Kapitel 8

179 32 7
                                    

Ich kam gerade aus der Dusche, als ich den geliebten Ton einer neuen Nachricht vernahm. Das Telefon lag noch immer auf meinem Bett. Ich stand nackt davor und sah dem kleinen roten Licht beim Blinken zu. Das Herz schlug mir bis zum Hals und meine Hände zitterten. Meine Finger berührten das schwarze Display und ich schloss kurz meine Augen.

Zweifel, Unsicherheit und Scham vergifteten meinen Verstand. Was hatte ich getan? Warum hatte ich es getan? Was denkt er nun von mir? Diese Fragen drehten sich unablässig in meinem Kopf. Es war gut. Nein. Es war nicht gut. Wie komme ich nur darauf das es gut war?

Es war fantastisch. Sinnlich und erotisch. Die Luft knisterte und ich fühlte mich so frei. So frei und losgelöst von den Sorgen und Ängsten. Den Zweifeln und dunklen Gedanken. Ich fragte mich nicht, ob meine Haut zu blass war oder er meine Brustbehaarung als störend empfand. Ich fragte mich nicht ob meine Muskeln fest und mein Bauch straff genug war. Ich fragte mich nicht ob meine Küsse ausreichten um pure Lust und heiße Leidenschaft zu entfesseln. Ich fragte mich nicht, ob er mich schön findet.

Ich ließ mich fallen und mein Kopf war leer. Einfach frei. Die ganzen Fragen waren verschwunden, weggeblasen, wie von Geisterhand vertrieben. Und trotzdem blieb ein letzter Rest Zweifel.

Ich schlief in dieser Nacht ruhig. So ruhig und fest wie schon lange nicht mehr. Mit einem Lächeln auf dem Lippen versank ich in die Welt des Traumes und dort erwartete mich ein Mann mit wunderschöner karamellfarbener Haut. Ich schlief so ruhig, weil ich mit zittrigen Händen die Nachricht von meinem schönen Fremden las. Und erst am Ende bemerkte ich, dass ich die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Erleichtert atmete ich aus und ließ mich einfach auf das Bett fallen. Mit im Kissen vergrabenen Gesicht versuchte ich mein wild schlagendes Herz wieder auf Normalrhythmus zu bekommen. Irgendwann gelang es mir und ich las seine Nachricht ein zweites Mal.

Mein lieber RobinHood.
Auf die Gefahr hin, dass es jetzt komisch zwischen uns ist, wollte ich dir dennoch sagen, dass es mir unglaublich gut gefallen hat. Du hast einen wunderschönen Körper. Und nicht nur dein Körper ist schön. Auch deine Seele und deine Gedanken sind im Einklang mit den Worten, die du mir schenkst, ein kleines Wunder für mich. Lange habe ich nicht mehr so gefühlt wie mit dir. Ich liebe deine Worte. Sie erfreuen mich jeden Tag und zaubern mir ein Lächeln auf das Gesicht.

Wir kennen uns nicht, sind im Grunde Fremde und dennoch fühle ich mich sehr wohl bei dem Gedanken daran, dass dieses Erlebnis nicht einmalig bleibt.

Schlaf gut mein Hübscher. Träume etwas Schönes.
Dein Copperfield

Und nachdem sich meine Lungen wieder mit genügend Sauerstoff gefüllt hatten, antwortete ich mit leicht zittrigen Händen auf seine Nachricht.

Lieber Copperfield,
danke für deine Worte. Das bedeutet mir sehr viel. Schlaf gut.
RobinHood

Den ganzen Tag über ist meine Stimmung hervorragend. Wie könnte es auch anders sein? Letzte Nacht war so wundervoll. Als am Morgen keine Antwort von Copp kam sah ich meine letzte Nachricht und hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt. Was hatte ich da geschrieben? Ein bisschen dürftig dafür, dass wir zusammen ein Sexabenteuer hatten. Auch wenn wir uns dabei nicht gesehen haben. Er verdient mehr als ein schlichtes danke. Seufzend begann ich zu schreiben und wie jedes Mal, überraschten mich meine offenen Worte.

Guten Morgen lieber Copp,
ich hoffe, du hast gut geschlafen. Denn ich habe es definitiv. Und der Grund dafür, warst eindeutig du. Unser kleines Abenteuer war sinnlich und erotisch. Es hat mir mehr als gut gefallen. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, du hast mich entjungfert. Es war mein erstes Mal, dass ich einem anderen Mann Fotos von mir geschickt habe. Also Nacktfotos. Und seltsamerweise fühlte ich mich gut dabei. Das hätte ich nicht erwartet. Aber in deiner Gegenwart, wenn man es so beschreiben kann, da habe ich das Gefühl frei zu sein. Ich kann mit dir offen und ehrlich über so viele Dinge reden. Ich liebe es und wünsche mir, dass unsere Freundschaft durch letzte Nacht keinen Riss bekommt.

Bei dem Gedanken an letzte Nacht wird mir heiß. Meine Fingerspitzen beginnen zu kribbeln. Ist es pervers von mir, wenn in meinem Kopf noch immer ein Film abläuft? Ich sollte jetzt aufhören.
Dein RobinHood

Nervös sitze ich im Pearls Harvest und warte auf meine Schwester. Ihre Schicht ist jeden Moment zu Ende und sie möchte mit mir reden. Ich kann mir denken worüber. Auch wenn ich nicht mehr sauer auf Stacey bin, möchte ich ihre Erklärung natürlich hören. Ich beobachte ein Pärchen, sie eine große hübsche Afroamerikanerin, er ein hübscher Mann mit schwarzen Haaren und asiatischen Gesichtszügen. Ich kann sein Gesicht nicht komplett erkennen, er sitzt etwas schräg zu mir. Aber das, was ich erkenne, gefällt mir gut. Die beiden wirken sehr vertraut miteinander und lachen viel.

Ein beklemmendes Gefühl macht sich in meiner Brust breit. Ich hatte nie ein Problem damit allein zu sein. Die Männer kommen auch gar nicht mit meiner Art klar. Also warum erst die Mühe machen und sich verlieben, wenn sie sowieso nach ein paar Wochen das Weite suchen. Aber wenn ich das Pärchen dort hinten am Fenster beobachte, keimt der Wunsch in mir auf, mit der Frau zu tauschen.

"Hallo Ashton", höre ich Stacey leise sagen. Ich lächele leicht und sie setzt sich neben mich. Stacey ist eine starke Persönlichkeit. Ganz das Gegenteil von mir.
"Es tut mir leid. Ich hätte das nicht tun dürfen", platzt sie heraus und ich greife nach ihrer Hand. Sie zittert leicht.
"Was genau?", frage ich.
"Ich hätte dir dein Telefon einfach geben sollen. Aber ich konnte dem Drang nicht widerstehen. Als ich im Bad war kam die Nachricht und ich musste einfach auf das Display schauen. Der Name ist ungewöhnlich und anhand dessen, was er geschrieben hat, wurde ich neugierig."

"Er klang besorgt und du scheinst ihn besser zu kennen. Dabei hast du doch außer Julian keinen Freund." Und das hat auch seinen Grund. Ich bin nicht der gesellige Typ.
"Lernen wir ihn kennen?", fragt Stacey und ich verdrehe die Augen.
"Wir sind kein Paar. Wir schreiben uns nur Nachrichten." Stacey nickt und schweigt.
"Hör zu. Mein Telefon ist tabu. Auch ich habe ein Privatleben. Es ist nicht so spannend wie deines, aber ich habe eines. Ich möchte, dass gewisse Dinge privat bleiben. Auch wenn wir immer ehrlich zueinander waren. Du warst immer für mich da. Genauso wie Julian. Aber Copperfield ist privat."

Mit eindringlichen Blick nehme ich ihr eine weitere Entschuldigung ab und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Ich mag es nicht mit Stacey zu streiten und das weiß sie.
"Begleitest du mich später zu Claras Feier?", fragt Stacey plötzlich und ich beginne prompt zu schwitzen.
"Nein", antworte ich schnell.
"Ach komme schon. Elijah arbeitet und kommt später nach. Julian ist auch da. Bitte." Sie sieht mich mit ihrem Hundeblick und ihren großen runden braunen Augen an. Ich habe ein großes Herz.
"Okay. Ich begleite dich", sage ich und schüttele genervt den Kopf. Stacey klatscht fröhlich in die Hände und fällt mir jubelnd um den Hals.
"Vielleicht lernst du auch einen netten Mann kennen." Ich lasse mich seufzend in den Sitz fallen. Das war so klar.

because love knows no boundariesWhere stories live. Discover now