Die DNA eines Nixenprinzen

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Letztenendes nahmen Sammy und Tess gemeinsam im Kofferraum Platz, denn Sammy hatte auf ihre nachmittägliche Abmachung bestanden. Ben und Siska saßen gemeinsam vorn, und Lennox und Cassaras nahmen die Rückbank ein. Eigentlich sollte Cassaras gemeinsam mit Thea im Fußraum sitzen, aber der Prinz hatte sich regelrecht geweigert auf so engem Raum eine viertelstunde lang im Auto zu sitzen. Und so nahm stattdessen Alea im Fußraum Platz, gegenüber von Thea. Besonders komfortabel war es nicht, denn Alea musste sich zwischen Lennox' Beine und den Vordersitz quetschen. Thea ging es nicht besser: sie saß vor Cassaras auf dem Boden und hatte augenscheinlich noch weniger Platz als Alea. Aber ihre Schwester nahm das wohl eher uninteressiert in Kauf. Sobald Siska losfuhr, erzählte Alea ihre Geschichte weiter. Von ihrer Flucht aus der Villa über sie erste Wanderernachricht ihrer Mutter bis hin zu Frankreich. Als sie bei ihrem ersten Treffen mit Nelani angelangt war, entschied Alea ihrer Schwester auch zu erzählen, wie sie gehörlos geworden war: durch die Explosion einer Miene in unmittelbarer Nähe. Thea nahm ihre eigene Geschichte gut auf und hatte sich nach wenigen Sekunden des Schocks wieder vollauf unter Kontrolle. Also berichtete Alea ihr von Brighton – wie bei ihrem Straßenbandauftritt plötzlich Darkoner aufgekreuzt waren und selbst Magische sie nicht retten konnten. Auch hier war Thea wieder ziemlich entsetzt, dass ihr Wanderer scheinbar nichts getan hatte, um der Alpha Cru zu helfen und sie sah ihm vorwurfsvoll ins Gesicht. „Du hättest doch wenigstens versuchen können, ihnen zu helfen!", gebärdete sie aufgebracht und schien seine Handlung ganz und gar nicht nachvollziehen zu können. „Er hatte gute Gründe, um das nicht zu tun", verteidigte Alea ihn nun und erzählte Thea haargenau, wie die Darkoner das Anti-Magikum versprüht hatten und der Prinz üble Folgen davongetragen hatte. Thea runzelte die Stirn.

„Ich weiß, dass Anti-Magikum bestialisch für Magische stinkt, aber nicht, dass es sie auch umbringen könnte...", grübelte sie ratlos.

„Orion hat es verbessert. Ich weiß nicht, ob das Anti-Magikum alle Magischen umbringen könnte, denn Orion hat gesagt, dass es hauptsächlich auf Nixen-DNA ausgerichtet ist", erklärte sie. Erschrocken riss Thea die Augen auf.

„Aber wie kommt Orion an Nixen-DNA? Er bräuchte doch eine Blutprobe oder so etwas um zu sehen, worauf Nixen besonders empfindlich reagieren! Und er meidet von allen Magischen hauptsächlich Nixen, weil er sie am meisten hasst!"

Sie zog die Brauen zusammen.

„Nun, er meidet die meisten Nixen..." Theas Blick wanderte wieder zu Cassaras, der ihre Unterhaltung reglos mitverfolgt hatte. Als er Theas stechenden Blick bemerkte, presste er die Lippen aufeinander, als wüsste er, dass ihr die Antwort nicht gefallen würde.

„Möglicherweise hat Orion mir mehrmals Blut abgenommen", gestand er dann finster. Thea schien aus allen Wolken zu fallen.

„Du hast zugelassen, dass der Kerl, der die Meermenschen vernichtet hat, dir Blut abnimmt?! Ohne zu wissen, wofür er es braucht?"

Der Prinz zuckte die Schultern. Aber Thea fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare, als würde jetzt alles Sinn ergeben.

„Wahrscheinlich hat er das Anti-Magikum mit deiner DNA entwickelt! Mein Gott, was, wenn er immer noch Proben hat? Er könnte alles Mögliche damit anstellen!", rief sie mit den Händen.

„Der Magischenvirus!", unterbrach Alea sie. „Er kann mit Cassaras' DNA den Magischenvirus erstellen!"

Thea nickte, als wäre es das, woran sie eben auch gedacht hatte.

„Zum Glück forscht Nelani auch schon an einem Gegenmittel für den Magischenvirus...", überlegte Alea gebärdend. Thea legte den Kopf schief. „Du hast Neuigkeiten über Nelani?"

„Ja!", erwiderte Alea sofort. Erst da fiel ihr auf, dass sie Thea noch gar nicht von den vergangenen Tagen berichtet hatte. Im Schnelldurchgang gab sie nun zuerst den Videoanruf wieder und fasste gedanklich bereits den Plan, Nelani und Keblarr auf der Crucis erneut anzurufen, damit sie und Thea einander endlich wiedersahen. Sofort keimte ein großes Glücksgefühl in ihr auf, das sie innerlich zum leuchten brachte. Mit heißen Wangen erzählte sie dann von der Weisung der Talassiopa und den furchtbaren Zukunftsvisionen, die sie im Herz des Ozeans gesehen hatten. Thea schüttelte nur den Kopf, als könne sie kaum glauben, was sie alles verpasst hatte. Alea kam nun zu dem Teil mit Muras Rückkehr und Thea betonte immer wieder, für wie hinterhältig sie diese Nixe hielt. Auch wenn Alea ihrer Schwester vollauf zustimmte, überkam sie dennoch ein seltsames Gefühl, wenn sie an die brutale Todesszene der Nixe dachte. Thea schien sich die Situation gedanklich auszumalen, denn sie schüttelte sich leicht verstört. Alea nickte nur und erzählte nun, wie der Nixenprinz zurückgekommen war und wie sich herausstellte, dass er kein König mehr sein wollte. Zu Aleas Verwunderung wirkte Thea keineswegs überrascht. Offensichtlich hatte Cassaras ihr schon einige der vorgefallenen Dinge erzählt. Erst als Alea ihr von Venedig berichtete, lehnte Thea sich interessiert vor. Der Prinz schien ihr den Wichtigsten Teil vorenthalten zu haben, weshalb Alea ihr die Ereignisse auf dem alten Friedhof bis ins kleinste Detail schilderte. Vor Erstaunen klappte Thea der Mund auf.

„Lennox und Cassaras sind...verwandt?! Ich meine, ich weiß, dass Alessandro ein italienischer Musiker aus Palermo war, aber dass Lennox ein Nachfolge..."

Thea beendete den Satz nicht, so verblüfft war sie. Alea nickte und war froh, Thea nicht alles über Alessandro erzählen zu müssen, denn sie wusste anscheinend ziemlich gut über den Vater des Nixenprinzen bescheid.

„Cassaras' jüngerer Halbbruder ist Lennox' Ururgroßvater", erklärte sie ihrer Schwester nun. Die schien immer noch nicht glauben zu können, was Alea ihr da eröffnete, denn sie starrte mit offenem Mund von Lennox zum Nixenprinzen und wieder zurück.

„Das hast du mir auch nicht erzählt!", gebärdete sie dann mit weiterhin geöffnetem Mund in Cassaras' Richtung. Der Prinz brummte zuerst etwas in sich hinein, doch dann gebärdete er: „Wir hatten Wichtigeres zu klären als das." Thea schüttelte den Kopf.

„Ich glaube nicht, dass die Antwort auf die Frage Geht es dir gut? wichtiger ist als die Verwandtschaft von dir und dem festen Freund meiner Zwillingsschwester!"

Thea schien noch mehr gebärden zu wollen, aber sie hielt jäh inne und machte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Wenn Francesco Lennox' Ururgroßvater war dann bist du, Moment... Lennox' Halbururgroßonkel", schlussfolgerte sie. Dann lachte sie laut auf.

„Meine Güte, bist du alt!"

Alea erkannte jedoch an dem frechen Blick, den Thea dem Prinzen zuwarf, dass sie ihn bloß ärgern wollte. Grinsend bewunderte Alea ihre Schwester still. Niemals hätte sie sich getraut, dem Prinzen etwas derart freches ins Gesicht zu sagen, egal, wie lange sie ihn gekannt hätte. Cassaras schien nicht sauer zu werden, allerdings warf er Thea einen entnervten und tadelnden Blick zu. Aber Thea grinste nur und lehnte sich seitlich gegen seine Knie. Der Prinz hatte wohl nichts dagegen. Lächelnd betrachtete Alea die beiden. Diese Freundschaft ist etwas ganz besonderes, dachte sie in Gedanken, lehnte sich dann aber ebenfalls gegen Lennox' Knie. Sie war hundemüde. Der Tag war anstrengend gewesen, aber auch wunderschön. Lennox steichelte ihr liebevoll über den Kopf, und ehe Alea sich versah, war sie auch schon eingeschlafen.

Alea Aquarius: Der Gesang der Wale (Fanfiction)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora