissen saß so unfassbar widerlich in mir drinnen, dass mir beinahe permanent übel war.

Man öffnete mir die Tür des Anwesens von Izàn. Im Flur roch es nach Candelas Parfüm. „Pablo? Bist du's? Sind sie zurück aus Kuba?", ertönten ihre sanften Worte, als sie um die Ecke gelaufen kam.

Als sie mich erkannte, weiteten sich ihre schuldigen Augen. „Ivana" Und dann sah ich es ganz leise und gefährlich in ihren schönen naiven Augen aufblitzen; Enttäuschung.

Sie wollte Pablo, den engsten Verbündeten ihres psychopathischen Bruders, sehen und nicht die Frau, welches das Leben ihrer mächtigen Familie komplett auf den Kopf stellte.

„Diese Freude in deinen Augen habe ich am aller Meisten vermisst, während ich gemeinsam mit deinem Bruder in Kuba Urlaub gemacht habe"

Candela rollte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie würde mir meine Lügen niemals verzeihen. Dafür saß der Schmerz zu tief und ich würde es ihr auch niemals übel nehmen.

„Deinetwegen hat er einen widerlichen Krieg angefangen, Ivana. Wie kannst du in dieser Lage noch Witze reißen?"

Komplett verständnislos sah sie mich an. „Nein, ich vergaß mit wem ich spreche. Ivana, die furchtlose und gnadenloseste Furie. Die Frau, die meinen Bruder für seine Morde in den Knast werfen wollte, aber sobald er für sie mordet ist dir nach Witzen zumute"

Sie war wütend. Und ich verstand ihre idiotische Wut, denn ihr gefiel nicht, dass ihr meinetwegen die Hoffnung auf das Paradies für ihren Bruder genommen wurde. Dachte sie etwa, dass ihr Bruder davor noch nie für tote Menschen gesorgt hatte? Dachte sie etwa, dass er nur meinetwegen in die Hölle, nicht zu ihr ins Paradies, kommen würde?

„Bist du fertig, Candela?" Ihre Lippen teilten sich verstört. „Falls ja, verlass' das Haus"

Sie trat einen Schritt auf mich zu. „Ich hätte dich von Anfang an durchschauen sollen. Wie konnten mir deine bösen Schlangenaugen nie auffallen?"

Ich hob das Kinn langsam und musste beinahe lächeln. Der Mut in ihren Augen amüsierte mich. Das kam mir gelegen, nach all dem Stress am Tag. Nach all dem geflossenen Blut.

Nach all den Blicken ihres Bruders. Und seiner kühlen Stimme, bevor er mich allein in ein Auto steckte.

„Du warst verzweifelt auf der Suche nach Freunden, Candela, deshalb. Du warst zu blind um zu sehen, dass zwei so unterschiedliche Frauen keine Freunde werden"

Sie zog die Augenbrauen zusammen. „Du hast kein Herz, Ivana. Du hast keine Seele. Kannst du mir mittlerweile die Frage beantworten, was man dir angetan hat, dass du so wirst?" Die Frage sprudelte ihre nur so von der Zunge.

Mein Herz schlug schneller.

„Deine pathetischen Fragen kannst du deiner Therapeutin stellen. Ich habe keine Zeit dafür"

IZANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt