Küsse.

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"Haben wir alles?", fragte Minho nochmal nach. "Ich denke schon. Im Notfall muss ich nachher nochmal herkommen.", überlegte Chan und schlug die Kofferraumklappe zu. Seit zwei Tagen waren wir nun zusammen. Eins hatten wir schnell festgestellt: Das Fahren nervte. Heute und morgen wollten Chan und Felix bei uns übernachten, deshalb hatten wir einiges an Klamotten der beiden ins Auto geladen. Felix musste heute arbeiten und wir wollten ihn gemeinsam zu seinem Feierabend abholen. "Er fährt echt jeden Tag freiwillig mit der Bahn zur Arbeit und nach Hause?", fragte ich ziemlich stutzig. Für mich wäre das der reinste Alptraum gewesen! "Ja, er möchte mir nicht zur Last fallen.", erklärte der Älteste. Ich stieg auf der Beifahrerseite von Minhos Wagen ein, Chan würde selbst fahren. So konnten die zwei einfacher wieder nach Hause zurück. Wobei ich mir schon jetzt unsicher war, welche Wohnung denn nun 'Zuhause' war und welche nicht. Das war merkwürdig. Minho fuhr rückwärts aus der Parklücke und wartete darauf, dass er Chans Auto im Rückspiegel sehen konnte, dann ging die Fahrt los. "Wann ziehen wir denn zusammen?", wollte ich von Minho wissen. Der sagte ruhig: "Kitten, wir sollten erstmal mehr Zeit als Paar verbringen. Wenn wir feststellen, dass es doch nicht passt, haben die zwei keine Wohnung mehr.". Ich verschränkte die Arme vor der Brust: "Sie müssen die Wohnung ja nicht gleich kündigen. Sie können ja trotzdem erstmal einziehen und das dann später machen.". "Wieso fragst du sie nicht nachher selbst, was sie davon halten?", schlug er vor und ich gab mich erstmal damit zufrieden.

Genervt kämpften wir uns durch den dichten Abendverkehr auf den Straßen und kamen endlich bei dem kleinen Bäcker an, bei dem Felix arbeitete. Chan parkte neben uns, er kam nur wenig später nach uns an. Aus reinem Reflex winkte ich ihm zu und realisierte dann, dass wir ja alle ausstiegen. "Manchmal bist du etwas neben der Spur.", lachte Chan mich an und ich lächelte peinlich berührt. Wenn der wüsste. 'Etwas neben der Spur' war viel zu untertrieben. Würde er schon noch mitbekommen. "Na, dann mal los.", rief Minho uns zu und ging vor. Chan und ich schlenderten hinterher und plötzlich ergriff der Ältere meine Hand. Sofort kribbelte mein Magen munter los. "Warte auf uns!", rief Chan nach Minho. Der drehte sich um, sah uns an und schnappte sich sogleich meine andere Hand, sodass ich nun zwischen den beiden lief. Das fühlte sich gut an! Ein breites Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, während ich zwischen den beiden weiter her trottete. Minho drückte die Tür auf, die den grässlichen Ton der Klingel ertönen ließ. Ätzendes Teil. Wie hielt Felix das nur aus?! "Tut mir leid, wir haben schon geschlossen!", hallte es von hinten aus dem Laden. "Das ist schade, ich wollte noch was zum Vernaschen mitnehmen!", rief Chan und sofort schoss der blonde Haarschopf um die Ecke. "Was machst du.. Ihr seid alle da?!", fragte Felix erstaunt, während er seine Hände an seiner Schürze saubermachte. "Wir wollten dich abholen! Wir schlafen heute alle bei uns!", sagte ich aufgeregt. Mit großen Schritten eilte der Jüngste auf uns zu und warf sich uns entgegen. Gruppenumarmung! Ich liebte es jetzt schon!

Ich hatte das Auto gewechselt und war nun Chans Beifahrer. Felix fuhr mit Minho mit. Ich wippte zur Musik mit und versuchte mich an den Liedtext zu erinnern. Weich legte sich Chans Hand auf meinen Oberschenkel und ich erschrak etwas, weil ich so in Gedanken war. Sofort zog er seine Hand zurück: "Tut mir leid, ich dachte, es wäre okay!". "Ich hab mich doch nur erschreckt!", versicherte ich ihm und zog seine Hand wieder auf mein Bein. Seine Finger schmiegten sich eng an meine Haut und ich spürte, wie sich der feste Stoff meiner Hose sofort erwärmte. Ich strich mit meinen Fingern die Venen auf seinem Handrücken entlang und prägte sie mir ein. "Ich mag das.", flüsterte ich ihm verlegen zu. "Was magst du? Meine Hand?", fragte er, während sein Blick sich auf den Verkehr konzentrierte. "Alles. Deine Hand, die Venen darauf und wie sie auf meinem Bein liegt.", erklärte ich ihm. "Und wie ist es, wenn ich sie hierhin lege?", fragte Chan provokant und schob seine Hand weiter nach oben. Ganz von allein, spannte mein Körper sich an und schob sich tiefer in den Sitz. "Soll ich noch weiter nach oben?", sagte er mit tiefer Stimme, die meine Wirbelsäule entlanglief und dort nach und nach eine Gänsehaut entstehen ließ. "Chan, wir fahren Auto..", hauchte ich ihm entgegen. "Daddy.", antwortete er und ich sah zu ihm rüber. "Ich möchte, dass du mich Daddy nennst.", stellte er klar. "Okay.. Daddy.", nahm ich es schüchtern an.

Chan parkte ein und stellte den Motor ab. Ich stieg aus und wartete auf ihn. Minho und Felix waren wohl schon oben. Hintereinander liefen wir die Treppen hoch und ich vermisste mal wieder einen Fahrstuhl. Der Ältere lief vor mir her und war überhaupt nicht außer Atem. Wie machte er das nur?! Ich stemmte meine Hände auf die Oberschenkel und atmete laut und genervt aus. "Schlüssel?", fragte Chan und ich kramte in meiner Jackentasche. Ich reichte ihm den Schlüssel und er öffnete die Tür, durch die wir traten. "Wir sind zuhause!", sagte Chan etwas lauter. Seine Worte fühlten sich so toll an! Felix bog um die Ecke und strahlte uns an. "Es waren noch Brownies übrig, die habe ich mitgenommen! Minho und ich haben sie gerade aufgeteilt!", verkündete er fröhlich wie eh und je. Ich kickte meine Schuhe hinter die Tür und wollte schon in die Küche stürmen, da wurde ich am Pullover festgehalten. "Hey!", protestierte ich sofort. "Mach das ordentlich.", forderte Chan mich auf. Ich verdrehte die Augen und machte kehrt. Chan beobachtete mich streng bei meinem Tun. Gut, ab heute würden zwei Augen mehr auf mich achten. Ich trat erneut meinen Weg in die Küche an, da stemmte der Ältere seinen Arm gegen die Wand, sodass ich beinahe dagegen lief. Erschrocken sah ich auf. "Nächstes mal machst du es, ohne die Augen zu verdrehen. Du hättest es gleich ordentlich machen können.", gab er mir zu verstehen. Ich wollte endlich zu den Brownies. "Ja, ja. Mache ich!", säuselte ich schnell runter. Schon schlug mein Rücken an der Wand auf und ein todernster Chan stand nahe vor mir: "Ich glaube, du nimmst mich nicht wirklich ernst, kann das sein?". Meine Knie wurden ganz weich, als ich zu ihm hinauf sah. "Tut mir leid. Ich mache es beim nächsten mal richtig.", hauchte ich ihm leise entgegen.

Wir saßen endlich am Tisch und ich biss in das saftige Stück Gebäck. "Wie machen wir es wegen schlafen?", fragte ich mit halbvollem Mund in die Runde. "Ich muss morgen früh aufstehen.", sagte Felix. "Ich auch, ich muss morgen ins Büro. Chan, du arbeitest von hier aus?", ergänzte Minho. Chan nickte. "Kitten, willst du hier bleiben und Chan Gesellschaft leisten?", fragte mein Dom. Also einer der beiden. Oh man, ich hatte zwei Doms und einen Mit-Sub. Das war ja so cool! Ich schmunzelte noch immer über diesen Gedanken und stimmte dann endlich zu: "Ja, dann kann ich ausschlafen!". "Du stehst nicht nach 9 Uhr auf, nur damit das klar ist!", verklickerte Minho mir sofort. Genervt stöhnte ich. "Ich sorge dafür, keine Angst.", meinte Chan. "Also schlafe ich bei Minho, ja?", fragte Felix freudig und wir nickten alle einverstanden. Da war kein Bisschen Eifersucht. Wir waren alle glücklich mit der Aufteilung. "Wir sollten regelmäßig tauschen, finde ich.", schlug Minho vor. "Ich will auch mal mit Jisung in einem Bett schlafen!", rief Felix, dem einige Schokokrümel am Mundwinkel klebten. "Wir beide in einem Bett?", fragte ich skeptisch. "Magst du nicht?", meinte Felix zusehend enttäuscht. "Doch! Ich habe nur noch nicht daran gedacht!", erklärte ich mich sofort. Oh nein, ich wollte ihn nicht verletzen! Ich bin bisher irgendwie nur immer davon ausgegangen, dass immer ein devoter und ein dominanter Part in einem Bett schlafen würden. "Wir machen eine Plüschtier-Party!", rief ich noch hinterher und brachte ihn so wieder zum Strahlen.

"Gute Nacht, Herr! Gute Nacht, Felix!", sagte ich den beiden. Ich drückte Minho noch einen langen Kuss auf die Lippen und sah dann Felix an. Ich sollte ihn auch so selbstverständlich küssen, oder? Wir sind jetzt zusammen, sagte ich zu mir selbst. Ich stellte mich vor ihn, schloss die Augen und spitzte meine Lippen. Sofort fiel er mir um den Hals und küsste mich. Seine herzförmigen Lippen waren so weich! "Geht nicht zu spät ins Bett.", ermahnte Minho uns. Felix ließ mich los und lief zu Chan, um ihm ebenfalls einen Gute-Nacht-Kuss zu geben. "Willst du Chan auch küssen?", fragte ich neugierig. Die beiden hatten sich bisher noch nicht geküsst. "Willst du einen Gute-Nacht-Kuss, Channie?", fragte Minho an mir vorbei. "Ähm, also.. Ja, warum nicht?", nickte der Älteste nachdenklich. Das war einer der spannendsten Momente in meinem Leben. Minho lief um mich herum, blieb vor Chan stehen und beugte sich leicht zu ihm runter. Chan stand auf, trat noch einen Schritt weiter nach vorn und legte den Kopf leicht schief. Felix und ich starrten gebannt zu den beiden herüber. Der Blondschopf neben mir griff nach meiner Hand und drückte sie zusammen. Endlich schlossen die beiden ihre Augen und verbanden ihre Lippen miteinander. Minhos Ohren nahmen einen zarten Rotton an. Sie lösten sich voneinander und tauschten einen schüchternen Blick aus. "Also, gute Nacht.", stotterte Minho ihm fast entgegen. Chan nickte nur wortlos, während er sich zaghaft auf die Unterlippe biss.  

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"Be a good boy." - Teil 3 || MinsungWhere stories live. Discover now