15. Karma - Rache, aber vom Schicksal

310 31 151
                                    

☀️

Am nächsten Morgen wacht Shisui durch lautes Klopfen an seiner Haustür auf.
Es klopft und klopft und klopft. Immer wieder. Ununterbrochen.

Wer könnte jetzt etwas von ihm wollen? Heute muss er doch zur Mission. Eigentlich war seine Routine ganz klar:
Aufstehen, fertig machen und dann anschließend bei Fugaku die Schriftrolle abholen, um nach Suna aufzubrechen.

Wehmütig steht er von seinem Bett auf. Verflucht innerlich das Holzteil, weil es so schön warm und nach Monaten endlich mal frisch bezogen ist.

Wie ein nasser Schwamm läuft er zu der Haustür und öffnet diese. Und als er sie nach Minuten öffnet, gefriert ihm sein ganzes Blut in den Adern.

Kalter Schweiß rinnt seinen Rücken hinab und seine Schultern versteifen sich.

Was zur Hölle?

»Izumi? Was willst du denn an einem Montagmorgen von mir?«, fragt Shisui etwas benebelt.

Die Bilder, wie er Itachi unter der Trauerweide küsste und wie sehr sie es liebten, geraten wieder in seinen Kopf.

Ob sie etwas mitbekommen hat? Vielleicht ist sie ihnen ja auch gefolgt? Ob sie Shisuis Duft an seinen Klamotten gerochen hat?

»Glaube mir, ich kann mir auch einen angenehmeren Ort als deinen Saustall vorstellen«, sagt die junge Dame abfällig, während sie ihn und sein Haus betrachtet.

Shisui - nur in Jogginghose und mit zerwühlten Locken.

»Na, wenn das so ist, kannst du ja gerne wieder gehen«, mahnt er etwas hart und will die Tür wieder schließen, doch Izumi schiebt unbeeindruckt ihren Fuß dazwischen.

»Wieso denn immer so unfreundlich?« Ihr Grinsen wird herabblickend.

Eigentlich würde der Lockenkopf sich so was nicht gefallen lassen. Erst recht bei ihr und an einem frühen Morgen. Doch irgendwas strebt sich gerade in ihm.

»Was willst du denn?«, stellt Shisui die Gegenfrage.

Sein Blick messerscharf und unnachgiebig.
Verdammt, wieso weist er sie nicht zurecht weg? Er hat das hier alles gar nicht nötig.

»Es geht um den Kuchen.«

»Schon wieder das olle Ding?« Shisui schnalzt genervt. »Hast du es denn nicht langsam satt, mich die ganze Zeit mit diesem Teil zu bedrängen? Weißt du noch, du hast doch gesagt, dass es deine und nicht meine Hochzeit sei. Also, warum kommst du immer zu mir, wenn es darum geht? Hm?«

Der Hass brodelt ein kleines bisschen über, was er aber nicht versteckt.
Weil ganz im Ernst, was will sie denn von ihm?

»Ich wollte dich nur darum bitten, den Kuchen am Hochzeitstag abzuholen. Wir würden das zeitlich nicht schaffen, und ich fände es gut, wenn du ihn vorbeibringen würdest.«

Der Junge kreuzt die Arme vor der Brust und lehnt sich am Türrahmen an.
»Warum sollte ich das tun? Ich habe nämlich auch keine Zeit. Außerdem gibt es noch so viele andere Leute, die das tun könnten. Wieso ausgerechnet ich?«

Kurz sieht sie in den Himmel und beginnt dann zu sprechen: »Die sind alle beschäftigt. Zudem ist es auch Itachis Hochzeit und er bedeutet dir doch etwas, oder nicht?«

»Offensichtlich bedeutet er mir mehr als dir«, sagt Shisui kalt.

»Ach ja? Du willst mir also sagen, dass ich ihn nicht liebe? Du kannst gar nicht in mein Herz sehen, du Flohteppich!«, ruft sie genauso geladen zurück.

»Ja, das weiß ich!«, beharrt er ganz fest.

»Ach, ja?« Sie schlitzt ihre hellbraunen Augen und blickt zu ihm nach oben.

»Ich hoffe, du wirst dafür bestraft, weil du meine Seele so zerstört hast. Weil du jedes Mal so gehässig und oberflächlich gegrinst hast, als du ihn geküsst hast, während du mich mit deinen Blicken ficktest.« Die ganze Wut ihr gegenüber kocht über. So abartig heiß.

Izumi rollt mit ihren Augen und pustet genervt ihre Wangen auf.

Er lacht auf. »Das, was du fühlst, ist keine Liebe! Es ist Besessenheit.«

Denn so ist es doch. Oder nicht?

»Tss, als wüsstest du, was Liebe ist! Du hast doch nie welche bekommen!«

Früher hätten diese Worte Shisuis Welt zerstört, aber er ist stärker als ihre belanglosen Worte. Der Tod seiner Eltern war eine Narbe mehr in seinem Leben, die tief wie ein Tattoo sticht.

»Genau deswegen weiß ich, was Liebe ist! Er zeigte es mir jeden Tag! Nie war ich ihm eine Last, so wie du!«

Spöttisch verzieht Izumi ihr Gesicht.

»Du hast Itachi nie geliebt. Wenn, dann hat dir nur die Illusion, ihn zu lieben, gefallen. Dir wurde, seit du klein bist, eingebläut, dass du ihn später heiraten musst.
Willst du das wirklich? Jemanden heiraten, den du gar nicht wirklich liebst, und der dich sowieso nicht liebt?«

Shisui weiß, was er sagt. Und ja, vielleicht ist die Wahrheit ihr etwas zu hart, aber es ist so. Es war schon immer so. Das weiß der Lockenkopf.

Er ist der Einzige, der Itachi gehen lassen würde, wenn er das Mädchen wirklich liebt.

»Ihr seid Cousins. Das darf zwischen euch einfach nicht mehr werden ... Zumindest rede ich mir das ein. Itachi hat da anscheinend andere Ansichten. Er zeigt es zwar nicht ganz so offensichtlich, aber es ist auch nicht unbemerkbar.«

Ein kühler Wind weht durch ihre Haare und lässt sie frösteln. Shisui bekommt kaum was ab. Er steht immer noch im Türrahmen, geschützt und umgeben von Wärme.

Der Kuss mit Itachi gab ihm so viel Energie und Kraft, dass es Jahre ausreichen könnte. Da braucht er auch nicht Obitos Saft.

»Pff. Er schaute mich schon immer so an.« Er winkt mit seiner Hand umher, um es abzustreiten.

»GOTT, WEIL ER DICH SCHON IMMER LIEBTE!« Tränen treten in ihre Augen, als sie bemerkt, dass sie Itachi völlig verliert, dabei war er nie ihrer.

Shisui gefriert wieder.

Itachi liebt ihn? So richtig? Aber woher soll er sich sicher sein, dass das Mädchen die Wahrheit sagt? Sie könnte doch genauso lügen, um ihren Willen zu bekommen.
Auch ihre Tränen würden da nichts bringen.

»Papperlapapp«, säuselt der Uchiha. »Du heiratest ihn, nicht ich. Oder? Und jetzt wein nicht. So was nennt man Karma.«

Denn sie kennt Shisuis Plan nicht. Sie weiß nicht, was der Junge an der Hochzeit vorhat.

Aber er weiß es. Und noch so vieles mehr.
Ja, Itachi liebt ihn. Das weiß er. Und Izumi hat es bestätigt.

Okay. Atmen, Shisui, du reißt ihr jetzt nicht den Kopf ab. Wie würde es dir gehen, wenn du ihn verlieren würdest?

Shisui versucht, sich zu raffen. Mehr oder weniger.

Er kann Itachis Verlobte absolut nicht ausstehen. Das weiß sie. Aber er ist nicht wie sie und behandelt sie wie Dreck, dafür ist sein Herz zu rein und zu ehrlich.

Er hat das echt nicht nötig.

»Wir werden es sehen, Izumi-Tussi.« Damit schließt er die Tür endgültig für sie.

Er lehnt sich am Holz an und gleitet ganz sachte hinab. Tausend Gedanken kreisen durch seinen Kopf.

Aber er sah es.

Am Ende ist Liebe stärker als Verlangen.

__________________

~L
1103

Sunset Where stories live. Discover now