Die Geburtstagsfeier

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David

In den Tagen bis zum Geburtstag der Zwillinge hat sich tatsächlich einiges geändert. Mama und Papa scheinen sich wieder einigermaßen zu verstehen und Papa ist sogar bereit die Geburtstagsparty der Mädchen bei ihm zuhause stattfinden zu lassen. Ich habe natürlich mitbekommen, dass Mara und Antonia unbedingt wollen, dass ich bei ihrer Geburtstagsparty dabei bin und da Mama genau weiß, dass ich in ihrem neuen Haus niemals aufkreuzen würde, kamen die beiden schließlich auf die Idee das ganze bei Papa stattfinden zu lassen.

Die Beziehung zwischen Mama und mir ist noch immer sehr angespannt, auch wenn ich seit den letzten Tagen das Gefühl habe, dass Mama sich sehr um mich bemüht. Mein neunjähriges Ich freut sich darüber natürlich sehr, wobei ich sagen muss, dass mein erwachsenes Ich damit eher etwas überfordert ist.

Nun gut, die Mädchen können ja am wenigsten was für die Situation, die zwischen Mama und mir vorliegt und ich freue mich auch ehrlich gesagt schon ein klein wenig, dass die Zwillinge ihren großen Tag mit mir verbringen möchten. Es ist ein für mich sehr ungewohntes, aber dennoch schönes Gefühl, ein großer Bruder zu sein. Ich habe mir das immer gewünscht und jetzt habe ich die Chance einer zu sein, dass darf ich natürlich nicht auch noch zerstören. Einzelkind zu sein hatte auch seine Vorteile, aber in manchen Momenten habe ich mir immer einen Bruder oder eine Schwester gewünscht.

Mara und Antonia hüpfen aufgeregt um mich herum, als ich am Tag ihres Geburtstages endlich im Wohnzimmer von Papa stehe. Leicht ist es mir nicht gefallen, aber da Papa sowieso schon skeptisch ist, weil ich mich in letzter Zeit ihm gegenüber so merkwürdig und distanziert verhalte, musste ich einfach über meinen Schatten springen.

In meiner linken Hand trage ich zwei verschiedene Pferdebücher, die trotzdem irgendwie zusammengehören, eingewickelt in rosafarbenes Geschenkpapier. Mara greift gleich nach einem der Bücher und grinst mich dabei verschmitzt an. Antonia ist eher zurückhaltend, lächelt mich zwar schüchtern an, wartet aber, dass ich ihr das eingepackte Buch in die Hand drücke. Die Zwillinge reißen die Geschenke gleich auf, bedanken sich dann freudig quietschend bei mir. Mara umarmt mich gleich wieder und Antonia folgt ihrer Schwester etwas zögerlich, aber dann taut auch sie etwas auf.

Jetzt sitzen die Zwillinge mit großen Augen am Wohnzimmertisch. Mama und Papa haben sich echt Mühe gegeben. Der ganze Tisch ist mit Luftschlangen dekoriert, die Servietten sind rosa und natürlich sind auch da Pferde drauf. Ich wüsste nicht einmal, wo genau ich solche Servietten herbekommen würde und bin total fasziniert, wie gut Mama und Papa wieder zu harmonieren scheinen. Irgendwie versetzt es mir auch einen Stich. Schließlich hätte Paps und mein Leben so verlaufen können. Was wäre, wenn Mara und Antonia auch Paps Kinder wären und Mama uns nie verlassen hätte?

Ein paar Minuten später ist das ganze Haus voller Kinder. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Mama es ernst gemeint hat, als sie erzählte, dass beide Mädchen jeweils 9 Freunde eingeladen haben, aber ganz genau das ist der Fall. Ich dachte Mama macht nur einen Scherz darüber. Jetzt haben Mama, Papa, Vanessa und ich, tatsächlich die Aufgabe, uns zusammen um zwanzig Kinder zu kümmern und sie zu bespaßen. Ich fahre mir kurz durch die Haare, ehe ich mich seufzend in das Getummel stürze.

Die ersten Kinder werden schon nach einer Stunde, also exakt nach dem wir mit dem Kuchen essen und Mara und Antonia mit dem Geschenke auspacken fertig sind, abgeholt. Die restliche Meute ist jetzt definitiv überschaubarer und da die Geburtstagsparty kein besonderes Motto hat, spielen die Kinder ausgelassen miteinander und haben einfach nur ihren Spaß. Natürlich hat sich Mama auch ein paar Spiele ausgedacht, darunter ein paar der alten Klassiker, die ich schon auf meinen Geburtstagsfeiern gespielt habe. Die Kinder sind vom Topfschlagen und dem anschließenden Verstecken spielen begeistert. Es ist doch schön, dass man die Kleinen heute auch noch für die einfachen Spiele begeistern kann und es nicht immer nötig ist, eine Super Mario Party oder ähnliches auf die Beine stellen zu müssen.

Ich schlinge ein Stück von dem Marmorkuchen in mich hinein, als ich es geschafft habe, mich kurz vor der Meute, davon zu stehlen. Die Kinder haben mich als ihr Pferd auserkoren und schon seit gefühlten Stunden bin ich damit beschäftigt auf dem Boden herumzukrabbeln und das Wiehern eines Pferdes nachzuahmen. Natürlich gefällt den Kindern das besonders, aber meinem Rücken leider nicht so wirklich. Der Marmorkuchen erinnert mich an die Zeit, als ich selbst noch ein kleiner Junge war. Mama konnte nie wirklich gut backen, aber ihr Marmorkuchen war schon immer Weltklasse! Aus den Augenwinkeln sehe ich wie Mama mich anschaut und dabei lächelt. Ob sie wohl an das selbe denkt, wie ich gerade?

Ein paar Minuten später bin ich damit beschäftigt einen Jungen, der sich mir mit:" Hi ich bin Maxi", vorgestellt hat, auf die Toilette zu begleiten. Den ganzen Weg vom Wohnzimmer, bis ins obere Bad, weil das Gäste-WC schon belegt war, erzählt Maxi mir, dass seine Mama ihm noch immer den Popo abwischt, wenn er sein großes Geschäft erledigt hat. Ich denke mir nur meinem Teil und bin nicht gerade begeistert, als Maxi tatsächlich Groß macht, als er endlich auf der Toilette sitzt. Naja da muss ich jetzt halt durch.

Schließlich wurden die restlichen Kinder vor einer halben Stunde abgeholt und jetzt sind es nur noch Mara und Antonia, die jetzt alleine am Wohnzimmertisch sitzen und sich noch ein Stück Kuchen in den Mund schaufeln. Ich will mich gerade zu Mama auf die Couch setzen, als Mara angerannt kommt. Ihr Gesicht ist furchtbar bleich und sie stupst Mama an.

„Mir ist schlecht, Mama", flüstert sie. „ Gehst du ein bisschen mit mir an die frische Luft?"

Mama wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. Vielleicht ist es so auch besser. Ich habe es nicht mal geschafft ein vernünftiges Gespräch mit Marina zu führen, warum sollte das mit Mama besser laufen?

„Toni du bleibst bitte bei Tobias", meint Mama zu ihrer zweiten Tochter, bevor sie mit Mara das Wohnzimmer verlässt. Antonia will unbedingt die Hasen sehen, die Papa in meinem alten Kinderzimmer in einem Käfig hält.

Jetzt bin ich mit Vanessa alleine im Wohnzimmer. Wir haben den ganzen Nachmittag kein einziges Wort miteinander gewechselt und das scheint sie jetzt auch nicht ändern zu wollen. Stattdessen kommt sie immer näher auf mich zu, bis sie so dicht vor mir steht, dass ich ihren Atem spüren kann. Sie will mich küssen, aber ich schiebe ihr Gesicht von mir weg, indem ich ihr Kinn umfasse und sie sanft von mir wegdrücke. Ich will das hier nicht mehr! Es darf nicht mehr sein!


In Your ArmsWhere stories live. Discover now