Epilog

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David

Im Leben gibt es nicht nur Sonnenschein! Manchmal müssen dunkle Wolken aufziehen und auch der Regen ist wichtig, denn ohne ihn könnte keine Blume, kein Tier, kein Lebewesen, auf dieser Welt überleben. Ohne ein klärendes Gewitter wäre es immer furchtbar warm oder eben immer bitterkalt. Die Liebe braucht all das auch! Sie kann nicht immer scheinen, ohne Streit kann sie nicht über sich hinauswachsen und auch den Dünger und die Zuneigung braucht sie, um bestehen zu können!

1 Jahr und neun Monate später

"Denkst du bitte auch an das Geschenk, Liebling!", Ich stehe im Flur, ziehe mir die Schuhe an und überlege dann fieberhaft, was Marina und ich noch alles einpacken müssen. Schließlich scheinen wir alles beisammen zu haben.

„Ich denke wir können los. Ich hoffe, dass wir nicht wieder irgendetwas vergessen haben", meint Marina, als wir nach weiteren zwanzig Minuten endlich im Auto sitzen.

Unser heutiges Ziel ist die evangelische Kirche in unserer Nachbargemeinde. Papa und Claudia empfangen uns schon ganz aufgeregt auf dem Parkplatz, der eigentlich nur für die Besucher der Kirche gedacht ist, aber ich wette, dass die Hälfte der Menschen, die ihr Auto hier geparkt haben, heute ganz sicher nicht in die Kirche gehen werden. Ich lenke das Auto geschickt in einen der letzten freien Parkplätze, dann helfe ich Jannes aus dem Auto, der die ganze Fahrt über aufgeregt erzählt hat, wie sehr er sich auf die Taufe von Elias und Fiona, freut. Nachdem wir Papa und Claudia begrüßt haben, hole ich den Kinderwagen aus dem Kofferraum und Marina legt unseren fünf Monate alten Sohn, Elias, in diesen hinein. Aufgeregt klammert sich Jannes an meine rechte Hand und zieht ungeduldig am Ärmel meines Hemdes.

„Wann geht es los, Papa?" Jannes schaut mich mit seinen großen braunen Augen, die er von Marina geerbt hat, an, als ich mich kurz zu ihm hinunterbeuge und seinen Anzug, den er heute anhat, glatt streiche. Mein Sohn ist das Ebenbild meiner Frau, einzig die blonden Haare, hat er von mir mitbekommen.

„Wir gehen jetzt erstmal zu Samu und Maya.. Und dann treffen wir dort Oma, Opa und all die anderen und dann wird es nicht mehr lange dauern, mein Schatz", antwortet Marina für mich und setzt den Kinderwagen in Bewegung. Jannes, Papa, Claudia und ich, folgen ihr.

Vor der Kirche sind schon fast alle versammelt. Ich begrüße zuerst Mama und Jochen, dann meine beiden Schwestern. Mara und Antonia sind furchtbar aufgeregt. Immer wieder schauen sie in den Kinderwagen, in dem Elias gerade friedlich schlummert.

„Ich will, dass er aufwacht...", meint Antonia und schiebt die Unterlippe nach vorne. Sie und Mara sehen sich heute wieder verdammt ähnlich. Beide tragen dasselbe rosafarbene Kleid, auf dem ein paar feine rote Akzente gesetzt sind. Auch die Frisur der beiden ist identisch, beide tragen ihr Haar zu einem Zopf geflochten, an den Seiten hängen ein paar lose Strähnen heraus. Wenn ich den Charakter der beiden nicht kennen würde, dann könnte ich sie nicht auseinander halten. „ Ich will Elias unbedingt auf den Arm nehmen".

„Das kannst du später machen, Süße", mischt sich Marina ein, die in der Zwischenzeit schon ihre Eltern begrüßt hat. Jetzt kommen Selina und Jens auf uns zu. Die Beziehung zwischen Selina und mir hat sich in den letzten Monaten zum Guten gewandt. Zwar merke ich immer noch, wie sehr es ihr teilweise schwerfällt, aber sie hat gelernt, dass das Glück ihrer beiden Kinder am wichtigsten ist. Sogar ihr Verhältnis zu ihrem Sohn hat sich zum Guten gewandt. Dieser hat vor einem Jahr bekannt gegeben, dass er Maya heiraten wird, eine Kollegin von ihm, mit der er schon länger eine Beziehung geführt hat. Ihre gemeinsame Tochter, Fiona, ist sieben Monate alt und wird heute auch getauft.

Seit dem Tag, an dem Marina unserer Liebe eine zweite Chance gegeben hat, ist sehr viel passiert. Mein Verhältnis zu Papa hat ein wenig gelitten. Die Tatsache, dass ich ihn hintergangen habe, hat ihn doch mehr mitgenommen, als er es zuerst zugeben wollte. Eine Zeit lang haben wir nur das nötigste miteinander gesprochen. Es hat mir sehr wehgetan, aber ich weiß, dass es richtig war. Papa musste sein Leben neu regeln. Er hat es tatsächlich geschafft, sich selbst einzugestehen, dass er in eine Midlife-Crisis gerutscht ist. Das Verhältnis zwischen und ist mittlerweile wieder inniger geworden und wir sind auf einem sehr guten Weg. Vor drei Monaten hat Papa dann Claudia kennengelernt. Sie ist in seinem Alter und leider seit zwei Jahren Witwe, da ihr Mann bei einem Autounfall sein Leben verloren hat. Man kann noch nicht genau sagen, wie innig die Beziehung zwischen Papa und Claudia ist und wo sie hinführt, aber die beiden scheinen glücklich miteinander zu sein.

Mama und ich haben auch viele Fortschritte gemacht. Ich habe meine Zeit gebraucht, aber schließlich entschieden, dass ich ihr eine Chance geben möchte. Ich verstehe mich auch sehr gut mit Jochen, der ein liebevoller Papa für die Zwillinge ist. Was soll ich zu Mara und Antonia schon sagen? Die beiden sind Zucker. Sie werden in ein paar Wochen, elf Jahre alt und manchmal sind sie schon pubertierende Zicken, trotzdem sind sie noch in dem Alter, in dem sie den großen Bruder verehren. Und ich genieße das schon ein kleines bisschen. Mama versucht alles, dass ich ein Teil ihrer Familie werde. Jannes sieht sie schon längst als Oma und Mama ist sehr stolz darauf.

Marina und ich haben wieder zueinander gefunden. An manchen Tagen war es eine große Herausforderung und als sie dann erneut schwanger wurde, da dachte ich zuerst, dass wir uns wieder verlieren. Wir haben die ersten drei Monate jeden Tag um das Baby gebangt und auch den Rest der Schwangerschaft konnte sie sich nicht richtig freuen, weil die Angst einer erneuten Fehlgeburt, immer an ihr genagt hat. Ich weiß, dass es für uns beide schwer war, unsere Gefühle miteinander zu teilen, aber wir haben es geschafft und heute sind wir uns näher, als wir es je waren.

„Komm schon, Onkel. Es geht los", meint Kristina, die ungeduldig neben mir auftaucht und nach meiner Hand greift. Ich bin gerne in der Kirche. Zwar muss ich nicht jeden Sonntag in den Gottesdient gehen, aber wenn ich in der Kirche bin, dann fühle ich mich gleich wohl und Gott ziemlich nahe. Marina und ich setzen uns zu Samu und Maya in die erste Reihe. Jannes sitzt bei Mama und mein Kleiner ist ziemlich aufgeregt. Ständig frägt er Mama irgendwas, ist aber sofort still, als der Pfarrer mit dem Taufgottesdienst beginnt. Neben unseren Familien sind noch zahlreiche Bekannte und Freunde gekommen und die Kirche ist ziemlich voll. Wir sprechen das Vater-Unser und dann tritt die Gospelsängerin der Kirchengemeinde in den Vordergrund und singt das Lied, das Marina sich gewünscht hat.

„Through the storms of life. Lead me into your light. Give my heart a new song. When I'm weak make me strong. By your word lead me. Into pastures of peace. Hold me close. Safely rest. In your arms..."

Marina stupst mich sanft an und ich wende meinen Blick kurz in ihre Richtung, ihre braunen Augen strahlen heute so wunderschön.

„Du und ich.. Für immer, egal ob in guten oder in schweren Zeiten", wispert sie und eine einzelne Träne läuft ihr über die Wange.

„Für immer!", wiederhole ich und ein wunderschönes Lächeln umspielt ihre Lippen und spiegelt sich in ihren braunen Augen, wider. 

In Your ArmsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt