Ich habe verstanden.

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"Ich darf also alles machen, was ich will?!", fragte Hyunjin, nachdem seine Kinnlade wieder zurück an ihren Ort geklappt war. "Nein, nicht alles!", sagten Minho und ich gleichzeitig. "Ich koche dann schon mal eine Menge Kaffee. Hyunjin, setz dich wieder. Minho wird dir das Wichtigste erklären.", meinte ich und stellte drei saubere Tassen bereit. Anschließend holte ich Block und Stift und legte beides in die Mitte unseres runden Küchentisches. "Was genau magst du beim BDSM?", fragte mein Dom als erstes und Hyunjin überlegte: "Hm, also ich mag es, Macht über eine andere Person zu haben. Ich mag es, jemand anderes zu erniedrigen und das Thema Schmerz ist ziemlich interessant.", fing er an und ich hätte am liebsten gleich gesagt, dass ich wieder aussteige, wenn er schon sosprach, ohne wirklich etwas ausprobiert zu haben. Wie sollte das nur enden?! "Wurde dir nicht vorgeworfen, dass du zu lieb bist?", fragte ich ihn etwas - sehr - stutzig. Er nickte. "Naja, also.. Ich fand es eben super schwer, einzuschätzen, wie weit ich gehen kann, also war ich lieber übervorsichtig, wisst ihr?" - nun nickten wir. "Hattet ihr Safeword und Limits festgelegt?", bohrte Minho weiter nach und erhielt einen verwirrten Blick von seinem Gegenüber. "Jisung, wärst du so lieb?" - "Jap. Ein Safeword ist ein Codewort, auf das man sich einigt. Sobald es gesagt wird, wird jede Handlung sofort abgebrochen. Bei Limits sollte man hard und soft Limits festlegen. Hard Limits sind die Grenzen, die als Tabu gelten und soft Limits sind Grenzen, die gesetzt werden, wenn man zum Beispiel unsicher ist und sich herantasten will. Sowohl hard als auch soft Limits können sich mit der Zeit verschieben.", erklärte ich und war stolz darauf, wie gut ich es hinbekam. Minho tätschelte mir dafür lobend den Kopf, was mich etwas rot werden ließ. "Hätte ich euch nicht schon eher treffen können? Dann hätte mein Date mich nicht in dem arschteuren Hotel sitzenlassen.", meinte Hyunjin noch immer etwas gekränkt von der Situation.

Wir saßen nun bestimmt schon anderthalb Stunden zusammen. Minho vollbrachte es in kürzester Zeit, bei Hyunjin ein Bewusstsein zu schaffen, das sich eben auch am Partner orientierte und er schien extrem erleichtert darüber, dass ihn endlich mal jemand an die Hand genommen hatte. "Was ist das Schlimmste, was ich verkacken kann?", wollte der Blonde wissen. "Das Vertrauen deiner oder deines Subs zu verlieren.", sagte Minho leise, doch mit größter Ernsthaftigkeit. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass sein Gesicht einen Ausdruck angenommen hatte, den ich vorher noch nie gesehen hatte. Ich holte gerade Luft, um etwas zu sagen, da funkte Hyunjin aber schon dazwischen: "Nein, ich meine körperlich!". Der Ausdruck in Minhos Gesicht verschwand und er war wieder ganz der Alte. "Das Schlimmste? Dass du deiner oder deinem Sub bleibende Schäden zufügst oder ihn oder sie umbringst." - "Umbringen?!", wiederholte Hyunjin nun recht panisch. "Du musst dich mit dem menschlichen Körper auseinandersetzen. Das meine ich ernst. Du MUSST es tun. Du willst Bondage machen? Dann musst du wenigstens im Groben wissen, wo wichtige Nervenpunkte entlanglaufen, ansonsten kann Sub sich danach vielleicht nie wieder bewegen. Du willst Sub würgen? Dann musst du wissen, wie genau du die Luftzufuhr unterbindest. Drückst du zu doll oder an der falschen Stelle, beschädigst du die Halswirbelsäule, brichst ihm oder ihr das Zungenbein. Drückst du zu lange auf die Arteria Carotis - oder für dich: Die Halsschlagader - dann löst du einen drastischen Abfall des Blutdrucks aus oder sorgst vielleicht für einen Herzstillstand..". fing mein Dom an und Hyunjin wurde auf seinem Stuhl immer kleiner: "Herzstillstand? Weil ich jemanden würge?". "Das Nervensystem ist komplex. Seitlich am Hals liegen Nervenpunkte, die empfindlich auf Druck reagieren . Wenn diese Nerven zu lange gedrückt werden, wir sprechen hier etwa von dreißig Sekunden, beginnt das Gehirn, das Herzkreislaufsystem runterzufahren. Das Herz bekommt dann den Befehl, langsamer zu schlagen. Noch langsamer. Und noch langsamer. Bis es komplett aufhört zu schlagen.", sagte Minho berechtigterweise ordentlich melodramatisch. Es gab Praktiken, die man wirklich nicht leichtsinnig ausführen sollte.

"Und bitte: Vergiss niemals die psychische Komponente. Man kann schon mit Kleinigkeiten einen Menschen in den Abgrund treiben. Sei es, dass du deinen Sub nach einer Session nicht richtig auffängst, dass du leichtsinnig mit erniedrigenden Worten umgehst oder zu egoistisch wirst.", reihte Minho noch hinten an. "Es ist scheiße, wenn du körperlich etwas verkackst. Aber Verletzungen der Seele sind mindestens genauso schwerwiegend. Ich würde sagen, sie sind noch weitaus schlimmer. Eine verletzte Seele zu heilen, ist eine der schwersten Aufgaben.". Eine bedrückte Stimmung lag zwischen uns. Hyunjin schien innerlich mit sich selbst zu hadern. Ich verstand es sofort. Wenn man sich dieser Welt widmete, dann war erstmal alles rosarot, klang aufregend und man wollte am liebsten blindlinks alles aufprobieren. Dann stellte man fest, was für Risiken sich hinter den banalsten Praktiken verbargen. "Es kann einem schon ziemlich viel Angst bereiten. Aber glaub mir, wenn man sich schlau macht, evaluiert und mit dem richtigen Partner im richtigen Tempo gemeinsam lernt, dann wirst du den Spaß deines Lebens haben.", baute Minho ihn auf und schon schaute sein Gegenüber ihm tief in den Augen und nickte selbstsicher. "Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll.", schmollte Hyunjin etwas beschämt. "Hab' ich doch gesagt: Halt mir Jisung vom Hals.", sagte mein Dom und strich versteckt unter der Tischplatte zärtlich über meinen Oberschenkel, um mir zu versichern, dass es weiterhin Teil der Ausrede war. "Also, lass uns aufschreiben, was okay ist und was nicht!", sagte ich hochmotiviert und zog Block und Stift heran. "Ihr braucht mich dafür ja nicht. Falls doch, ich bin nebenan!", verabschiedete sich der, in meinen Augen, schönste Mann der Welt.

"Be a good boy." - Teil 3 || MinsungTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang