Sonst noch Fragen?

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„Vor drei Jahren kam meine Schwester auf die Nevermore", fing Sebastian an und riss bei dem Wort Nevermore seine Augen auf und machte die klassischen Spirithands, um zu zeigen, wie blöd er den Ort findet.

„Sie hat sich unfassbar doll gefreut. Sie war der Sonnenschein in Person und ich, der schon ein Jahr an der Nevermore war, war ihr beliebter großer Bruder. Niemals hätte jemand dran denken können, einem von uns könnte Leid angetan werden, doch willst du wissen, weshalb die Leute die Dinge taten die sie nunmal gemacht haben?", fragte er und zeigte mit seinem Finger auf Alyssa, bevor er seine Hand zu einer Faust ballte.

„Brandy Jane, aka Bianca Barclay. Die Schlampe war damals noch oberflächlicher als sie es jetzt ist, also lehnte ich sie natürlich ab, immer wieder. Sie kannte meinen Charakter nicht und wollte mich für mein Aussehen, doch das wollte ich nicht. Ich wollte etwas reines, was echtes. Sie wurde wütend und hatte es geschafft alle ihre Freunde auf ihre Seite zu holen. Ich wurde danach zwar nicht gehasst, doch sonderlich beliebt war ich auch nicht mehr. Ich wurde einfach gemieden. Aber weißt du was? Irgendwann hielt einer von ihnen es für eine gute Idee Lily als Ziel zu nehmen.

Es fing harmlos an, indem sie ihr dumme Sprüche nach riefen oder ihr Essen wegnahmen. Sie fanden sie komisch, schwach oder was weiß ich, da sie ihre Kräfte nicht benutzen konnte, egal was sie versuchte, sie kamen nur ganz selten mal in Form eines kleinen Tropfens zum Vorschein.

Jedenfalls wurde das immer schlimmer, da Lily sich nie wehrte, sondern es einfach verdrängte. Als ich dann etwas mitbekam und versuchte etwas dagegen zu tun, wurde es natürlich noch schlimmer. Ich ging zu Weems und erklärte ihr die Situation.
Elf Jungendliche, die nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen haben, außer einer zwölf Jährigen das Leben zur Hölle zu machen.

Weems reagierte nicht. Wieso auch? Biana, Kent, Lumina, Hayley alles ihre verdammten Musterschüler. Jedenfalls nahm die Zeit ihren Lauf und als wäre es nicht schlimm genug, dass Lily ihr Leuchten und ihre Lebensfreude eh schon verloren hatte, lotsten sie sie eines Abends alle gemeinsam in den Raum der Nachtschatten, um ihre Magie aus Spaß heraus zu bringen. Das wollten sie erreichen, indem sie ihre Magie immer wieder an ihr benutzen.

Lumina ging zu weit und es kam dazu, dass sie direktes Licht in Lilys Augen schickte, sodass das arme, kleine, unschuldige Mädchen erblindete. Schnell liefen die Bastarde alle weg und ließen meine nun blinde Schwester, die körperlich und mental am Ende war einfach liegen, bis Thornhill sie fand.

Lily hat es nicht mehr ausgehalten und sich zwei Tage später von dem Schuldach gestürzt. Und das verdammt Schlimmste ist, dass die anderen mit Strafarbeiten davon gekommen sind!", rief Sebastian schon fast und fuhr sich wütend durch die Haare, ehe er sich auf einen Tisch setzte.

„Seit dem frage ich mich, wie Jugendliche so wenig Verstand haben können. Was waren ihre Motive, eine zwölf Jährige, die keiner Fliege Leid zufügen würde, zu mobben? Bereuen sie es? Und warum hat sich keine dieser Missgeburten jemals aufrichtig bei mir entschuldigt?

Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, warum meine Schwester sich umbrachte. Ich wusste, dass sie geärgert wurde, aber noch lange nicht die Breite die das Ganze hatte. Als mir dann vor vier Monaten meine Mutter eine Box zuschickte, in der alte Sachen von Lily waren, fand ich auch einen Brief dabei", erklärte er und äffte anschließend seine Mutter nach:

„Hallo mein Liebling, hier sind Sachen deiner Schwester, die du haben solltest. Wir haben uns endlich getraut, bei ihren Sachen beizugehen. Das Tagebuch hat sie ja immer gehütet wie ein Baby und ja stets gesagt, du bist der einzige, der es jemals lesen dürfte, haben wir das respektiert und naja, hier ist es nun, bla bla bla. So kam ich an alle Infos. Meine clevere Schwester hat alle Gräueltaten, die ihr angetan wurden aufgeschrieben, mit Namen. Also hatte ich nun eine Liste.

Besonders interessant waren die letzten Seiten. Die Schrift war sehr hässlich und die Zeilen wurden nicht getroffen. Dort stand, dass der Arzt bestätigt hat, dass sie ihr Augenlicht für immer verloren hat. Dass sie hofft, dass man ihre Schrift überhaupt lesen kann, da sie ja nicht sehen kann wo und wie sie schreibt und, dass es ihr für uns, alle die sie lieben, leid tut, sie aber nicht so leben kann und möchte. Ein bestimmter Satz hat den Schalter bei mir umgelegt:

Ich war nach den letzten Wochen voller Mobbingattacken sowieso am Ende, doch jetzt, bin ich blind, also kann ich nicht mal mehr ein bisschen Schönes in der Welt sehen und um ehrlich zu sein, habe ich einfach keine Kraft mehr hier zu bleiben.

Zwölf Alyssa. Sie war zwölf. Ich habe das Richtige getan. Mein einziger Fehler war, dass ich es nicht früh genug zu Ende gebracht habe!", gestand der Junge und sah dem Mädchen in die Augen.

„Und das Armband? Du hast es verloren, hattest es dann aber doch", fragte Alyssa, damit sie nicht auf seine Geschichte reagieren musste, denn wenn sie ehrlich war, verstand sie ihn und hätte vor einiger Zeit nicht unbedingt anders gehandelt.

„Es ist ein Geschwisterarmband. Ich habe das meiner Schwester in der Box zugeschickt bekommen und schnell angezogen, nachdem ich meins verloren habe. Du warst mir ja damals schon auf der Spur", lachte der Junge und Alyssa konnte nicht glauben, dass sie immer noch so viel Empathie für ihn empfand, immerhin war er ein Mörder.

„Sonst noch Fragen?".

Hey ihr :)
Langweiliges Brückenkapitel, I am sorry, aber wir wollen ja auch alles verstehen können, nicht wahr?
1. Wie findet ihr das Kapitel?
2. Was hättet ihr an Alyssas Stelle zu Sebastian gesagt?
3. Übrigens stelle ich mir die Aussprache seines Namens englisch vor haha, also: Sebästschen (Falls das irgendwie im geringsten Sinn ergibt haha)
4. Happy Friday euch allen <3

-Wednesday-     Alyssa DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt